Unterkunft, Geld, SprachkursSo kommen ukrainische Geflüchtete an Sozialleistungen
Berlin – Wo kann ich wohnen? Kann ich zum Arzt gehen? Worauf habe ich Anspruch und wie erhalte ich welche Sozialleistungen? Wer aus der Ukraine geflüchtet und in Deutschland angekommen ist, stellt sich viele Fragen. Schon allein der Einkauf von Lebensmitteln ist schwierig: Mit ihrer einheimischen Währung können ukrainische Geflüchtete hierzulande wenig anfangen, da sie weder mit Hrywnja bezahlen können, noch sind die Wechselaussichten gegen Euros rosig. Welchen Anspruch auf Sozial- und sonstige Unterstützungsleistungen Geflüchtete haben: Ein Überblick.
Geld und Grundsätzliches
Ganz grundsätzlich gilt: Für Geflüchtete wird vieles einfacher, wenn sie sich als Kriegsgeflüchtete registrieren. Denn erst damit haben sie Anspruch auf die Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes, kurz AsylbLG. Darunter fallen Unterkunft, Kleidung, medizinische Versorgung und Sprachkurse. Eine Registrierung ist in aller Regel bei den Ausländerbehörden oder in den Aufnahmeeinrichtungen möglich. Anschließend erhalten Geflüchtete eine Bescheinigung, die sie beim zuständigen Sozialamt vorlegen können, um ihre Ansprüche geltend zu machen. In der Regel ist das Sozialamt der Kommune zuständig, in der die Geflüchteten bleiben wollen. Wie hoch die Beträge im Einzelfall ausfallen, berechnet das Amt. Eine deutsche Bankverbindung braucht es dafür nicht zwingend. Nach BAMF-Angaben können Leistungen auch als Sachleistung erbracht werden, zum Beispiel durch Bereitstellung einer Unterkunft oder Kleidung. Die Auszahlung von Sozialleistungen kann aber auch in bar oder per Barscheck erfolgen.
Ukrainische Geflüchtete können in Deutschland aber problemlos ein Konto bei jeder beliebigen Bank eröffnen. Und zwar ein sogenanntes Basiskonto. Das bietet grundsätzlich dieselben Möglichkeiten wie ein Girokonto. Wichtiger Unterschied: Den Antrag auf ein Basiskonto dürfen Banken nur aus gutem Grund ablehnen, zum Beispiel wenn notwendige Antragsdokumente fehlen. Für die Kontoeröffnung genügt die Angabe einer postalischen Anschrift. Hier reicht es aus, über Angehörige, Freunde oder eine Beratungsstelle erreichbar zu sein. Ein eigener Wohnsitz ist nicht erforderlich. Antragstellende müssen sich für die Eröffnung zudem mit einem in Deutschland anerkannten Dokument ausweisen, wie einem Reisepass oder einer ID-Card.
Unterkunft
Wer an einem deutschen Bahnhof ankommt und nicht privat unterkommt, sollte sich direkt bei der Erstaufnahmeeinrichtung melden oder einen Bundespolizeibeamten oder eine Bundespolizeibeamtin ansprechen. Dies gilt als Schutzersuch und stößt einen Automatismus an, der weitere Schutzleistungen ermöglicht. An welchem Ort Geflüchtete im Anschluss unterkommen, wird laut BAMF anhand des Königsteiner Schlüssels entschieden. Der regelt, wie Asylsuchende auf die jeweiligen Bundesländer verteilt werden. Heißt: Werden Schutzsuchende nach ihrer Ankunft etwa in einer Berliner Landeseinrichtung untergebracht, werden sie anschließend auf kommunale Einrichtungen verteilt - auch in einem anderen Bundesland.
Finden Geflüchtete nach ihrer Ankunft zunächst privat eine Bleibe, können sie vor Ort bei der Ausländerbehörde einen Antrag auf eine Wohnung stellen. Meist liegt diese dann in der Nähe der ersten Unterkunft. Allerdings sollten sich ukrainische Geflüchtete zeitnah bei der Behörde melden, denn nur so weiß der Staat von ihrer Hilfsbedürftigkeit. Grundsätzlich ist ein Aufenthalt bis zu 90 Tagen ohne Visum im Schengenraum möglich.
Laut ProAsyl haben Kriegsgeflüchtete durch eine Übergangslösung etwas mehr Zeit und können bis zum 23. Mai ohne Aufenthaltstitel legal in Deutschland leben. Und: Egal, wie lange sie in Deutschland Schutz suchen, es ist sinnvoll, einen Antrag auf eine Unterkunft zu stellen.
