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Taubheit, LallenHirntumor-Patienten erzählen, welche Symptome sie übersehen haben

Lesezeit 2 Minuten
Frau hat Schwindel und hält sich an einer Hausecke fest

Schwindel ist eins der Symptome, das die Patienten nannten. (Symbolbild)

Jährlich erkranken rund 7000 Deutsche an einem Hirntumor. Treten erste Beschwerden auf, vermuten die wenigsten Betroffenen dahinter eine Krebserkrankung. Das verdeutlicht eine Untersuchung britischer Forscher. Der zufolge hatte kaum ein Hirntumor-Patient seine ersten Symptome ernst genommen.

Wenn die Sicht plötzlich verschwimmt oder die Konzentration nachlässt, steckt selten eine ernste Erkrankung dahinter. Oft sind harmlosere Gründe wie Stress oder schlechter Schlaf verantwortlich. Verständlich, dass viele Hirntumor-Patienten die ersten Anzeichen ihrer Krankheit ignorieren. Denn ein Tumor im Gehirn kann sich im Anfangsstadium genau in solchen, vermeintlich gefahrlosen Beschwerden äußern.

Forscher aus Großbritannien haben 39 Briten interviewt, die kurz zuvor die Diagnose Hirntumor erhalten hatten. Ihre Frage an die Patienten: Welche körperlichen Veränderungen hatten Sie zuerst bemerkt, aber damals noch nicht ernst genommen?

Wie äußerte sich die Krankheit zu Beginn?

Bei der Auswertung der Interviews fiel auf: Vor der Diagnose hatten die meisten Befragten ihre Beschwerden als harmlos abgetan und verschiedenste Gründe dafür gefunden. Stress bei der Arbeit oder das zunehmende Alter der Betroffenen dienten häufig als logische Erklärung. Ein Patient erzählte, er hätte „sich albern gefühlt“, mit einem Arzt über seine vermeintlichen Wehwehchen zu sprechen.

In den meisten Fällen hatten schließlich Gespräche mit Freunden, Kollegen oder Familienmitgliedern dazu beigetragen, dass Patienten doch noch einen Arzt aufgesucht hatten. Bei den Interviews mit den britischen Forschern waren teilweise auch Familienangehörige anwesend.

Patienten berichten: „Meine Sicht verschwamm“

Um die Anonymität der Patienten zu wahren, haben die Forscher die Zitate ohne Namen veröffentlicht und sie ausschließlich einem Geschlecht und einer groben Altersgruppe zugeordnet. Die gesamte Studie finden Sie hier.

