Menschen mit Öl- oder Gasheizung wollen sich schnell ein modernes Gerät kaufen, bevor die Auflagen angezogen werden. Ist das sinnvoll?
Ein Vorteil, zwei NachteileLohnt es sich, jetzt noch eine neue Öl- oder Gasheizung einzubauen?
Die Bundesregierung möchte das Ende von Öl- und Gasheizungen einläuten. Ab 2024 sollen strengere Auflagen für neu eingebaute Heizungen gelten. Daher versuchen im Moment viele, ihre alte Anlage noch schnell durch ein moderneres Öl- oder Gas-Gerät zu ersetzen. Aber lohnt sich das wirklich? Zwei Verbraucherschützer sagen nein – und empfehlen stattdessen, in die Dämmung zu investieren.
Dabei kann man in der Tat erst mal seine Energiekosten senken, wenn man seine alte Anlage für Öl oder Gas gegen moderne Brennwerttechnik tauscht. Zehn bis 15 Prozent Ersparnis sind laut Arian Freytag von der Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern möglich.
Außerdem sind laut dem Energieexperten diese Heizungsanlagen derzeit die günstigsten am Markt. Allerdings beobachtet Freytag steigende Preise aufgrund der hohen Nachfrage. Und: Förderung gibt es nur noch für klimafreundlichere Optionen.
Vorteil Heizungstausch: Infrastruktur ist vorhanden
Wer jetzt in Öl- und Gasheizungen investiert, hat vor allem einen großen Vorteil: Die notwendige Infrastruktur wie der Öltank oder der Anschluss an die Gasleitungen sind bereits vorhanden. Und man bekommt eine Technologie, mit der man vertraut ist. „Sie hat sich über Jahre bewährt, und der Mensch mag Vertrautes“, so Freytag.
Zudem kann ein Tausch – wenn man das Gerät und Handwerker bekommt – schnell gehen. Ein Nachrüsten kann aber auch nötig sein, etwa muss der Schornstein auf die niedrigeren Abgastemperaturen, die bei der Brennwerttechnik entstehen, ausgelegt sein.
Nachteil: Hohe Betriebskosten in der Zukunft
Trotzdem sagt Ramona Mittag von der Verbraucherzentrale NRW: „Ich kann guten Gewissens niemandem raten, jetzt noch eine Öl- oder Gasheizung einzubauen.“ Zum einen aufgrund der erwartbar weiter steigenden Kosten für die Energieträger. „Und Gas wird vermutlich massiv mit CO₂-Abgaben belegt werden – es ist einfach nicht absehbar, wie teuer das künftig werden wird“, sagt Mittag.
Auch über diesen weiteren Kostenfaktor muss man sich bewusst sein: Die Zahl der Gasheizungen in den Häusern wird sinken, aber die Kosten für die Infrastruktur bleiben. Die verbleibenden Anlagenbesitzer werden daher anteilig mehr bezahlen müssen. „Man kann hier sagen: Der letzte zahlt das Netz“, so Ramona Mittag.
Nachteil: Ist die Gas-Versorgung zukunftssicher?
Das zweite – gewichtige – Argument gegen eine neue Öl- und Gasheizung dürfte aber die Zukunftsfrage sein. Solche Anlagen laufen bislang üblicherweise 15 bis 25 Jahre in unseren Häusern, durchaus auch noch länger. Aber Regierungspläne sehen vor, dass bis 2035 kein reines Gas mehr durch die Leitungen kommen soll, sondern ein Gemisch etwa mit Biomethan oder auch Wasserstoff.
Selbst wenn sich diese Umstellung noch verzögern wird: „Mit neuen Anlagen wird man auf jeden Fall absehbar in eine Phase kommen, in der kein reines Gas mehr durch die Leitungen kommt“, sagt Mittag. Sicher sei man hier nicht mal mit einer H2-ready-Gasheizung, die künftig auch mit einem Gas-Gemisch mit bis zu 30 Prozent Wasserstoff betrieben werden könnte. „Ich kaufe hier nur ein Versprechen“, so die Fachreferentin für Versorgungssicherheit der Verbraucherzentrale NRW.
Ob in naher Zukunft überhaupt ausreichend Wasserstoff zur Verfügung stehen wird und ob Privathaushalte die neuen Energiemischungen erhalten können, sei unklar. Und selbst wenn: zu welchen Preisen? Mittag vermutet: „Das wird eher nicht günstiger sein.“
Beim Öl gibt es diese Infrastrukturfragen zwar nicht. Aber Deutschland möchte bis 2045 klimaneutral sein. „Ich denke, es werden für Besitzer von Ölheizungen daher zunehmend Kosten aufkommen, um sie von den Ölheizungen wegzubekommen“, sagt Arian Freytag, der Leiter des Bereichs Bauen, Wohnen, Energie der Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern ist. Außerdem sieht ein aktueller Gesetzesentwurf vor, dass Heizkessel nur noch bis Ende 2044 mit fossilen Brennstoffen betrieben werden sollen (Stand 11.5.).
Die Lösung: Nicht als Erstes an die Heizung denken
„Ich tue mich schwer, Vorteile für einen Austausch einer alten Öl- und Gasheizung gegen eine modernere zu nennen. Es wird Gebäude geben, in denen das Sinn macht – aber das muss man bei der individuellen Energieberatung klären“, lautet das Fazit von Ramona Mittag. „Ich rate daher allen, deren Anlage nicht kurz vor einer Havarie steht, erst mal die weiteren Entwicklungen abzuwarten.“
Und statt sich auf den Heizungstausch – ob Öl, Gas oder Wärmepumpe – zu stürzen, zunächst einen individuellen Sanierungsplan für die Immobilie erstellen zu lassen. Vor allem: Maßnahmen vorzuziehen, die den Energiebedarf des Gebäudes senken, so der Rat von Mittag und Freytag. So benötigt das Gebäude weniger Energie und der Haushalt hat dadurch langfristig geringere Betriebskosten.
Die wichtigste Maßnahme dazu dürfte bei vielen Gebäuden eine Dämmung sein, etwa der Hausfassade, des Daches und der Kellerdecke, sowie ein Fenstertausch. Für Arian Freytag ist die Dämmung „die allererste Maßnahme, noch bevor man an die Heizung denkt“. Vor allem auch, weil eine Heizung, die vor der Dämmung eingebaut wird, zu groß dimensioniert sein kann, wenn dann mal die Dämmung folgt. Die Anlage laufe dann weniger effizient. (dpa)