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Finanzberatung für Frauen„Darum müsste ich mich dringend einmal kümmern“

Lesezeit 5 Minuten
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Eine Frau studiert Finanztipps für Frauen im Internet. 

Köln – Viele Frauen verdienen weniger als Männer. Eine Folge: Im Alter müssen sie mit einer niedrigeren Rente rechnen. Umso wichtiger wäre es, sich frühzeitig um eine private finanzielle Vorsorge zu kümmern. Kein Lieblingsthema unserer Autorin.

Ja, ich bekenne: Ich bin 43 Jahre alt und habe mich nie so richtig um meine Finanzen gekümmert. Ich zahle in die gesetzliche Rentenversicherung ein, habe eine betriebliche Altersvorsorge, spare ein bisschen und da ist noch ein Aktienfonds, den meine Mutter mal für mich abgeschlossen hat. Aber was dabei herauskommt: keine Ahnung. Meine Unwissenheit ist mir so peinlich, dass ich das Thema in der Regel ausblende, nur mit meinen engsten Freundinnen darüber spreche. Denn in allen anderen Lebenslagen bin ich emanzipiert. Doch beim Thema Geld komme ich mir unwissend und schlimmer noch: unselbständig vor. Dabei weiß ich, ich müsste mich dringend darum kümmern.

Frauen haben nur halb so viel Rente wie Männer

Denn Frauen haben im Alter durchschnittlich rund halb so viel Rente zur Verfügung wie Männer. Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung bekamen Männer im Jahr 2015 im Schnitt 1154 Euro pro Monat aus der gesetzlichen Rente, Frauen nur 634 Euro. Auch bei Betriebsrenten und privaten Rentenversicherungen haben Frauen oft das Nachsehen. Als Gründe nennt die Studie: Frauen waren häufiger nicht berufstätig und würden öfter in Teilzeit arbeiten. Zudem unterbrechen Frauen ihre Erwerbsarbeit eher wegen Kindererziehung und Pflege – und im Schnitt verdienen Frauen auch weniger als Männer.

Mit dem Verdrängen dieser Fakten bin ich nicht allein. Das weiß ich aus den Gesprächen mit den Freundinnen. Und das verrät mir auch ein Blick ins Netz – meiner ersten Anlaufstelle, um mich mit dem Thema Geld endlich auseinanderzusetzen. Wer „Frauen und Finanzen“ googelt, stößt gleich auf mehrere Finanz-Blogs. Dass sie von Frauen für Frauen sind, wird schon durch den Namen klar: „Madame Moneypenny“, „Geldfrau“, „Hermoney“, „Finanzheldinnen“. Die Ansprache ist persönlich, vielfach wird geduzt und überall fast mantraartig beschwört: Kümmert euch um euer Geld! Macht euch unabhängig! Ihr könnt das! Und: Wir helfen euch dabei.

Finanztipps für Frauen im Netz – willkommen im Klischee

Der Gründungsmythos vieler dieser Blogs basiert auf einem Schreckensszenario: Frau will sich mit ihren Finanzen auseinandersetzen, findet sich im Büro eines Finanzmaklers mit roter Krawatte und schlechtem Kaffee wieder und unterschreibt am Ende einen ungelesenen Vertrag, den sie nicht verstanden hat – Hauptsache, das Grauen hat schnell ein Ende. Ein paar Jahre später stellt sie fest: Die private Rentenversicherung hat mehrere tausend Euro Gebühren gekostet und ist wenig ertragreich.

Natascha Wegelin alias „Madame Moneypenny“ erzählt von diesem Erweckungsmoment in ihrem Buch „Wie Frauen ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen können“. Wie ihr Blog soll es Frauen den Einstieg in die Finanzwelt erleichtern. Wegelin wählt dafür die Schilderung eines Grillnachmittags in der Heimat, bei dem sie Eltern, Schwester und deren Freund die Basics der Finanzplanung auf Servietten erklärt. Und gliedert das Buch passend dazu: „Schnippeln und Versicherungen“, „Tischdeko und Haushaltsbuch“, „Futtern und Aktien“. Witzige Blog-Namen und Küchen-Metaphern – willkommen im Klischee.

