Farben, PflegeWie sich Tattoos mit den Jahren verändern – und wie man vorbeugt
Köln – Tattoos sind teuer und das Stechen ist schmerzhaft, außerdem sind die Bilder in der Haut für immer. Abgesehen vom richtigen Motiv, das einem möglichst lange gefallen sollte, möchte man natürlich auch, dass die Tätowierungen so lange wie möglich strahlend und klar aussehen. Doch die Haut des Menschen verändert sich stetig und so tut es auch die Tätowierung. Wir haben zwei Experten gefragt, wie genau sich Tätowierungen mit der Zeit verändern, welche Stile und welche Körperstellen dafür besonders anfällig sind und was man selbst vorbeugend tun kann, damit die Bilder in der Haut lange frisch bleiben.
Urban Slamal kennt sich mit Tattoos aus, auch wenn er selbst kein Tätowierer ist. Der Rechtsanwalt aus Düsseldorf hat sich mit seiner Kanzlei unter anderem auf die Beratung und Vertretung von Tattoo-Künstlern, Zulieferern und Herstellern von Tätowiermitteln spezialisiert. Slamal ist außerdem Vorstandsvorsitzender im Bundesverband Tattoo e.V. und selbst umfassend tätowiert.
Er sagt: „Es ist vollkommen klar, dass sich Tattoos mit der Zeit verändern. Sie altern genauso wie der gesamte Mensch auch. Es wird also nicht so sein, dass eine Tätowierung nach einigen Jahren noch genauso aussieht wie am Anfang. Damit muss man leben. Ob man sich das Tattoo irgendwann nachstechen lässt oder den Alterungsprozess einfach hinnimmt, ist eine Frage des Geschmacks.“
So sieht es auch der Dermatologe Dr. Gerd Kautz, der die Haut- und Laserklinik in Konz in Rheinland-Pfalz leitet und Dozent für Lasermedizin an der Universität Greifswald ist: „Wie bei jeder anderen Farbe verändern sich auch die Farbstoffe im Tattoo. Die Farben bleiben nicht stabil und verlieren mit der Zeit an Klarheit und Brillanz. Bei Farben im Körper ist dieser Effekt sogar noch stärker als zum Beispiel bei Wandfarben, da die Farbe für den Körper etwas Fremdes ist, das er loswerden will.“
Es ist also ganz natürlich, dass die Farben mit der Zeit immer heller werden. „Tattoos leben mit einem. Man entscheidet sich für etwas, was ein Leben lang zu einem gehört. Und so wie man selbst älter wird, wird das Tattoo auch älter. Der schicke Adler kann dann irgendwann ein lahmer Vogel werden“, sagt Kautz.
UV-Licht ist Gift für ein Tattoo
Nicht nur der natürliche Alterungsprozess der Haut verändert ein Tattoo, auch UV-Licht lässt die Pigmente mit der Zeit verblassen. Wenn möglich, sollte man seine Tätowierungen also nicht der Sonne aussetzen und das Solarium meiden. Slamal ist konsequent und geht im Sommer nur mit langen Ärmeln nach draußen. Das ist nicht jedermanns Sache, da erstens heiß und zweitens möchte man die Kunst auf seiner Haut ja auch zeigen. Wer also im Sommer draußen nichts überziehen möchte, sollte die tätowierte Haut vorher mit einer Sonnenmilch mit hohem Lichtschutzfaktor eincremen, „je höher desto besser“, raten Slamal und Kautz.
Feuchtigkeitspflege muss sein
Der zweite wichtige Punkt, damit das Tattoo lange strahlend bleibt, ist Feuchtigkeit. Tätowierte Menschen sollten also ihre Haut immer gut pflegen und eincremen. Kautz empfiehlt dazu harnstoff- oder panthenolhaltige Cremes, die die Hautstruktur wieder in Ordnung bringen. Das ist vor allem kurz nach dem Stechen wichtig, aber „die Haut braucht ein Leben lang eine Pflege, das vergessen wir oft.“ Für die dauerhafte Pflege braucht man seiner Meinung nach keine spezielle Tattoo-Creme, eine normale Pflegecreme ist ausreichend. Bodylotions eignen sich wegen ihres geringen Fett- und hohen Wassergehalts allerdings nicht so gut.
Die Heilungsphase ist bei einer Tätowierung die kritischste Zeit
Sind die Tattoos ganz frisch, sollte man für sechs Wochen gar nicht in die Sonne gehen, da beim Stechen die oberste Hautschicht abgetragen wird und kein Sonnenschutz besteht. Auch ein Aufweichen der Haut im Wasser sollte in dieser Zeit vermieden werden. Es empfiehlt sich also, sich nicht direkt vor dem Sommerurlaub tätowieren zu lassen. Sauna, Vollbäder und Sport sind ebenfalls in der ersten Woche nicht empfehlenswert. „Das Abheilen ist die kritischste Phase. Etwa 20 Prozent der Pigmente werden in der Zeit der Wundheilung direkt wieder ausgeschwemmt“, erklärt Slamal.
