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„Notlage internationaler Tragweite“WHO ruft wegen Ausbreitung von „Affenpocken“ höchste globale Alarmstufe aus

Lesezeit 4 Minuten
Eine eingefärbte Mikroskopaufnahme von Mpox-Partikeln (rot) in einer infizierten Zelle (blau), die im Labor kultiviert wurde. (Symbolbild)

Eine eingefärbte Mikroskopaufnahme von Mpox-Partikeln (rot) in einer infizierten Zelle (blau), die im Labor kultiviert wurde. (Symbolbild)

Behörden in aller Welt werden dadurch alarmiert, sich auf mögliche Ausbrüche vorzubereiten. Gefahr besteht vorerst vorwiegend in Afrika.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat wegen einer neuen Variante der Viruskrankheit Mpox – in Deutschland auch als „Affenpocken“ bekannt – in Afrika ihre höchste Alarmstufe ausgerufen. Sie erklärte eine „gesundheitliche Notlage internationaler Reichweite“ (PHEIC). Das hat keine konkreten Auswirkungen, sondern soll Behörden in aller Welt dazu alarmieren, sich auf mögliche Ausbrüche vorzubereiten.

Die WHO sieht das Risiko, dass sich die Mpox nach 2022 erneut international ausbreiten und mehreren Ländern zum Gesundheitsrisiko werden können. Die WHO folgte der Empfehlung von unabhängigen Mpox-Experten, die auf WHO-Einladung im sogenannten Notfallausschuss getagt hatten, wie WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus in Genf sagte. Der Notfallausschuss der WHO sei zusammengetreten und habe ihm mitgeteilt, dass die Situation aus seiner Sicht eine „gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite“ darstelle, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Mittwochabend auf einer Pressekonferenz. „Ich habe diesen Ratschlag angenommen.“

„Affenpocken“: WHO ruft wegen Mpox weltweite Notlage aus

Die Sorge der WHO bezieht sich unter anderem auf eine neue Virus-Variante, die Ende 2023 im Osten der Demokratischen Republik Kongo entdeckt worden ist. Es handelt sich um eine Sublinie der Mpox-Klade I (römisch eins), namens Ib. Sie könnte ansteckender sein als bisherige Varianten und schwerere Krankheitsverläufe auslösen. Detaillierte Studien dazu stehen noch aus, die Sterblichkeit vor allem unter Kindern könnte ersten Erkenntnissen jedoch hoch sein.

Mpox der Klade I wurden in den vergangenen Wochen erstmals auch in Uganda, Ruanda und Burundi sowie Kenia entdeckt. „Die Mpox-Epidemie breitet sich auf dem afrikanischen Kontinent in einem Tempo aus, das uns wirklich Sorgen macht“, sagt Dr. Ngashi Ngongo, Stabschef und Leiter des Exekutivbüros der afrikanischen Gesundheitsbehörde African Centres for Disease Control and Prevention (Africa CDC) dem „Spiegel“.

Es handelt sich um eine wirklich schwere Epidemie. Die Sterblichkeitsrate ist im Vergleich zu früheren Ausbrüchen deutlich höher
Dr. Ngashi Ngongo, Leiter des Exekutivbüros der afrikanischen Gesundheitsbehörde CDC

Die Zahl der Fälle steige rapide. „Es handelt sich um eine wirklich schwere Epidemie. Die Sterblichkeitsrate ist im Vergleich zu früheren Ausbrüchen deutlich höher, sie liegt in Afrika zwischen drei und vier Prozent. Gefährlich ist auch die Art der Übertragung der neuen Variante, sie ist viel virulenter“, so Ngongo weiter. Die afrikanische Gesundheitsbehörde CDC meldete aus der Demokratischen Republik Kongo und Nachbarländern in diesem Jahr bereits mehr als 14.000 Verdachtsfälle und mehr als 500 Todesfälle. Im Labor nachgewiesen wurde nur ein kleiner Teil davon.

Fälle von „Affenpocken“ 2022 und 2023 auch in Deutschland und Köln

In Europa ist Mpox derweil noch kein großes Thema. Die Europäische Gesundheitsbehörde ECDC hat das Risiko einer Ausbreitung der neuen Variante in Europa Ende Juli als „sehr gering“ eingeschätzt. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) gibt es bislang keine bekannten Fälle der Klade I in Deutschland.

2022 und 2023 gab es allerdings Fälle in Deutschland und auch in NRW. In Nordrhein-Westfalen wurden mindestens 450 Infektionsfälle nachgewiesen, Mpox-Infektionen gab es auch in Köln.

Die WHO hatte im Juli 2022 bereits einmal eine Notlage wegen Mpox ausgerufen. Damals gab es Fälle in mehr als 60 Ländern, auch in Deutschland. Die Ansteckungen gingen auf Klade II zurück, die weniger starke Krankheitsverläufe verursacht. Die Notlage wurde im Mai 2023 aufgehoben, weil die Ausbrüche in den meisten Ländern auch mit Impfstoffen unter Kontrolle gebracht worden waren. In Afrika und anderen Ländern des globalen Südens hakt es aber mit der Versorgung von Impfstoffen.

Impfstoff gegen klassische Pocken schützt

Mpox hießen früher Affenpocken, weil sie zufällig erstmals bei Affen nachgewiesen worden waren. Die WHO hat den neuen Namen festgelegt, weil sie Krankheiten weder nach Tieren noch Ländern benennen, in denen sie entdeckt werden, um Diskriminierungen vorzubeugen.

Das Virus ist mit dem klassischen Pockenvirus (Variola-Virus) verwandt. Er löst vor allem Hautausschlag, aber auch Fieber aus und kann vor allem für Kinder tödlich sein. Der Impfstoff gegen das Pockenvirus schützt auch vor einer Infektion mit dem Mpox-Virus.

CDC hat für Afrika bereits eine Notlage ausgerufen. Damit können mehr Mittel mobilisiert werden, um Ländern bei der Eindämmung zu helfen. Der WHO werden im Monat weniger als 1000 laborbestätigte Fälle aus aller Welt gemeldet. Sie geht davon aus, dass mangels Testkapazitäten längst nicht alle Fälle entdeckt werden.

Ausbruch 2022 schnell unter Kontrolle

Mpox-Viren waren ursprünglich vor allem bei Nagetieren in West- und Zentralafrika verbreitet. Übertragungen von Mensch zu Mensch sind bei engem Kontakt ebenfalls möglich, etwa beim Sex. (pst mit dpa)