Gerade in der jungen Generation sind Pizza, Pasta, Döner oder auch Burger als Snacks und Fast-Food-Gerichte weit beliebter als die typisch deutschen Gerichte.
Currywurst verliert gegen DönerInternationale Küche wird zunehmend beliebter als deutsche Klassiker
In vielen deutschen Familien gibt es die Geschichte vom Opa oder Ur-Opa, der als echtes Fleisch nur Schweineschnitzel akzeptierte. Der als Beilage auf Kartoffeln schwor und Nudeln oder Reis für Teufelszeug hielt. Eine neue Yougov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur zeigt, dass bei den Jüngeren in Deutschland ein Sinneswandel stattgefunden hat und beispielsweise die Liebe zur Currywurst oder Bratwurst verloren geht.
In der jungen Generation sind Pizza, Pasta, Döner oder auch Burger als Snacks und Fast-Food-Gerichte weit beliebter als die früher typisch deutschen Schweinefleischwaren. Während bei den Leuten über 55 noch das deutsche Lokal mit gutbürgerlicher Küche beim Essengehen erste Wahl ist (mit 32 Prozent weit vor italienischer Küche mit 21 Prozent), liegt bei jüngeren Erwachsenen längst die italienische Küche mit Abstand vorne.
Offenheit für internationale Küche nach dem zweiten Weltkrieg
Deutschland war lange Zeit das Land der Mehlschwitzengerichte und „Plumpsküche deutscher Hausfrauen“, wie es einst der Gourmet und Gastrokritiker Wolfram Siebeck (1928-2016) verächtlich formulierte. Und viele Jahrzehnte war eine Mehrheit der Deutschen - völlig verzogen vom Nationalismus - internationaler Küche gegenüber geradezu feindlich eingestellt. Ausländische Restaurants wurden hierzulande sehr skeptisch beäugt. Nach dem Zweiten Weltkrieg eröffneten in der Bundesrepublik dann erste Balkangrills, die ehemalige Zwangsarbeiter eröffneten, die im Land blieben, oder Flüchtlinge aus dem kommunistisch-autokratischen Jugoslawien von Josip Broz Tito.
In Ost-Berlin als Schaufenster der DDR gab es ab den 50ern sechs Nationalitätenrestaurants, allen voran das „Budapest“, in dem zum Beispiel „Hatsizinszelet Udparmestermod“ (Rumpsteak nach Hofmeisterart) serviert wurde. Weitere Bruderstaatenlokale hießen „Warschau“, „Bukarest“, „Moskau“, „Sofia“ und „Café Praha“. In Westdeutschland etablierten sich ab den 50er Jahren die ersten Italiener, sie stillten die enorme Sehnsucht nach dem Süden und brachten deutschen Zungen langsam Pizza und Pasta näher.
Griechische und türkische Restaurants ab den 60er Jahren
Das Dolce Vita blieb vielen Deutschen dennoch erstmal verdächtig - ebenso wie Spaghetti, Meeresfrüchte, Crème fraîche oder Espresso. Ab den 60ern und 70ern kamen in der Restaurantlandschaft Griechen und Türken hinzu. Kurz: Die sogenannten Gastarbeiter brachten auch ihr Essen und ihren (oft besseren) Geschmack in die Bundesrepublik mit. Ab den 60er Jahren waren außerdem Chinarestaurants die erste außereuropäische Gastronomie, die Fuß fassen konnte und nun boomt anders als noch in der Zwischenkriegszeit, als sie etwa in Berlin als Exotik pur gesehen wurde.
Ab den 80ern - und verstärkt in den 90ern und nach der Jahrtausendwende - boomten dann zum Beispiel auch Japaner und Inder, zunehmend auch Thais und Vietnamesen. Parallel zur Etablierung französisch inspirierter Gourmetküche mit ersten Michelin-Sterne-Lokalen wie dem „Tantris“ in München, breitete sich in der Bundesrepublik ab den 70ern auch US-Fast-Food aus. Die erste deutsche McDonald's-Filiale machte 1971 in München auf. Ab Mitte der 70er setzten sich zudem von Berlin aus Döner-Imbisse durch und machten althergebrachten Wurstbuden Konkurrenz.
In den letzten Jahren - nicht zuletzt wieder durch Fluchtbewegungen - eröffneten vermehrt Syrer, Araber und Georgier in Deutschland Restaurants. Falafel, Hummus und Co. sind populärer geworden. Afrikanische Restaurants etwa mit der Küche Ghanas oder Äthiopiens sind dagegen bis heute noch selten in Deutschland. Fragt man in Deutschland repräsentativ alle Erwachsenen, welche Richtung ihnen beim Essengehen am meisten zusagt, siegt wegen der bevölkerungstechnisch dominanten Gruppe der über 55-Jährigen nach wie vor „deutsche/gutbürgerliche Küche“ (26 Prozent) - und zwar vor der italienischen (20 Prozent), griechischen (13) und chinesischen (12). (dpa)