AboAbonnieren

Retten, mieten, Patenschaft3 Ideen für Hühnerfans zum Eier essen mit gutem Gewissen

Lesezeit 5 Minuten
IMG_7096_copyright Chicken on Tour

Miethühner sind auch beliebt bei Kindergärten und Grundschulen.

Die Antwort auf die Frage, wo eigentlich das Frühstücksei herkommt, gibt ein pink aufgedruckter Code aus Nummern und Zahlen auf der hellbraunen Schale. Beginnt er mit einer zwei, heißt das Bodenhaltung und das wiederum bedeutet: ein Quadratmeter für neun Hühner in einem Stall ohne Fenster. Bei Biohaltung sind es sechs Hühner pro Quadratmeter, die in ihrem kurzen Leben ab und zu auf ein Stück Wiese dürfen. Statt akribisch Quadratmeterzahlen nachzulesen, gibt es auch andere Wege, um sicherzustellen, dass ein Huhn artgerecht gehalten wird. Wir stellen drei Angebote vor.

Hühnerrettung

Locke_vorher_copyright Hilgers

Abgemagert: Henne Locke, als der Verein sie aufnahm.

Locke_nachher_copyright Hilgers

Locke aufgepäppelt und mit glänzendem Gefieder.

Beim Anruf erwischt man Kiki Hilgers im Vogelhäuschen, wo sie einer kranken Amsel gerade Futter hinstellt. Die Tierschützerin sagt: „Uns gruselt immer wieder, was wir in diesen Hühnerställen sehen.“ Oft nackte und kranke Schwächlinge, die sich in der Enge und dem Stress der riesigen Gruppen gegenseitig die Federn ausgepickt haben. Viele haben mehrfache Knochenbrüche, wenn Hilgers sie mit ihrem Verein Hühnerretter NRW abholt.

Seit Anfang letzten Jahres fährt der Verein alle ein bis zwei Monate zu verschiedenen Landwirten und holt die Tiere ab, bevor es der Schlachter tut. Die Hühner müssen normalerweise im Mastbetrieb sterben, weil sie nach etwa eineinhalb Lebensjahren nicht mehr genug Eier legen. Um die 300 Eier im Jahr muss ein Huhn legen, um für den Bauern rentabel zu sein. Zum Vergleich: Ein Wildhuhn in freier Natur legt 30 im Jahr.

Die geretteten Hühner gibt der Verein an Privatleute ab, die den Hühnern in ihrem Garten ein zweites Leben schenken wollen. Vorerfahrung bräuchte man nicht, sagt Hilgers, es werden nur die Tiere weitergegeben, die einigermaßen gesund sind. Sie können noch bis zu drei Jahre leben und legen auch noch regelmäßig Eier. „Die meisten sind sehr zahm und zutraulich“, wirbt Hilgers für ihre geretteten Tiere. Sie selbst wollte vier für ihren Hof – und hat mittlerweile 25. „Die machen süchtig.“ Hilgers behält meist die schweren Fälle und bewundert immer wieder den riesigen Überlebenswillen des Federviehs. „Es ist unglaublich zu beobachten, wie sie sich entwickeln.“

Auf der Internetseite informiert der Verein regelmäßig über Rettungsaktionen. Auch in Köln können gerettete Hühner abgeholt werden. Alleine im Juni suchen 800 Hühner ein neues Zuhause.

Huehnerrettung.de

Chicken on tour

IMG_7039_copyright Chicken on Tour

Mitsamt Stall ziehen die Leihhühner für vier bis sechs Wochen ein.

Wer nicht kaufen will, der mietet: Wohnungen, Autos oder Hühner. Für Menschen, die gerne Hühner hätten, sich aber nicht sicher sind, ob sie nicht doch zu viel Dreck und Arbeit machen, hat Tjomme Feige aus Ratingen die Lösung erfunden. Er vermietet Hühner, mittlerweile 50 Hennengruppen mit jeweils fünf Tieren. Die einzige Voraussetzung ist eine freie Rasenfläche mit mindestens 25 Quadratmetern, auf denen die Hühner scharren und picken können. Ansonsten bringen die Hühner alles mit, sagt der Landwirt. Sie ziehen mitsamt Stall, Weidezaun, Futter- und Wasserautomaten für vier bis sechs Wochen ein.

