Der Frust über den eigenen Arbeitgeber kann manchmal groß sein. So groß, dass man ihn gerne mit anderen teilen würde. Eine gute Idee?
Nervige Chefs, falsche Entscheidungen, zu wenig GehaltWie schlecht darf ich über meinen Arbeitgeber sprechen?
Mit Freunden über den Chef lästern? Über falsche Entscheidungen des Unternehmens tweeten? Negative Äußerungen über den Arbeitgeber können weitreichende Folgen haben. Das spürte auch Bahar Aslan, die nach einem Tweet ihren Job als Dozentin bei der Polizeihochschule Gelsenkirchen verlor. In dem Tweet berichtetet sie von ihrer Angst bei Polizeikontrollen, wegen „braunem Dreck“ in den Sicherheitsbehörden. Es folgten ein Shitstorm und eine Welle der Unterstützung auf Social Media. Am vergangenen Montag verkündete die Hochschule, den Lehrauftrag nicht wie geplant fortzusetzen. Womit müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer rechnen, wenn sie schlecht über ihren Arbeitgeber sprechen?
Was gilt im privaten Kreis?
Entscheidend ist, in welcher Situation sie sich schlecht über den Betrieb oder die Chefin äußern. „Im privaten geschützten Vertrauenskreis darf ich so schlecht, wie ich möchte, über meinen Arbeitgeber sprechen,“ erklärt Mareike Curtze, Fachanwältin für Arbeitsrecht, „solange Sie davon ausgehen können, dass der Gesprächspartner nicht den Arbeitgeber informiert, müssen Sie in der Regel nichts befürchten.“ Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen beleidigen und inhaltlich kritisieren – und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber zufällig doch von Kritik oder Beleidigung erfährt.
So bezeichnete ein Oberarzt aus Rheinland-Pfalz seinen Chefarzt in einer SMS an eine Assistentin als „Arschloch“. Der Chefarzt kündigte dem Oberarzt fristlos, nachdem die Assistentin ihm die SMS gezeigt hatte. Ein Gericht entschied, dass die Kündigung so nicht hätte erfolgen dürfen, weil der Oberarzt davon ausgehen konnte, dass die SMS vertraulich ist.
Was gilt auf Jobportalen?
Auf Portalen wie Kununu oder Glassdoor können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anonym ihre Jobs bewerten. Im Schutz der Anonymität ist der Ton oft scharf. Dabei müssen Nutzerinnen und Nutzer keine negativen Folgen fürchten, solange sie sich an zwei Grundsätze halten. Expertin Curtze erklärt: „In Jobbewertungsportalen können sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anonym frei äußern, solange die Bewertung nicht unwahr oder beleidigend ist.“
Jemanden als „Alkoholiker“ zu bezeichnen, obwohl dies nicht zutrifft, ist also nicht erlaubt. Ebenso wenig, wie den Arbeitgeber als „Arschloch“ zu bezeichnen. Nutzer und Nutzerinnen der Portale sollten auf keinen Fall Namen von Menschen nennen. Dies verstößt in der Regel gegen das Datenschutzrecht und die Einträge werden von den Portalen gelöscht.
Was gilt auf Social Media?
Mit sehr viel schwereren Konsequenzen müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer rechnen, wenn sie sich unter ihrem Klarnamen im Netz schlecht über den Job äußern. Je nachdem, wie heftig die Äußerungen sind, drohen Abmahnung oder Kündigung. „Immer wenn ich mich öffentlich nicht mehr sachlich über meinen Arbeitgeber äußere, sondern Schmähkritik übe, verletze ich die Rücksichtnahmepflicht und riskiere arbeitsrechtliche Konsequenzen“, so Curtze. Die Pflicht zur Rücksichtsnahme legt unter anderem fest, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich nicht öffentlich abwertend über Arbeitgeber, Geschäftsführung oder Vorgesetzte äußern dürfen. Die Pflicht steht in der Regel nicht im Arbeitsvertrag, gilt aber trotzdem immer.
Welche Konsequenzen drohen?
Arbeitsrechtliche Konsequenzen können sogar drohen, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Namen des Arbeitgebers gar nicht nennen. Ein Mediengestalter der seinen Arbeitgeber auf Facebook „Menschenschinder“ genannt hatte, erhielt eine fristlose Kündigung. Vor dem Landesarbeitsgericht Hamm klagte er dagegen und bekam kein Recht.
Wie hart die Konsequenzen sind, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Netz schlecht über ihren Arbeitgeber sprechen oder schreiben, hängt immer vom Einzelfall ab. Fällt eine Beleidigung zum Beispiel in einem Streitgespräch, sind die Folgen meist weniger schlimm. „Für die arbeitsrechtliche Beurteilung einer Beleidigung sind die Gesamtumstände entscheidend“, so Curtze.
Was ist mit sachlicher Kritik?
Selbst wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich über ihren Betrieb auf Social Media beschweren, ohne irgendjemanden zu beleidigen, drohen unangenehme Konsequenzen. „Auch sachliche Kritik sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer beim Arbeitgeber anbringen und ihm damit die Möglichkeit geben, Abhilfe zu schaffen“, erklärt Mareike Curtze.
Wer keine Kündigung riskieren will, sollte also nicht direkt über ein schlechtes Arbeitsklima oder zu viele Überstunden twittern, sondern erst mal mit der Chefin oder dem Chef darüber sprechen. Indem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dem Betrieb die Möglichkeit geben, die Probleme zu beheben, zeigen sie nämlich, dass sie Rücksicht nehmen.
Per Vertrag verbieten darf der Arbeitgeber kritische Aussagen aber nicht. Denn damit würde er die durch das Grundgesetz garantierte Meinungsfreiheit zu sehr einschränken.