Unser Kolumnist Magnus Heier erklärt, wie sich eine gute Vorbereitung auf das Risiko einer Operation und deren Folgen auswirkt.
„Aus der Praxis“Warum man vor einer Operation möglichst trainieren sollte
Die alte Dame hatte am Vormittag eine neue Hüfte bekommen – und wollte am Nachmittag schon selbstständig zur Toilette. Bei anderen ist es ganz anders: Meistens wollen die Patienten nach einer Operation erst einmal ihre Ruhe haben – und im Bett bleiben. Genau das aber ist gefährlich. Lebensgefährlich.
Wenn die großen Muskelgruppen, etwa in den Beinen, nicht mehr bewegt werden, wenn die Muskelpumpe ruht, die eigentlich das venöse Blut transportiert – dann drohen Thrombosen und letztlich Schlaganfälle. Entsprechend wichtig ist es, die Patienten so schnell wie möglich zu mobilisieren und aus dem Bett zu kriegen. Und genau darauf wird auch geachtet.
Entscheidend ist auch, was vor einer Operation passiert
Gar nicht geachtet wird dagegen auf die präoperative Fitness. Denn es ist nicht nur entscheidend, was nach einer Operation passiert. Sondern vor allem auch davor! Es ist intuitiv einigermaßen logisch, dass ein durchtrainierter Mensch eine Operation leichter übersteht als ein untrainierter.
Und genau das wurde jetzt durch eine größere Studie auch bestätigt. In der Metastudie (einer Übersicht über thematisch ähnliche vorhandene Studien) wurden zwölf Untersuchungen mit insgesamt 832 Patienten analysiert. Dabei ging es um Programme, in denen die Patienten in einer Art hochintensiven Intervalltraining auf ihre Operation vorbereitet wurden. Herz und Kreislauf wurden trainiert, und die Atmung. „Hochintensiv“ war das Training, weil oft wenig Zeit bleibt. Einfach, weil eine Operation nicht immer langfristig geplant werden kann.
Die Resultate in einigen der Studien sind verblüffend: In acht der zwölf Studien kam heraus, dass sich das Risiko der Operation durch die vorbereitende Fitness um 56 Prozent verringert hatte. Und, dass sich die Liegedauer im Krankenhaus um etwa drei Tage verkürzen ließ. Nur durch ein Training vor der Operation. Diese Unterschiede sind so erheblich, dass es fast unverantwortlich erscheint, Patienten unvorbereitet in die Operation zu schicken. Übrigens auch von den Patienten selbst: Sich eine minimale Kondition anzutrainieren, ist auch ohne ärztliche oder krankengymnastische Hilfe möglich.
Entscheidend, dass Patienten sich vor einer OP aktivieren
Welche Art von Training die beste ist, ist unklar – und wahrscheinlich auch nicht sehr bedeutend. In den genannten Studien betrieben die Operationskandidaten jeweils ein sehr kurzes, aber intensives Training mit längeren Pausen. Aber vermutlich ist es entscheidend, die Patienten überhaupt zu aktivieren.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schnell ein liegender, nicht aktivierter Patient nach einer Operation verfällt. Wie schnell die Kondition, die Kraft, die Ausdauer nachlässt. Wenn sie vor der Operation schon schlecht war, gibt es keine Reserven, von denen der Körper nach der Operation zehren kann.
Nicht alle Patienten haben die Kraft, vor der Operation an ihrer Fitness zu arbeiten. Aber viele könnten es. Es ist logisch, naheliegend und sehr einfach, vor einer Operation eine Ausdauerreserve anzulegen, von der man nach der OP profitieren kann.