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Hundetrainerin aus Windhagen„Meine Hunde und ich jagen. Wir jagen Bettwanzen“

Lesezeit 6 Minuten
Bettwanzen-Spürhund von Sonja Rolauf bei der Arbeit

Als Erstes suchen die Hunde von Sonja Rolauf die Betten ab.

Sonja Rolaufs Hunde erschnüffeln kaum sichtbare Bettwanzen in der Region. Der Service ist Wochen in Voraus ausgebucht.

Bettwanzen sind seit einiger Zeit auch in Deutschland ein großes Thema, wenn auch noch nicht so präsent wie in Paris, wo die Schädlinge zu einer regelrechten Plage geworden sind. Die blutsaugenden Insekten, die den Menschen als Hauptwirt nutzen, hinterlassen juckende Stiche und verbreiten sich vor allem über Koffer oder gebrauchte Möbel. Sie ernähren sich vom Blut des Menschen, sind nachtaktiv und verstecken sich gern. Ausgewachsen sind sie nicht größer als ein Apfelkern.

eine Bettwanze

So sieht eine Bettwanze aus.

Für Menschen ist es nicht einfach, die Insekten überhaupt zu entdecken. Hunde mit ihrer feinen Nase können das viel besser, wenn sie entsprechend trainiert werden. So wie die drei holländischen Schäferhunde Rosa, Indy und Rigo von Sonja Rolauf. Die Hundetrainerin aus Windhagen in Rheinland-Pfalz spürt mit ihren Tieren professionell Bettwanzen im Großraum Köln-Bonn auf.

„Wir bekommen immer mehr Aufträge“

Die Nachfrage ist so groß, dass Rolauf die Sucharbeit zu ihrem Hauptjob gemacht hat. „Wir sind viele Wochen in Voraus ausgebucht und bekommen immer mehr Aufträge“, sagt sie. Zu ihren Kunden gehören Hotels, Jugendherbergen, Sammelunterkünfte und Behörden. Sie wird aber auch oft in Privatwohnungen gerufen, wenn die Bewohner Sorge haben, Bettwanzen aus dem Urlaub mitgebracht zu haben.

Sonja Rolauf mit zwei ihrer Bettwanzen-Spürhunde.

Sonja Rolauf mit zwei ihrer Bettwanzen-Spürhunde.

Angefangen hat alles vor etwa zehn Jahren. Schon immer hat Rolauf mit ihren Hunden viel „Nasenarbeit“ gemacht und mit ihnen geübt, Fährten, Spuren, Menschen und Gegenstände zu finden. Das funktionierte so gut, dass sie diese Arbeit gern professionalisieren wollte – allerdings ohne sich und die Tiere dabei zu gefährden. Auf die Bettwanzen stieß sie schließlich am Frankfurter Flughafen. Hier suchten schon damals Spürhunde auf Wunsch der Airlines die Flugzeuge nach Bettwanzen ab. Als Rolauf davon erfuhr, war für sie sofort klar: „Das ist meine Arbeit, das möchte ich machen.“

Sie schloss sich der englischen Stiftung „Bed Bug Foundation“ an, die das Problembewusstsein für Bettwanzen stärken will und Spürhunde ausbildet. Ihre eigenen drei Hunde waren die ersten, die Rolauf auf Bettwanzen schulte. Mittlerweile sind viele weitere dazu gekommen und Rolauf ist für die Stiftung als Prüferin im Einsatz.

Hunde unterscheiden tote und lebendige Bettwanzen

In der Ausbildung lernen die Hunde, den Geruch von Bettwanzen zu erkennen und von anderen Insekten zu unterscheiden. Rolauf übt dafür mit einem Suchboard, das verschiedene Öffnungen zum Schnüffeln hat. In jeder Öffnung befindet sich etwas anderes. „Steckt der Hund seine Nase in das Loch mit den Wanzen, mache ich ein Geräusch mit dem Clicker und belohne ihn mit einem Leckerli. So lernt er, dass dieser Geruch etwas Besonderes ist“, erklärt Rolauf. Entscheidend ist, dass der Hund nur lebendige Wanzen anzeigt. Tote Tiere, Häutungsreste oder Kot haben ihn nicht zu interessieren. Das ist wichtig, weil Rolauf und ihre Tiere oft zu Nachkontrollen gerufen werden, wenn der Schädlingsbekämpfer schon da war.

Ein Bettwanzen Spürhund von Sonja Rolauf schnüffelt eine Gardine ab.

Die Hunde schnüffeln die komplette Wohnung ab.