Zusätzlich gibt es deutschlandweit viele private Wohnungsangebote, die beispielsweise Organisationen wie „Unterkunft Ukraine“, „Zusammenleben Willkommen“ oder „shelter4ua.com“ vermitteln. Auf der Seite des Bundesinnenministeriums germany4ukraine sind zudem die wichtigsten Fragen und Antworten aufgelistet.
Kleidung
Auch die Versorgung mit Kleidung und Geld steht gemeldeten Kriegsgeflüchteten zu. Zuständig ist das jeweilige Sozialamt. Entscheidend ist, wo der Antrag gestellt wird: Lassen sich Geflüchtete bei einer Landesaufnahmeeinrichtung registrieren, werden sie meist direkt vor Ort mit Kleidung und Essen versorgt. Gleichzeitig wird in der Regel automatisch der Antrag auf eine Aufenthaltsgewährung gestellt. Geflüchtete können den Antrag aber ebenso bei der Kommune stellen, in der sie eine Wohnung gefunden haben. Die Adressen der jeweiligen Ausländerämter sind auf der Website des BAMF aufgelistet.
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Nicht nur von offizieller Seite, sondern auch dank zahlreicher privater Sachspenden können Geflüchtete kostenlose Kleiderspenden über Hilfseinrichtungen und Sozialkaufhäuser beziehen. Beispielsweise befindet sich im ehemaligen Flughafen Tegel ein zentrales Spendenlager, zu finden unter der Website „Spendenbrücke Ukraine“ Einen grundsätzlichen Überblick über staatliche Hilfsleistungen bietet die Informationsplattform „handbook Germany“.
Arztbesuche
Geflüchtete aus der Ukraine haben laut Bundesgesundheitsministerium Anspruch auf kostenlose medizinische Versorgung. Dazu gehören neben Arztbesuchen bei akuten Beschwerden auch Vorsorgeuntersuchungen, etwa in der Schwangerschaft. Arzneimittel und Impfungen sind ebenfalls abgedeckt. Voraussetzung dafür ist aber, dass Geflüchtete in der Arztpraxis einen Behandlungsschein vorlegen können. Darauf weist auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung hin. Dieses Dokument können sich Geflüchtete nach der Registrierung vom zuständigen Amt - meist dem Sozialamt - in ihrer Kommune ausstellen lassen. In insgesamt neun Bundesländern können Geflüchtete statt des Scheins auch direkt eine elektronische Gesundheitskarte (eGK) bekommen.
Haben Geflüchtete diese Papiere (noch) nicht, wird es komplizierter medizinische Versorgung kostenlos zu bekommen. Ausgenommen sind hier medizinische Notfälle: Wer etwa aufgrund eines Herzinfarktes oder eines Unfalls ins Krankenhaus muss, muss sich keine Sorgen machen, auf den Kosten sitzenzubleiben. Zudem gibt es laut der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin rund 700 Arztpraxen in der Hauptstadt, die Geflüchteten ganz unabhängig vom Aufenthaltsstatus kostenlos medizinische und auch psychologische Hilfe anbieten. Nicht zu lange zögern sollten Krebskranke, damit ihre Behandlung möglich rasch fortgesetzt werden kann. Der Krebsinformationsdienst bietet Betroffenen Beratung per Mail auf Ukrainisch und Englisch an (krebsinformationsdienst@dkfz.de).
Unterricht und Sprachkurse
Unabhängig davon, wie lange ukrainische Kriegsflüchtlinge in Deutschland bleiben möchten, haben sie Anspruch auf Integrationskurse, die das Bamf zur Verfügung stellt. Diese sollen nach Auskunft des Bundesinnenministeriums kostenfrei angeboten werden. Der Unterricht, der die deutsche Sprache vermittelt, Unterstützung bei Anträgen bietet und einen Einblick über die deutsche Geschichte, die Kultur und die Rechtsordnung gibt, ist aber nicht verpflichtend.
Und schulpflichtige Kinder? Es gibt bundesweit Bemühungen, Kindern so schnell wie möglich Unterricht zu ermöglichen. 2015 wurden vielerorts Willkommensklassen eingerichtet, um geflüchtete Kinder in das deutsche Schulsystem zu integrieren. Von diesen Strukturen können geflüchtete ukrainische Kinder profitieren. Verantwortlich sind die jeweiligen Kommunen und Schulbehörden.
Arbeit
Sobald ukrainische Geflüchtete eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis (Fiktionsbescheinigung) mit dem Eintrag „Erwerbstätigkeit erlaubt“ haben, dürfen sie laut BAMF angestellt oder selbstständig arbeiten. Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit schmälern die Höhe der Sozialleistungen. (dpa)