Recht und OrdnungDarf ich auf meinem Grundstück in einem Wohngebiet Bienen halten?
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In unserer Serie „Recht und Ordnung“ befassen wir uns mit juristischen Themen aller Art - und verschaffen Ihnen mehr Durchblick im Paragrafen-Dschungel.
Dafür befassen sich eine Staatsanwältin, ein Rechtsanwalt und eine Jura-Professorin in ihrer Kolumne regelmäßig mit einem konkreten Fall.
Diesmal klärt Rechtsanwalt Martin W. Huff die Frage, ob man einfach so Bienen halten darf – und was man dabei rechtlich beachten muss.
Köln – Das Imkern wird in unserer Zeit immer wichtiger. Die Zahl der Bienen ist stark zurückgegangen, und sowohl Honigfreunde als auch Naturschützer sind sehr froh, wenn Bienen gehalten werden.
Grundsätzlich dürfen Sie als Eigentümer Ihr Grundstück so nutzen, wie Sie es möchten, also auch Bienen zur Honiggewinnung halten. Allerdings dürfen Sie dabei Ihre Nachbarn nicht über das ortsübliche Maß hinaus beeinträchtigen. Grundlage für diese Regelung des Zusammenlebens ist eine Vorschrift im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Laut Paragraf 906 kann Ihnen der Eigentümer eines Grundstücks (also Ihr Nachbar) die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von Ihrem Grundstück ausgehende Einwirkungen verbieten, wenn dies die Benutzung seines Grundstücks wesentlich beeinträchtigt. Die Bienenhaltung gehört nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe zu den „ähnlichen Einwirkungen“, wie sie im BGB genannt sind.
Es gibt hier also kein generelles Verbot, sondern es muss eine Interessensabwägung stattfinden. Für die Bewertung einer etwaigen Beeinträchtigung Ihrer Nachbarn durch die Imkerei ist auf das „Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen“ abzustellen und nicht auf die individuelle Empfindsamkeit des Nachbarn. So haben es die Gerichte formuliert.
Eine Ausnahme könnte nur dann gelten, wenn aus gesundheitlichen Gründen Gefahren für die Nachbarn bestehen. Bei der Abwägung sind auch der Gebietscharakter (Lage der Grundstücke) sowie schützenswerte öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen. Den normalen Bienenflug müssen Nachbarn auf jeden Fall hinnehmen. Eine Grenze ist nur bei besonderen Belästigungen erreicht, also wenn zum Beispiel durch die Aufstellung der Bienenstöcke die Flugschneise für Tausende von Bienen direkt über das Grundstück eines Nachbarn verläuft oder seine Terrasse quasi Landeanflugzone zu den Bienenstöcken wird.
Die Umgebung sollte berücksichtigt werden
Zum Autor
Foto: Uwe Weiser
Martin W. Huff, geboren 1959 in Köln, ist seit 2008 Geschäftsführer und Pressesprecher der Rechtsanwaltskammer Köln. Er war lange Jahre Mitglied der Wirtschaftsredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Chefredakteur der Neuen Juristischen Wochenschrift, der größten Fachzeitschrift für Juristen. Er befasst sich als Rechtsanwalt in der Kanzlei LLR Rechtsanwälte intensiv mit dem Medienrecht und dem Recht der Freiberufler. Er ist zudem Mitglied der Expertenrunde Recht der Stiftung Warentest.
Zu berücksichtigen ist auch, wie die Gegend beschaffen ist, in der Sie Ihre Bienenstöcke aufstellen möchten. Eine ländliche Umgebung mit größeren Grundstücken ist dabei natürlich unproblematischer als eine enge Wohnbebauung, an der die Stöcke direkt an der Grundstücksgrenze zum Nachbarn stehen.
Aber noch einmal: Auch in einem Wohngebiet dürfen Sie sich der Imkerei widmen. Die „übliche Nutzung“ hat das Oberlandesgericht in Hamm vor kurzem ausdrücklich bestätigt. Denn, so formuliert es der Senat (Urteil vom 25.6.2020 – 24 U 109/19): „Die Bienenhaltung ist im Allgemeinen nicht nur aus Naturschutzgründen wünschenswert, sondern wegen der von ihnen erbrachten Bestäubungsleistung von Blütenpflanzen auch für die Agrarwirtschaft notwendig.“
Für Sie bedeutet dies: Sprechen Sie zuallererst mit einem erfahrenen Imker darüber, wo Sie Ihre Bienenstöcke am besten aufstellen, damit Ihre Nachbarn möglichst wenig beeinträchtigt werden. Und sprechen Sie auf jeden Fall auch mit Ihren Nachbarn. Wenn diese der Bienenhaltung zustimmen, können sie später nur unter besonderen Voraussetzungen Ansprüche geltend machen. Und Sie selbst können etwaige Besorgnisse schon im Vorfeld ausräumen.
Haben auch Sie eine Frage an unsere Experten? Schreiben Sie per Mail an: recht-und-ordnung@dumont.de oder per Post an: „Kölner Stadt-Anzeiger“, z.Hd. Joachim Frank, Stichwort „Recht und Ordnung“, Neven DuMont Haus, 50590 Köln.