Bücher über Tätowierungen
Volker Henze, Aileen Höltke : Hamburg tätowiert. Geschichten, Kunst & Handwerk aus den Studios der Stadt, Junius-Verlag, 144 Seiten, 35 Euro
Jérome Pierrat: die Kulturgeschichte der Tattoos. Mit Illustrationen von Alfred, Verlagshaus Jacoby & Stuart, 72 Seiten, 14 Euro
Eine frische Tätowierung ist eine Wunde, in die keine Keime gelangen sollten. Deshalb am besten mit oben genannten Aktivitäten warten, bis die Tätowierung komplett verschorft oder am besten sogar verheilt ist. Achtung: Die Kruste dann nicht abziehen, denn so reißt man direkt die Pigmente mit heraus. Ist das Tattoo nach etwa zwei bis drei Wochen vollständig abgeheilt, sollte man seinen Tätowierer oder seine Tätowiererin noch einmal einen Blick darauf werfen lassen, ob alles gut verheilt ist oder ob etwas nachgestochen werden muss. Wenn dann alles gut ist, hat man erstmal eine Zeitlang Ruhe.
Tattoo-Farben werden mit der Zeit immer heller und Konturen verschwimmen
Sind die Tattoos glatt und verheilt, verändern sie sich nur noch so langsam und graduell, dass der Träger es meist gar nicht richtig mitbekommt. Allgemein kann man sagen, dass mit den Jahren die Farben immer heller werden. Rot macht die meisten Probleme, einige Menschen reagieren allergisch auf diese Farbe. Schwarz und Grau sind dagegen weniger anfällig, bleiben dauerhaft stabiler und bekommen höchstens mit der Zeit einen leichten Blaustich.
Damit die Konturen nicht verwischen, muss der Tätowierer zudem darauf achten, beim Stechen den richtigen Punkt und die richtige Tiefe zu treffen, damit die Farben einerseits nicht zu weit oben sind und abgeschuppt werden und andererseits nicht so tief in der Haut sinken, dass sie sich im Fettgewebe verteilen und unter den eigentlichen Konturen eine Art Schatten bilden, Blow out genannt.
Je nach Tattoo-Stil empfehlen sich außerdem Linien und Kontraste innerhalb des Bildes, damit das Erscheinungsbild länger frisch bleibt. Besonders anfällig für das Verlaufen sind sogenannte Watercolour-Tattoos, die aus vielen ineinander übergehenden Farben bestehen und wenig Kontur haben. Slamal: „Einem guten und erfahrenen Tätowierer muss man das nicht sagen, er weiß selbst, worauf er beim Stechen achten muss.“ „Tätowieren ist wie ein Handwerk, ein Tätowierer muss genau wie ein Zahnarzt sauber arbeiten. Wenn er das nicht tut, kann schon beim Stechen eine Narbe entstehen“, ergänzt Kautz. Es dürften auch nicht zu viel Pigmente in die Haut gegeben werden und natürlich müsse der gesamte Vorgang extrem hygienisch sein.
Vor allem filigrane Linien laufen mit der Zeit auseinander
Schlechte Nachrichten für die, die kleine Tattoos mögen: Einfache Linien und filigrane Arbeiten können mit der Zeit ausfransen. Je dünner und feiner sie gestochen sind, desto größer ist die Gefahr, dass sie zerlaufen und breiter werden. Wie stark dieser Effekt ist, hat aber auch viel mit der Hautstruktur und der tätowierten Stelle zu tun. Am besten geeignet ist junge Haut, die noch nicht so oft gebräunt wurde. Dankbare Stellen für Tattoos sind Arme, Beine, Schultern und Rücken.
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„Besonders oft zerlaufen filigrane Linien auf den Händen und an den Fingerseiten. Hier ist die Haut so dünn und zudem ständig in Bewegung“, weiß Slamal. Tattoos an den Händen müssen daher besonders häufig noch einmal nachgestochen werden. Ungünstige Stellen für filigrane Tattoos sind aus den gleichen Gründen wie bei den Händen auch Handgelenk, Dekolleté sowie Armbeugen und Kniekehlen. „Wenn Sie vorhaben, schwanger zu werden, würde ich mir auch eher nicht vorher den Bauch tätowieren lassen“, empfiehlt Slamal. Normale Gewichtsschwankungen oder starkes Muskelwachstum dagegen machen Tätowierungen nicht so viel aus, es sei denn, in der Haut sind Geweberisse entstanden. Auch Narben lassen sich nicht gut übertätowieren.
Tattoo-Entfernung ist schmerzhaft
Wenn man sein altes Tattoo gar nicht mehr mag, kann man es loswerden. Kautz führt in seiner Klinik regelmäßig Tattoo-Entfernungen per Laser durch. Die Gründe seiner Patientinnen und Patienten dafür sind ganz unterschiedlich: Vielen gefällt das Motiv nicht mehr, andere wollen generell nicht mehr tätowiert sein, manche wollen ein neues Tattoo an dieser Stelle und möchten sich dafür das alte erst entfernen lassen. Er sieht viele Menschen mit schlecht gestochenen Tattoos, einige reagieren auch allergisch auf die Farben. „Bei manchen ist das Tattoo nie richtig abgeheilt und muss dann herausgeschnitten werden, weil die Haut keine Ruhe bekommt“, sagt er. Mit einem Lasersystem werden die Farbpartikel klein geschossen, ein Teil davon wird in Form von Bläschen und Krüstchen über die Haut selbst nach oben abgesondert, der andere Teil wird vom Körper abgebaut und über das Lymphsystem entfernt. Ziel ist es, die Tätowierung narbenfrei zu entfernen. „Das ist schmerzhaft, aber das Machen tut ja auch weh. Man sollte sich also gut überlegen, was man sich tätowieren lässt und ob man für immer damit leben will.“