Europäische FachhochschuleSie wohnen in Brühl und leben in Köln

Zusammen mit 32 anderen jungen Leuten studiert Bodes in Brühl. Das Studium ist dual ausgerichtet: Auf drei Monate Theorie folgen drei Monate Praxis in einem Unternehmen - deutschlandweit.
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Brühl – Eric Bodes sieht aus wie ein typischer Student der Betriebswirtschaftslehre: Hemd, ein ordentlich gebundener roter Schal, gerade geschnittene Jeans. Bodes studiert Handelsmanagement. Was nicht dazu passt: grobe, dunkelbraune Lederboots, Karomuster im geöffneten Hemd, Wuschelhaare. Da sieht er eher aus wie ein Schuljunge.
Was auch nicht zum typischen Studenten passt: Eric Bodes steht mit einem Fuß in der Arbeitswelt und mit dem anderen im Hörsaal. Er macht ein duales Studium an der Europäischen Fachhochschule (EUFH) in Brühl. Auf drei Monate Theorie an der Uni folgen drei Monate Praxis in einem Unternehmen – auch deutschlandweit.
Gut aufs Berufsleben vorbereitet
Bodes, 19 Jahre alt und im ersten Semester, arbeitet in der Marketingabteilung der Fachhochschule. „Es ist mir wichtig, dass ich bestmöglich auf das Berufsleben vorbereitet werde. Die Unternehmen suchen Leute, die jung sind und schon Praxiserfahrung haben“, sagt er mit fester Stimme.
Er strebt eine Führungsposition in einem Unternehmen der freien Wirtschaft an. Seine Lieblingsfrage im Unterricht: „Ist das klausurrelevant?“ Auch seine Hausarbeit zu den „Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens“ hat er bereits abgegeben. Vor und während des Seminars im Hörsaal Ungarn an der Comesstraße hilft er den anderen jetzt dabei, ihre Dokumente zu formatieren.
Vor Bodes erstreckt sich ein Meer an Laptops, jeder im Hörsaal ist drahtlos im Internet, hat die Powerpoint-Folien, die der Professor an die Wand wirft, längst heruntergeladen. Aber auf den Bildschirmen ist immer wieder ein Autorennspiel oder Facebook zu sehen. Es wird gemurmelt und gequatscht. „Mal sehen, wer heute wieder nach dem Armani-Parfüm riecht“, lästern Eric Bodes und ein Kumpel mit Blick auf die vier Reihen vor ihnen, die ausschließlich mit Mädchen besetzt sind, die elf Jungen haben sich auf die hinteren beiden Reihen verteilt. Während des Seminars lädt Eric Bodes alle 33 Leute im Kursus via Facebook zu seinem 20. Geburtstag ein. Gefeiert wird in einem Kölner Club.
Vorfreude auf den Sommer
Bodes wohnt, studiert und arbeitet in Brühl. Aber er lebt in Köln. „Hier in Brühl kann man jetzt im Winter einfach nicht soviel machen“, sagt er. „Aber wenn das Wetter wieder besser ist, kann man hier bestimmt super in den Seen schwimmen gehen oder sich im Schlosspark sonnen.“ Auch auf den Campus in der Kaiserstraße freut er sich. Der liegt in einer schmucken, alten Villa, mit Parkanlage, einem Volleyball-Feld, Grill-Stationen zum Ausleihen und einem „grünen Campus“ – einer Sitzecke, in der die Dozenten im Sommer ihre Vorlesungen draußen abhalten können.
Eric Bodes wohnt zusammen mit zwei Kommilitoninnen in Brühl-Süd. Die Wohnung ist drei Minuten von der Bahnhaltestelle weg, liegt in einem ruhigen Wohngebiet, ist groß, mit drei Zimmern, zwei Bädern, einem Balkon. Um die Ecke gibt es einen Supermarkt und einen Discounter.
Von Brühl nach ganz Deutschland
Erics Mitbewohnerin Nina Kneer hat sich ein typisches Mädchenzimmer eingerichtet: Hohes Bett, kleine Sitzecke, pinke Vorhänge. Mulmig wird der Handelsmanagement-Studentin, wenn sie daran denkt, dass ab Januar, ein fremder Kommilitone in ihrem Zimmer wohnen wird. Die 19-Jährige arbeitet für das Unternehmen ECE, das deutschlandweit große Einkaufszentren baut, und wird in jedem Praxissemester an einem neuen Standort eingesetzt. Von Januar bis März übernimmt ein anderer EUFH-Student ihr Zimmer, danach zieht sie wieder zurück nach Brühl. Finanziell gesehen sind diese Wechsel-Wohngemeinschaften eine günstige Lösung.
Vor dem Studium hat Nina Kneer einen Kredit aufgenommen. Doch sie hat Glück – ihr Unternehmen zahlt – wie viele andere – die 650 Euro Studiengebühren monatlich. Und auf Ninas Kneers Konto läuft Gehalt ein, auch wenn sie nur für die Uni büffelt. Wenn alles gut läuft, möchte ECE Nina Kneer nach dem Studium in einer leitenden Position einsetzen.
Die Europäische Fachhochschule (EUFH) hat Standorte in Brühl, Neuss und Rostock. In Brühl gibt es ein Gebäude an der Comesstraße, das andere an der Kaiserstraße.
2001 wurde der Standort Brühl gegründet, begonnen wurde mit 14 Studenten, mittlerweile sind es rund 1100, Tendenz steigend.
Die EUFH bietet sechs Bachelorstudiengänge aus dem Bereich Betriebswirtschaft an, etwa Handelsmanagement, Logistikmanagement oder Wirtschaftsinformatik. Die Studenten absolvieren verpflichtend ein Auslandssemester.
Alle Studiengänge sind dual ausgerichtet, das heißt Theoriesemester an der Uni wechseln sich mit Praxisphasen in Unternehmen ab. Die EUFH kooperierte mit rund 600 Unternehmen deutschlandweit.
Die EUFH ist eine private Hochschule. Die Studiengebühren belaufen sich monatlich auf 650 Euro. (as)
Zum feiern nach Köln
In Erics Bodes Zimmer hingegen liegen ein paar Klamotten herum, sonst ist alles ordentlich, der Wasserhahn im Gästeklo glänzt, die WG-Küche ist einladend. Bodes kocht hier selten, stattdessen isst er in der Mensa am Campus Kaiserstraße – „da gibt es echt gute Hausmannskost“ – oder in einer der diversen Dönerbuden in der Innenstadt. In einer Kneipe war er in Brühl noch nicht. Stattdessen gab es schon mehrere Partys in der Brühler Studenten-WG – denn für so viele Gäste sind die Zimmer der Kommilitonen in Köln viel zu klein. Allerdings: Irgendwann geht es im Laufe der Nacht weiter nach Köln. „Hier in Brühl gibt es einfach keinen Club und von Köln aus kommen alle gut nach Hause.“ Trotzdem ist Bodes froh, in Brühl zu wohnen. Wegen der günstigen Mietpreise und der „ruhigen Atmosphäre“. Er mag das historische Schloss, die Altstadt, den Markt.
Insgesamt kooperiert die Hochschule mit rund 600 Unternehmen, 60 davon sind im Rhein-Erft-Kreis ansässig, zehn in Brühl. „Meist werden die Studenten direkt nach dem Studium übernommen“, erklärt Renate Kraft, Pressesprecherin der EUFH. Eric Bodes will nach dem Studium nicht in seinem Unternehmen, der Marketingabteilung der Brühler Uni, bleiben. So viel weiß er, denn der 19-Jährige will ja in eine Führungsposition. Alles andere ist noch offen.