Köln – Gerade bei Kindern steigen die Corona-Zahlen derzeit stark. Sollte die Corona-Notbremse den Bundestag passieren, müssen Schulen ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 165 schließen. Diese Zahl betrifft aber die Corona-Fälle der gesamten Bevölkerung – die Inzidenz bei Kindern hat in vielen Landkreisen längst die 200er-Grenze überschritten. Auch in Köln liegt die Inzidenz von 5- bis 14-Jährigen deutlich höher als die von Erwachsenen.
Union und SPD haben sich geeinigt: Das Infektionsschutzgesetz wird geändert, die Ausgangssperre gilt erst ab 22 Uhr, Schulen müssen schon ab einer Inzidenz von 165 dicht machen. Ursprünglich geplant war des Distanzunterricht erst ab einer Inzidenz von 200. Grundlage ist immer die Inzidenz der Gesamtbevölkerung – dabei variiert diese Zahl in den verschiedenen Altersgruppen stark. Eine interaktive Karte verdeutlicht dies.
Inzidenz bei Kölner Schulkindern liegt bei fast 250
In Köln sowie im Rest von Deutschland ist die Inzidenz bei über 80-Jährigen zum Beispiel auffallend niedrig. Gerade die Altersgruppe, die in den ersten beiden Wellen noch massenhaft an dem Virus erkrankte, hat in Köln die niedrigste Inzidenz mit knapp 70. Verwunderlich ist das nicht – ein Großteil der Altersgruppe ist bereits gegen Covid-19 geimpft.
Bei Schulkindern sieht das ganz anders aus: Ihre Inzidenz liegt deutlich höher als der Durchschnitt. In Köln hat die Altersgruppe der fünf bis 14-Jährigen eine Inzidenz von 248 erreicht, die Inzidenz der Gesamtbevölkerung Kölns liegt 60 Punkte niedriger bei 188 (Stand: 19. April). Damit hat die Altersgruppe der Kinder zwischen 5 und 14 Jahren die höchste Inzidenz, dicht gefolgt von den 15- bis 34-Jährigen mit 244. In der Nachbarstadt Leverkusen steigt die Inzidenz der Kinder sogar auf über 300.
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Blickt man auf die anderen Regionen in Deutschland, dann sind Köln und Leverkusen keine Ausnahmen: Im niedersächsischen Landkreis Vechta liegt die Inzidenz von Schulkindern um 90 Punkte höher als die von Erwachsenen, in der Stadt Sonneberg in Thüringen sind es sogar 200 Punkte Unterschied.
SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach warnt auf Twitter vor der hohen Sieben-Tage-Inzidenz bei Schulkindern. „Köln ist ein gutes Beispiel für das, was jetzt kommt", schreibt SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach. „Kinder und Jugendliche und ihre Eltern werden zum Zentrum der Pandemie.“ Lauterbach plädiert deshalb für Schulschließungen.
Kinderarzt: Mutante könnte auch bei Kindern aggressiver wirken
Kinderarzt Anselm Bönte hält es für möglich, dass die hohe Inzidenz auch an der britischen Mutation liegt. „Es ist anzunehmen, dass die Mutante auch bei Kindern aggressiver wirkt“, sagt Bönte. Kinder bewegen sich zudem in Gruppen und halten natürlich weniger Abstände ein. Vor rund einem Jahr, so Bönte, ging man davon aus, dass vor allem kleine Kinder wenige Familienangehörige anstecken. Diese Vermutung werde immer zweifelhafter.
Auch bei den Kindern und Jugendlichen in seiner Praxis macht sich langsam die Ermüdung und Frustration breit. Schulen und Kindergärten, sagt Bönte, sollten seiner Ansicht nach so lange wie möglich offen bleiben. „Das Problem ist nur: Ich habe das Gefühl, dass wir diese Chance dazu verspielt haben.“
Sollte man sich bei Schul-Öffnungen und Schließungen also besser an der Inzidenz von Kindern und Jugendlichen orientieren als an der Gesamtinzidenz? Anselm Bönte findet das schwierig. Schulabgänger zum Beispiel würden dann auch in die Altersgruppe der Schüler fallen. „Da blickt dann doch keiner mehr durch“, sagt Bönte.
Diese oben gezeigte Karte basiert auf einer Darstellung des Analysten Sebastian Mohr, Max-Planck-Institut. Er wiederum nutzte die Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI).