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Heiliger KniggeOrthodoxe Kirche: Ein Kuss für die Ikone

Lesezeit 4 Minuten

Erzpriester Elias Esber von der St.-Dimitrios-Gemeinde der griechisch-orthodoxen Kirche von Antiochien in Seeberg

Vor Betreten der Kirche

Kleidung Es gibt keine festen Kleiderregeln. Dennoch: „Männer tragen lange Hosen und keine Kopfbedeckung. Weibliche Gläubige ein Kleid oder einen Rock, jeweils lang, und bedecken ihren Kopf mit einem Tuch“, sagt Erzpriester Elias Esber. Besuchern empfiehlt er bescheidene Kleidung.

Der richtige Zeitpunkt Orthodoxe Kirchen sind meist nicht ganztags geöffnet. Die besten Chancen hat man von 9 bis 11 Uhr, von 17 bis 19 Uhr und sonntags. Dann besteht die Möglichkeit zur Teilnahme an der „Göttlichen Liturgie“, die sehr feierlich und reich an Symbolik ist.

Beim Anblick der Kirche Wenn orthodoxe Gläubige sich einer Kirche nähern, bekreuzigen sie sich und machen eine Verbeugung. „Nachlässiges Bekreuzigen ist für uns eine Sünde“, sagt Esber, „und kann die Gefühle von Gläubigen verletzen“.

Kirchenräume Wie römisch-katholische gelten auch orthodoxe Gotteshäuser als Sakralräume. „Die Kirche ist das Haus Gottes und seiner Gegenwart“, sagt Erzpriester Elias Esber.

Ikonen Die meist auf Holz gemalten Bilder sind geweiht – und damit nicht nur ein Kunstgegenstand oder Dekoration, sondern ein Kultobjekt, dem eigene Verehrung durch die Gläubigen gebührt. Ikonen sollen eine Verbindung zwischen Betrachter und dem Dargestellten – und damit indirekt auch mit Gott – schaffen. Sie sind zwei-, nie dreidimensional, „da man die göttliche Dimension nicht erfassen kann“, so Esber.

Ikonostase Die Bilderwand mit drei Türen versperrt den Blick zum Altar und auf das liturgische Geschehen. Das Verbergen des Allerheiligsten steht auch sinnbildlich für den Gedanken, dass die Wirklichkeit Gottes ohne Vermittlung durch Christus unerreichbar ist.

Göttliche Liturgie So bezeichnen die Ostkirchen ihre Eucharistiefeier (Messe). Sie ist zweigeteilt in die Liturgie der Katechumenen (Taufbewerber) und die Liturgie der Gläubigen.

Rum-orthodoxe Kirche, Orthodoxe Kirche von Antiochien, Gemeinde „Hl. Dimitrios“, Geranienweg 27-29, 50769 Köln, Göttliche Liturgie sonntags 10 – 11.30 Uhr

Beim Betreten der Kirche

Im Vorraum Orthodoxe Kirchen sind meist dreigeteilt: in den Altarraum, das Kirchenschiff und den Vorraum. Letzterer ist wie ein Gemeindesaal gestaltet. Dort werden Kerzen, Ikonen, Namenszettel für Gebetsgedenken und Brote verkauft – oder verschenkt.

Ikone küssen Direkt am Eingang des Kirchenraums steht auf einem Pult die Festtagsikone, die das Festtagsereignis zeigt (wie die Geburt Jesu an Weihnachten) oder einen Heiligen, dessen Gedenktag die Kirche an diesem Tag feiert. Die Gläubigen gehen zuerst zu dieser Ikone und küssen sie, nachdem sie sich zuvor zweimal bekreuzigt und verbeugt haben. Esber: „Der Kuss ist Zeichen der intimen Beziehung zwischen dem Mensch und dem Heiligen“. Auch Besucher dürfen die Ikone küssen.

Kerzen verteilen Wer Kerzen mitgebracht hat, stellt sie zu den Ikonen auf die vorgesehenen Ständer – oft sind es kleine, mit Sand gefüllte Becken. Voraussetzung: Der Ständer ist leicht erreichbar. Ist die Kirche überfüllt, reicht man die Kerze weiter und nennt dabei den Namen der Ikone, vor der sie aufgestellt werden soll.

Der richtige Platz Meist ist der Kirchenraum leer, gelegentlich stehen einige Bänke an der Wand. Da es in orthodoxen Kirchen oft nicht üblich ist zu sitzen, sind sie für Ältere und Kranke vorgesehen. Grundsätzlich kann jeder überall stehen. Tabu ist der Bereich hinter der Ikonostase (siehe Kasten). Dort dürfen sich ausschließlich Geistliche aufhalten. „Wenn wir an der Königlichen Pforte, der mittleren Ikonostase-Tür, vorbei gehen, halten wir inne, bekreuzigen und verbeugen uns“, sagt Esber und rät das auch Besuchern.

Während der Liturgie

Ritus Die göttliche Liturgie hat zwei Hauptteile – auf die Liturgie der Katechumenen (Taufbewerber) beziehungsweise des Wortes mit Lesungen folgt der eucharistische Gottesdienst mit Dankgebet, Wandlung und Kommunion. Stehen ist in diesen Augenblicken geboten: beim Eingangssegen; zum „kleinen Einzug“, bei dem das Evangelienbuch vom Altar durch den Raum getragen wird; beim „großen Einzug“, wenn die eucharistischen Gaben, Brot und Wein, vom Vorbereitungstisch zum Altar getragen werden; bei der Lesung des Evangeliums und zu Beginn der Abendmahlsliturgie. Esber: „Bei uns gibt es viel Gesang im Wechsel mit dem Chor, aber ohne Orgelbegleitung, da wir die menschliche Stimme als einzig zulässiges Instrument betrachten, Gott zu preisen.“ Mitbeten und singen ist erwünscht!

Fürbitten und Kommunion Eine Besonderheit sind die Gebetsgedenken – für die Gesundheit der Angehörigen, Reisende oder verstorbene Verwandte. Deren Namen schreibt man zu Beginn des Gottesdienstes auf einen Zettel und gibt ihn zusammen mit einem Brot ab. Der Priester gedenkt der Anliegen im Verlauf des Gottesdienstes. Namen von Lebenden und Verstorbenen dürfen nie zusammen auf den Zetteln stehen, die im Anschluss verbrannt werden. Am Schluss des Gottesdienstes reicht der Priester den Teilnehmern das „Antidoron“, das von den gesegneten, aber nicht gewandelten Teilen des Abendmahlbrotes genommen wird.

Nach dem Gottesdienst

Orthodoxe Gläubige verbeugen und bekreuzigen sich beim Verlassen des Kirchenraums dreimal. Geld- und Sachspenden, wie Kerzen oder Öl für Öllichter, sind üblich.