Von Penispumpe bis Elektrostimulation: Urologe Volker Wittkamp erklärt neun Alternativen zur blauen Pille.
In Sachen LiebeWenn Viagra nicht mehr hilft – 9 Tipps gegen Erektionsstörungen
Gegen Erektionsstörungen habe ich eine Zeitlang die berühmte „blaue Pille“ geschluckt. Inzwischen habe ich leider den Eindruck, dass sie kaum noch wirkt. Was tun? Martin (57)
Zeigen Viagra und Co. keine Wirkung mehr, lässt sich in einer urologischen Praxis noch das ein oder andere Geschütz zusätzlich auffahren.
1. Penispumpe
Zum Beispiel Penispumpen. Hierbei handelt es sich nicht etwa um Sexspielzeug, sondern um spezielle Medizinprodukte. Der Penis wird in einen Zylinder eingeführt, in dem eine Pumpe manuell oder elektrisch ein Vakuum erzeugt und Blut in den Penis saugt. Ist der Penis erigiert, wird ein Silikonring am bauchnahen Ende über das Glied gestülpt, der das Blut im Penis hält. Damit das funktioniert, muss der Ring sehr stramm sitzen, was viele Patienten als unangenehm empfinden.
2. Cockring
Dem gleichen Prinzip folgt der klassische „Cockring“ aus Metall, den man meist um Penis und Hodensack schnürt und der das Blut länger im Penis hält. Aus urologischer Sicht sind Ringe aus Gummi, Leder oder Silikon zu bevorzugen, da diese leichter zu entfernen sind und somit im Notfall nicht die Feuerwehr mit mittelschwerem Gerät zur Rettung Ihres Geräts ausrücken muss.
3. SKAT
Dann gibt als weitere Möglichkeit die „Schwellkörper-Autoinjektionstherapie“ (SKAT). Wie der Name schon sagt, spritzt sich der Patient hier selbst ein Medikament in seinen Schwellkörper und sorgt so für eine Erektion. Diese tritt sehr schnell ein, was auch kurzfristigen Sex möglich macht, und hält dann zwischen einer halben Stunde und drei Stunden an. Definitiv ungeeignet ist diese Behandlung für Männer mit einer Spritzenphobie, und selbst für solche ohne ist sie gewöhnungsbedürftig. Die für die SKAT verwendeten Nadeln sind sehr dünn, und die ersten Versuche damit erfolgen unter Anleitung und Überwachung in einer urologischen Praxis. Wichtig dabei ist es, die richtige Dosis zu finden. Ist sie zu gering, bleibt die Erektion aus; ist sie zu hoch, kommt es zu der gefürchteten Dauererektion.
4. Muse
Etwas eleganter ist ein ähnliches Präparat, das über eine Einführhilfe in die Harnröhre abgegeben wird und von dort seine Wirkung in den Schwellkörpern entfaltet. Es hört auf den Namen „Medikamentöses Urethrales System zur Erektion“ – mit der schönen Kurzform „Muse“.
5. Beckenbodentraining
Weit weniger invasiv und unangenehm klingt da schon das klassische Beckenbodentraining. Spezielle Übungen steigern die Durchblutung des Beckenbodens und des Intimbereichs. Dieses Training erhöht nicht nur den Zufluss an Blut zum Penis, es verringert bei bestehender Erektion auch den Abfluss.
6. Elektrostimulation
Kombiniert werden kann das Beckenbodentraining mit einer Elektrostimulation in diesem Bereich und sogar speziell für den Penis.
7. Stoßwellentherapie
Dasselbe Ziel verfolgt die Stoßwellentherapie. In mehreren Sitzungen werden gezielt Stoßwellen auf das Schwellkörpergewebe gegeben, welche die Durchblutung anregen. Diese Therapie wird derzeit aber nur in Praxen angeboten, die sich auf Erektionsstörungen spezialisiert haben.
8. App
Lange Wege müssen Sie für den nächsten Therapieansatz nicht auf sich nehmen, im Gegenteil. Es gibt für die erektile Dysfunktion tatsächlich eine App auf Rezept. Sie gehört zu den „Digitalen Gesundheitsanwendungen“ (Digas), die mittlerweile Abhilfe bei einer Vielzahl von Erkrankungen wie Adipositas, Depression oder Diabetes bieten. Hinter der Entwicklung stecken zum Teil Start-ups, aber auch große Pharmakonzerne. Die App vermittelt Wissen über die Diagnose und erstellt ein personalisiertes Training, welches vom Kopf (mental) über den Beckenboden bis hin zu den Füßen (Ausdauer) alles abdeckt. Begleitend können in Absprache mit Arzt oder Ärztin PDE-5-Hemmer eingenommen werden.
9. Schwellkörperimplantate
Hilft das alles nicht, bleiben noch Schwellkörperimplantate. Diese werden in die zwei seitlichen Schwellkörper des Penis eingesetzt, lassen sich mittels eines Schalters im Hoden aufpumpen und nach getaner Arbeit wieder abpumpen. Männer mit solch einer Penispumpe berichten von guten Ergebnissen. Einzig der Schwellkörper um die Harnröhre sowie die Eichel schwellen bei der künstlichen Erektion nicht mit an. Die Kosten für die Prothese werden in der Regel anstandslos von den Krankenkassen gezahlt. Durch die Verwendung antibiotikabeschichteter Geräte haben sich die früher gefürchteten Infektionen nach Einbau glücklicherweise deutlich reduziert. Derzeit wird sogar an einer Version mit Sprachsteuerung über eine App gearbeitet: „Alexa, Licht dimmen, Pumpe an!“