Studien belegenFrauen werden von Passanten seltener reanimiert als Männer
Köln – Wenn das Herz aufhört zu pumpen, kommt es zum Kreislaufstillstand. Das heißt: Die Organe und das Gehirn werden nicht mehr mit Blut versorgt. Bereits nach wenigen Sekunden ist man dann nicht mehr ansprechbar, nach rund zehn Sekunden verlieren wir das Bewusstsein.
Obwohl bei einem solchen Notfall jede Sekunde zählt, bekommt nicht jeder Mensch in Not gleich schnell Hilfe.
Jede Minute, die bis zum Beginn der Reanimation verstreicht, verringert die Überlebenswahrscheinlichkeit des Betroffenen um etwa 10 Prozent, wie die Stiftung Deutsche Anästhesiologie mitteilt.
Passanten helfen eher Männern, bei Frauen bestehen viele Hemmungen
Frauen werden von Passanten wesentlich seltener wiederbelebt – verglichen mit Männern. Das fanden Mediziner der Universität Colorado in Denver heraus. „Untersuchungen belegen, dass Frauen, die außerhalb des Krankenhauses einen Herzstillstand erleiden, seltener eine Reanimation erhalten als Männer", sagte Sarah M. Perman, die führende Wissenschaftlerin der Studie. Wenn Passanten fremde Frauen reanimieren sollen, bestehen offenbar Hemmungen. Dort setzten die Wissenschaftler an.
Die Angst vor unangemessenen Berührungen und vor Brüsten
Die Forscher befragten 54 Menschen online nach den möglichen Gründen für diese Hemmungen. In den Antworten identifizieren die Forscher vier Hauptgründe: Die Angst vor Vorwürfen, die Angst die Frauen unangemessen angefasst zu haben, oder Angst davor die Brüste zu berühren. Außerdem genannt: die Angst davor, eine fremde Frau zu entkleiden oder auch die Angst, ihr Verletzungen zuzufügen.
Insgesamt gaben doppelt so viele Männer wie Frauen an, aus Angst vor dem Vorwurf des sexuellen Übergriffs oder unangemessener Berührung nicht zu handeln. Frauen hingegen hinderte eher die Angst davor, Verletzungen zuzufügen an einer nötigen Herzdruckmassage.
Virtual Reality-Test bestätigt die Testpersonen
Sogar in einem weiteren Test, einem Virtual Reality Experiment mit 75 Teilnehmern wurden die Ergebnisse bestätigt: Die Wissenschaftler baten die Testpersonen, so zu reagieren, als ob ein echter Notfall passieren würde. Das fiktive VR-Szenario: eine geschäftige Stadt, in der ein Fußgänger zusammenbricht. Auch hier zeigten die Ergebnisse, dass die Teilnehmer seltener Wiederbelebungsmaßnahmen bei Frauen durchführten als bei Männern.
Bereits 2017 veröffentlichen Mediziner der Universität von Pennsylvania eine Studie im „American Heart Association Scientific Sessions 2017“, in der sie darlegten, dass Frauen, die in der Öffentlichkeit zusammenbrechen, geringere Überlebenschancen haben als Männer. Sie untersuchten 19331 Fälle, in denen Menschen mit Herzstillstand auf der Straße zusammenbrachen, 45 Prozent der Männer eine Herz-Lungen-Wiederbelebung durch Passanten erhielten, aber nur 39 Prozent der Frauen. Insgesamt war die Überlebenschance bei Männern laut der Forscher um 23 Prozent höher als bei Frauen.
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Herzstillstand ist häufige Todesursache
Je nach Statistik erleiden in Deutschland jedes Jahr zwischen 40 000 und 64 000 Menschen einen plötzlichen Herzstillstand, der zu den häufigsten Todesursachen weltweit gehört. Die Studien, die mögliche Hindernisse aufzeigen, warum manche Menschen in der Öffentlichkeit seltener Hilfe bekommen, könnten ein Ansatz sein für wichtige Erste-Hilfe-Schulungen.
Zu einer druckvollen Herzmassage gehöre nun einmal, dass man die Hand auf die Brust des Bewusstlosen lege und feste drücke – egal, ob Mann oder Frau. Die Maßnahmen seien bei allen Menschen dieselben, erinnert Sarah Perman. (sar)