Vier Wochen alles inklusive kosten etwa 400 Euro. Wer die Hühner nicht in Ratingen abholen kann, kann sie gegen Aufpreis auch in den heimischen Garten liefern lassen. Da die Hennen immer in derselben Gruppe und im gleichen Haus umherziehen, bräuchten sie keine lange Eingewöhnungszeit. „Uns ist ganz wichtig, dass die Ortswechsel für die Hühner keinen Stress bedeuten“, sagt Feige. Wenn sie im neuen Zuhause auf Zeit gleich Eier legen, sei das ein gutes Zeichen. Und nach ein paar Tagen seien sie meist zutraulich und picken die Körner aus der Hand.

Viele seiner Mieter entscheiden sich später dann dafür, sich selbst Tiere anzuschaffen. Ein Teil der Hennen lebt regelmäßig zur Miete in Kindergärten und Schulen, um Kindern ein Bewusstsein für Natur und Tiere zu vermitteln. Trotz der Corona-Krise sei das Interesse groß. „Mit unseren Hühnern kann man den Kindern etwas besonders bieten.“

Wer Hühner mieten will, muss sich mit zwei Monaten Vorlauf bei Chicken on Tour melden. Die Saison geht bis Oktober.Chickenontour.de

Hühnerpatenschaften

Hühnerbauer Jürgen Roußelli_Foto Sarah Mund (freie)

Hühnerbauer Jürgen Roußelli vergibt Patenschaften.

Wer keinen Garten und somit weder Platz für gerettete noch gemietete Hühner hat, kann Hühnerpate werden. Beim selbst ernannten Kölner Biobauer Jürgen Roußelli auf dem Hühnerhof in Köln-Poll leben etwa 270 Hennen, für die so eine Patenschaft eine Art Rente ist. „Wir schlachten nicht, sondern warten, bis das Huhn tot umfällt“, erklärt Roußelli. Heißt: Die Hühner-Rentnerinnen dürfen weiter glücklich picken, auch wenn sie nur noch ein Ei pro Woche legen. Der Pate übernimmt die Haltungs- und Futterkosten für ein Tier und bekommt dafür ein Jahr lang je nach Preisstufe 10, 60 oder 100 „köstliche Eier in feinster Bio-Qualität“, wie Roußelli sagt.

Das könnte Sie auch interessieren:

In Nicht-Pandemie-Zeiten veranstaltet der Bauer dann in kleinen Gruppen regelmäßig Taufen, bei denen sich die neuen Paten ein Tier aussuchen, ihm einen Namen geben und viel über sein Hühnerleben lernen. „Es gibt zu Hühnern so viel zu sagen“, sagt der Biobauer: Bio-Hühner sind meistens braun, weil die Rassen nicht über den Zaun fliegen können. Der Hahn befruchtet nicht nur die Eier, sondern befriedet die Hühnergruppe auch. Alte Hühner sind länger in der Mauser – dem alljährlichen Federwechsel –, weshalb Spaziergänger ihn öfter fragen, warum seine Hühner so gerupft und gar nicht Bio-Huhn-glücklich aussehen. Dabei gibt es bei ihm ausreichend Auslauf, ökologisches Futter. Schnäbel oder Flügel werden nicht gestutzt, wie in der konventionellen Haltung.

Die Nachfrage nach Hühnerpatenschaften sei riesig. Roußelli will aber nicht jedem Huhn einen Paten verpassen, weil er sonst den Kunden in seinem Hofladen gar keine Eier mehr anbieten könnte. Generell müssen Eier bei ihm vorbestellt werden. Warum sind Roußellis Hühnereier so begehrt? „Unser Hof ist offen und wir arbeiten sehr transparent. Deshalb vertrauen die Menschen uns, dass es Hühnern gut geht.“ Auf seiner Internetseite informiert der Hof, wenn es neue Hühnerpatenschaften zu vergeben gibt.

www.koelner-bio-bauer.de/hof/huehnerhof