In Sachen LiebeMein Mann schaut Pornos – wie sage ich ihm, was mich daran stört?
- Was gibt es Schöneres und Wichtigeres im Leben als die Liebe? Wie wir sie finden, pflegen und sie uns erhalten; was geschieht, wenn sie vergeht oder wir sie verlieren – darum geht es in unserer PLUS-Kolumne „In Sachen Liebe“.
- Im wöchentlichen Wechsel beantworten die Psychotherapeuten Désirée Beumers, Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner sowie die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex und Kindererziehung.
- Diesmal erklärt Daniel Wagner, wie man am besten mit dem Partner oder der Partnerin über Pornos redet.
Mein Mann schaut offenbar manchmal Pornos. Ich finde es grundsätzlich nicht so dramatisch. Mich stört etwas anderes: dass er mit mir nicht darüber spricht und dass er sich Filme ansieht, die ein problematisches Frauenbild zeigen. Wie kann ich ihm das sagen?(Anika, 45)
Zunächst können wir feststellen, dass der Konsum von Pornografie weit verbreitet ist. Laut einer aktuellen Erhebung aus der Schweiz konsumieren 90 Prozent der befragten Männer und etwa 60 Prozent der befragten Frauen regelmäßig pornografische Inhalte. Geredet wird kaum darüber. Das macht Ihre Frage umso spannender.
Für viele Paare ist die Kommunikation über Sexualität eine große Herausforderung. Studien zeigen, dass selbst in langjährigen Beziehungen kaum bekannt ist, was das Gegenüber sexuell mag und was nicht. Über Pornografie zu sprechen ist unter anderem besonders herausfordernd, weil wir darüber auch kaum einen gesellschaftlichen Dialog führen. Und wenn, dann häufig undifferenziert und dualistisch. Pornos sind dann gut oder schlecht, unterdrücken Frauen oder befreien Frauen, machen süchtig oder nicht, zerstören Beziehungen oder bereichern sie.
Zudem beginnen viele Menschen in der Pubertät, pornografische Inhalte zu verwenden. Eine Zeit, in der Scham eine große Rolle spielt. Dies wird häufig noch durch gesellschaftliche, kulturelle oder religiöse Normen verstärkt. In der Regel findet das Anschauen heimlich statt, und gesprochen wird kaum darüber.
Machen Sie sich also bewusst, dass Ihr Mann womöglich wenig Erfahrung in der Art der Kommunikation hat, die Sie sich wünschen, und dass er zunächst womöglich beschämt und ausweichend reagieren wird. Vielleicht wird er auch den Eindruck haben, Sie wollten ihm etwas wegnehmen. Bevor Sie also die wichtigen und berechtigten Argumente ansprechen, die sich auf die Objektivierung und Ausbeutung von Frauen, Rollenklischees, Körperbild und andere problematische Aspekte beziehen, ist es wichtig, einen passenden Rahmen zu gestalten. Vielleicht finden Sie einen neutralen Ort, an dem Sie einander in wohlwollender Stimmung begegnen können. Es könnte sinnvoll sein, zunächst Fragen zu stellen und Ihrem Mann zuzuhören mit dem Ziel, ihn zu verstehen. Das schafft Vertrauen und Intimität und macht es viel leichter, sich auszutauschen. Vielleicht können Sie sich beide etwas über Ihre persönliche Geschichte mit Pornografie erzählen. Versprechen Sie sich gegenseitig, vertrauensvoll mit den Informationen umzugehen und sie niemals – etwa im Streit – gegeneinander zu verwenden.
Vielleicht können folgende Fragen den Einstieg erleichtern: Welche Menschen haben Ihre Einstellungen und Überzeugungen in Bezug auf Pornografie beeinflusst? Was wurde Ihnen dazu mitgeteilt? Wann haben Sie zum ersten Mal Pornos gesehen? Was ist dabei passiert? Wie haben Sie sich gefühlt? Welche Rolle spielen Pornos heute in Ihrem Leben? Worauf achten Sie beim Konsum? Wie fühlen Sie sich vor, während und nach dem Anschauen?
Leseraufruf
Regelmäßig beantwortet jemand aus unserem „In Sachen Liebe“-Team Ihre Fragen. Schreiben Sie uns, was Sie in der Liebe bewegt; was Ihnen schwerfällt, wo Sie sich einen guten Rat wünschen!
Ihre Zuschriften unterliegen dem Redaktionsgeheimnis und werden von uns in anonymisierter Form zur Beantwortung weitergegeben.
Schicken Sie Ihre Frage an: in-sachen-liebe@dumont.de
Wenn es Ihnen gelingt, dabei wertschätzend, interessiert und mitfühlend zu sein, kann aus diesem Gespräch eine bereichernde Intimität hervorgehen. Dann wird es auch möglich, Ihre eigene Sicht zu teilen, und im besten Fall entstehen im Dialog auch ein Verständnis für die problematischen Aspekte sowie eine Perspektive gemeinsamer Lösungen und gegebenenfalls Vereinbarungen. Sollte dies nicht aufgehen, können Sie auch ganz offen eine Paar- oder Sexualberatung vorschlagen, um so in einen konstruktiven Entwicklungsprozess zu gelangen.