  1. „Ich war am Spülbecken beim Abwasch und beugte mich langsam immer tiefer über das Becken. Es ist seltsam, dass man nicht einmal darüber nachdenkt, deswegen zum Arzt zu gehen. Man tut es einfach nicht und denkt, das geht schon wieder vorbei.“ (männlich, 61-70 Jahre, Anzeichen: körperliche Schwäche)
  2. „Nun, das taube Gefühl in meinem Gesicht ist sehr schwach, also habe ich es wohl einfach nicht sonderlich bemerkt.“ (weiblich, 41-50 Jahre, Anzeichen: Taubheitsgefühl im Gesicht
  3. „Selbst wenn ich mal das falsche Wort gesagt habe, dachte ich mir, das passiert uns allen mal, es rutscht einem eben mal ein falsches Wort heraus.“ (männlich, 71-80 Jahre, Anzeichen: Sprachstörungen)
  4. „Beim Sprechen habe ich leicht gelallt, aber das hat immer nur etwa eine Minute lang angehalten und dann war alles wieder vorbei.“ (weiblich, 51-60 Jahre, Anzeichen: Probleme bei der Aussprache)
  5. „Ich habe Wörter falsch gelesen, was mir vorher noch nie passiert ist. Es waren kleine Anzeichen wie dieses, nichts gravierendes. Man denkt, man sei einfach nur müde.“ (weiblich, 31-40 Jahre, Anzeichen: Lesestörung)
  6. „Wenn ich mich auf etwas konzentriert habe, konnte es leicht passieren, dass meine Sicht verschwamm, aber ich habe dem keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Ich dachte, ich sei einfach ein bisschen gestresst von der Arbeit und dass alles mit dem Stress zu tun habe.“ (männlich, 61-70 Jahre, Anzeichen: Sehstörungen)
  7. „Ich habe angefangen, jeden Tag einen Mittagsschlaf einzulegen, aber ich dachte: Oh ja, ich bin jetzt über 50.“ (weiblich, 51-60 Jahre, Anzeichen: Müdigkeit)
  8. „Ich kann mich einfach nicht konzentrieren, aber ich dachte, schuld daran sei wieder meine Depression.“ (weiblich, 31-40 Jahre, Anzeichen: Konzentrationsschwäche)
  9. Sohn: „Er hatte Schwierigkeiten, Dinge einhändig zu tun, hatte überhaupt keine Kraft in seiner Hand. [...] Ich dachte, er hätte einen Schlaganfall.“ (männlich, 61-70 Jahre, Anzeichen: Schwäche in einer Hand)
  10. „Man konzentriert sich immer nur auf das, was einen dauerhaft belastet. Aber ein leichtes Taubheitsgefühl hier und da, das auch wieder verschwindet, schränkt einen eben nicht sonderlich ein.“ (weiblich, 41-50 Jahre, Anzeichen: Taubheitsgefühl)
  11. Ehefrau: „Ich habe mich mit dir unterhalten und du hast nur seltsame, wirre Wörter herausgebracht, aber dann hast du mit dem Hund gesprochen und alles war wieder in Ordnung. [...] Ich dachte, da stimmt etwas nicht. [...] Ich dachte, du hättest einen Schlaganfall. [...] Ich rief den Notruf.“ (männlich, 51-60 Jahre, Anzeichen: Sprachstörungen)
  12. „Ich dachte, ich wäre verrückt geworden, also habe ich mich eines Abends hingesetzt und Alzheimer-Symptome gegoogelt und ich dachte: Das ist es, was ich habe, ein frühes Stadium von Alzheimer oder sowas in der Art. Ich war depressiv, ich hatte Gedächtnisprobleme, meine Haare fielen aus, ich hatte Kopfschmerzen. Ich dachte: Ja, ich habe Alzheimer.“ (weiblich, 31-40 Jahre, Anzeichen: depressive Verstimmung, Gedächtnisprobleme, Haarausfall, Kopfschmerzen)
  13. Ehefrau: „Er sagte mir, er habe starke Kopfschmerzen. Ich sagte: Bitte geh zum Optiker und lass deine Augen untersuchen. Wahrscheinlich brauchst du neue Brillengläser.“ (männlich, 61-70 Jahre, Anzeichen: Kopfschmerzen)
  14. „Ich dachte mir nur, meine Sehkraft ist nicht mehr so gut wie sie mal war. [...] Ich dachte, das liegt eindeutig daran, dass ich den Computer häufiger nutzte und solche Dinge. Dass ich wohl eine neue Brille bräuchte.“ (weiblich, 31-40 Jahre, Anzeichen: Sehstörungen)

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Anzeichen machten Patienten erst nicht stutzig

Ein Patient berichtete, wieso ihn zunächst keines der Warnsignale stutzig machte: „Man bemerkt all die Symptome, die mit einem Hirntumor zusammenhängen könnten, die aber auch auf alles mögliche andere hindeuten könnten.“

Die Ehefrau eines Befragten sagte: „Wir fanden immer irgendeine Erklärung dafür, wieso er sich so verhielt, wie er es tat, also haben wir nie etwas hinterfragt“.

Eine Früherkennung gibt es für Hirntumoren bislang nicht. Meist gehen Patienten irgendwann aufgrund anhaltender oder stärker werdender Beschwerden zum Arzt und finden dann heraus, dass sie an einem Hirntumor leiden. Dieser kann sowohl gutartig als auch bösartig sein.

Dieser Artikel erschien zuerst bei FOCUS Online