Frauen wollen alles ganz genau wissen

Einen Tipp aus dem Buch beherzige ich aber und suche mir Unterstützung von einer unabhängigen Finanzberaterin. Auch hier gibt es Angebote von Frauen die sich gezielt an Frauen richten. Das älteste Büro ist der Frauenfinanzdienst in Köln, gegründet 1986 von Heide Härtel-Herrmann. Ihre Initialzündung vor über 30 Jahren: Es gab kaum Angebote für Frauen. Die Finanzbranche hatte fast nur den alleinverdienenden Familienvater im Blick Blick – auch damals schon ein Auslaufmodell. Die Themen, mit denen Frauen in ihre Beratung kommen, sind vielfältig. Es geht um Rentenfragen, um berufliche Selbstständigkeit, um ein Konzept für die Vermögensgestaltung und um die Absicherung der Kinder. Auf jeden Fall haben Frauen in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel aufgeholt.

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Frauenfinanzberaterin Heide Härtel-Herrmann

Dennoch gehen sie immer noch zögerlich an das Thema Finanzen heran, sagt Härtel-Herrmann: „Frauen wollen einerseits alles genau wissen, brauchen aber häufig etwas länger, bevor sie sich entscheiden. Frauenfinanzberatung bedeutet deshalb auch, Geduld zu haben. Es hat sich herum gesprochen, dass alle Fragen erlaubt sind. Doofe gibt es jedenfalls nicht.“

Vor dem ersten Beratungsgespräch müssen neue Kundinnen erstmal selbst arbeiten: Unterlagen zusammensuchen und auflisten, was sie schon haben – Versicherungen, betriebliche Altersvorsorge, Fondssparplan, etc. Darüber hinaus brauchen die Frauen auch eine konkrete Fragestellung: „Wir sind nicht dafür da, Akten zu sortieren und Ordnung zu schaffen. Es geht vielmehr um einen Plan für die Finanzen und für die Rente, der individuell passen muss“, so Härtel-Herrmann.

Frauen brauchen ein Finanzprodukt, das wenig Arbeit macht

Im Beratungsgespräch stellt die Diplom-Ökonomin viele Fragen: „Wofür wollen Sie Geld anlegen? Wann wollen Sie in Rente gehen? Wollen Sie alles anlegen oder brauchen Sie noch einen Teil als Reserve?“ und arbeitet sich so Stück für Stück zum passenden Finanzprodukt, das sie auf Wunsch auch vermittelt und betreut: So muss die Kundin sich nicht nach der Beratung noch einmal auf den Weg machen. „Denn Frauen haben fast alle gemeinsam, sie brauchen etwas, was wenig Arbeit macht und dennoch verständlich ist.“

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Frauen, die in einer Partnerschaft leben und für die Betreuung der Kinder weniger arbeiten, rät Härtel-Herrmann außerdem zur Regelung einer Ausgleichszahlung. Den Klassiker rechnet sie so vor: Eine gut bezahlte Wirtschaftspsychologin verdient in Vollzeit 4000 Euro brutto im Monat. Bei einem Rentenversicherungsbeitrag von 18,6 Prozent zahlen sie und ihr Arbeitgeber zusammen 744 Euro in die gesetzliche Rentenversicherung. Nach drei Jahren Elternzeit geht sie auf eine halbe Stelle und erhält nur noch 2000 Euro, auch die Zahlung in die Rentenversicherung halbiert sich. Diese Differenz muss ausgeglichen werden. Arbeitet sie weniger als ihr Mann, müsse er ihr 372 Euro jeden Monat zahlen. „Am besten als monatlicher Dauerauftrag direkt in einen Sparplan. Das ist fair.“

Frauen, die sich um ihr Geld kümmern, nehmen damit auch ihr Leben in die Hand, sagt Natascha Wegelin. Es klingt ein bisschen pathetisch, aber es stimmt: Der erste Schritt, die Auseinandersetzung mit den Fakten, ist der schwerste, denn den muss jede Frau selbst gehen. Ab da gibt es Hilfe und jede Menge geduldiger Frauen, die zuhören.