Grundsätzlich kann jeder Hund zum Spürhund werden. Einschränkungen macht Rolauf nur bei Rassen mit platter Nase: „Bulldoggen oder Boxer würde ich nicht ausbilden, weil die meist nicht so gut atmen können. Das fände ich dem Hund gegenüber nicht fair.“

„Die Verwechslungsgefahr mit anderen Insekten ist groß“

Bevor Rolauf zu einem Kunden fährt, fragt sie zunächst am Telefon nach der genauen Situation und klärt ab, ob es sich tatsächlich um Bettwanzen handelt. „Die Verwechslungsgefahr mit anderen Insekten ist groß“, macht sie klar. Kommt es zum Auftrag, gilt es als Erstes, gute Arbeitsbedingungen für den Hund zu schaffen. Konkret bedeutet das: möglichst wenig andere Gerüche und Luftströme im Raum. Fenster und Türen sollten also geschlossen bleiben, etwa 24 Stunden vorher sollte zudem auf Parfüm, Deo, Haarspray oder sonstige Düfte verzichtet werden.

Als Nächstes steht ein Sicherheits-Check an. „Da Bettwanzen sich gerne verstecken, schrauben die Kunden oft Fußleisten oder Steckdosen ab. Da muss ich dann sicher sein, dass die Hunde sich beim Schnüffeln nicht verletzen“, erklärt Rolauf.

Rolauf reist immer mit allen drei Hunden an. Welches Tier zum Einsatz kommt, hängt von den Platzverhältnissen im Raum ab. Der Hund wird an den Möbelstücken vorbeigeführt und beginnt auf ihr Kommando „Such!“ zu schnüffeln. Im Fokus liegen immer die Möbel im Schlaf- und Wohnzimmer, Küchen und Bäder mit glatten Fronten sind selten befallen. „Die Hunde wissen genau, wo sie hinmüssen und fangen im Schlafzimmer von sich aus immer mit dem Bett an, nie mit dem Schrank“, erzählt Rolauf.

Ein Bettwanzen Spürhund von Sonja Rolauf schnüffelt die Sitze in einem Kino ab.

Sonja Rolauf wird mit ihren Hunden auch in Kinos, Theater und Hotels gerufen.

Sie beobachtet die Tiere genau und zeigt ihnen bei Bedarf noch weitere zu untersuchende Stellen. Auch ohne Leine bewegen sich die Tiere immer nah und kontrolliert an ihrer Seite. „Meine Hunde laufen nicht wild durch die Gegend oder springen irgendwo drauf, es sei denn, es ist für die Arbeit nötig“, macht Rolauf klar.

Diskretion ist in diesem Job das Wichtigste

Auch, wenn die Tiere Bettwanzen entdecken, bleiben sie ruhig und frieren ein. Das bedeutet, dass sie ganz still werden, sich setzen und mit der Schnauze auf die entsprechende Stelle zeigen. „Das machen auch Jagdhunde so, wenn sie ein Tier im Gebüsch entdecken. Wir sind ja schließlich auch auf der Jagd. Der Hund und ich, wir jagen Bettwanzen“, sagt Rolauf. Dass die Tiere ihren Fund so passiv und still anzeigen, hat auch mit Diskretion zu tun, die in diesem Job sehr wichtig ist. Rolauf: „Niemand will zugeben, dass er ein Problem mit Bettwanzen hat, deshalb bellen meine Hunde nicht, weil das auffallen könnte. Auch mein Auto und meine Kleidung sind völlig diskret und ohne Beschriftung.“

Wenn ihre Hunde alles abgesucht haben, ist der Job erledigt. Die Tiere bekommen zur Belohnung ein Leckerchen oder eine ganz besonders ausführliche Spiel- und Toberunde. Alle gefundenen Stellen werden in einem Protokoll notiert und an den Kunden weiter gegeben. Die Bezahlung richtet sich nach der Größe der Wohnung. Bei Hotels und anderen Sammelunterkünften gibt es Staffelpreise, je mehr Zimmer, desto günstiger wird es. Der Einsatz in einer Zwei-Zimmer-Privatwohnung kostet etwa 300 Euro.

„Bettwanzen sind sehr schwer zu bekämpfen“

Um die Beseitigung der gefundenen Insekten kümmert sich dann ein Schädlingsbekämpfer, meist kommen dazu Hitze oder Chemie zum Einsatz. „Bettwanzen sind sehr schwer zu bekämpfen, man muss genau wissen, was man tut. Fallen oder Lockstoffe existieren zwar, sind aber nicht besonders zuverlässig“, erläutert Rolauf die Schwierigkeiten dieser Arbeit.

Ein Bettwanzen-Spürhund schnüffelt einen Schrank ab.

An glatten Oberflächen halten sich die Insekten nicht so oft auf.

Wie alle Arbeitshunde haben Rosa, Indy und Rigo natürlich auch jede Menge Freizeit. Manchmal gerät die Work-Life-Balance aber unfreiwillig durcheinander, zum Beispiel, wenn Rolauf Besuch bekommt, der Koffer und Taschen mitbringt. „Meine Gäste wissen mittlerweile, dass sie bei mir immer erst gecheckt werden“, sagt Rolauf und lacht. Einmal haben die Hunde sogar etwas gefunden.

Kontakt und Information: www.bettwanzen-spuerhunde.de