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ImmobilienKaufen oder mieten – das rät ein Experte

Lesezeit 3 Minuten
Wohnungsschlüssel

Soll ich oder soll ich nicht? Diese Frage ist für Immobilieninteressenten nicht einfach zu beantworten. Auf jeden Fall sollten sie vorher gut rechnen.

„Kaufen in Nordrhein-Westfalen günstiger als Mieten“ – „Wohnungspreise in fast allen Berliner Bezirken gestiegen“ – „Markt in Hamburg stößt an Grenzen“: Wer die Schlagzeilen zum Wohnungsmarkt in deutschen Städten und Boom-Regionen liest, kommt ins Grübeln. Lohnt sich der Kauf einer Immobilie wirklich für mich? Soll ich das aktuelle Zinstief noch nutzen? Mit welchen finanziellen Belastungen muss ich als Käufer rechnen?

Solche Fragen beantwortet das Buch „Kaufen oder mieten?“ von Gerd Kommer, das beim Campus Verlag in einer Neuauflage erschienen ist. Im Ratgeber mahnt der Anlageprofi zur Skepsis – denn ein Angebot, das zu gut klinge, um wahr zu sein, habe meistens einen Haken: „Das Finanzrisiko von Wohnimmobilien ist größer, als uns Politiker, Banken, Finanzberater und die Immobilienbranche seit jeher vorgaukeln. Wer diese Risiken versteht und ihnen aufgeschlossen nachspürt, wird sie besser bewältigen als derjenige, der wie die meisten von uns nur den Kopf in den Sand steckt.“

Gerd Kommer

Gerd Kommer studierte BWL, Steuerrecht und Politikwissenschaft. Er ist in leitender Funktion im Firmenkundengeschäft eines Asset-Management-Unternehmens in London tätig.

Deswegen müssen Kaufinteressenten alle infrage kommenden Angebote gut prüfen und durchrechnen, und genau dabei will Kommer mit seinem Buch helfen. Gleich zu Beginn räumt er mit gängigen Mythen rund ums Thema „Kaufen versus Mieten“ auf, von denen wir vier vorstellen:

Mythos 1: Wer Miete zahlt, wirft Geld zum Fenster raus

Stimmt nicht. „Ob der Mieter oder der Eigenheimbesitzer nach zehn, 20 oder 30 Jahren vermögender dasteht, ist entgegen der landläufigen Meinung keineswegs von vorneherein klar. Bei korrekter Berechnung lag in Deutschland in den vergangenen viereinhalb Jahrzehnten überwiegend der Mieter vorn – und das oft mit erstaunlich großem Vorsprung“, so Gerd Kommer.

Mythos 2: Top-Lagen in attraktiven Städten werden immer gefragt sein

Nicht ganz. Entscheidend sei die Veränderung der Qualität der Lage, weiß Kommer. Und diese sei schwer zu bewerten. „So etwas lässt sich mit einer banalen Checkliste zu nahe gelegenen Einkaufsmöglichkeiten oder Kindergärten, wie sie in allen Ratgeberbüchern für Häuslebauer enthalten ist, gewiss nicht bewerkstelligen.“ Eine höhere Wertsteigerung von Wohnimmobilien in attraktiven Metropolen lasse sich durch langfristige Daten zudem nicht belegen. Generell gelte: „Attraktive Lage plus hohe Qualität bedeutet schlicht 'teuer einkaufen'. Teuer einkaufen heißt nicht zwangsläufig 'noch teurer verkaufen'.“

Weitere Immobilien-Mythen

Mythos 3: Immobilien eignen sich gut zur Altersvorsorge, denn wer als Ruheständler in einer schuldenfreien Immobilie wohnt, steht finanziell besser da als ein Miethaushalt

Diese Aussage sei falsch, wenn man kühl rechne, sagt Kommer: Beziehe man langfristige historische Daten mit ein und ziehe den Vergleich mit ähnlich risikoreichen Vermögensanlagen, führte der „Eigenheimbesitz in den vergangenen 46 Jahren in Deutschland typischerweise zu einem niedrigeren Endvermögen als relevante Kapitalmarktanlagen (Staatsanleihen und Aktien) auf simpler Buy-and-Hold-Basis (Kaufen-und-halten-Strategie).“ Andere Anlageformen können für die Altersvorsorge also durchaus zielführender sein als das Eigenheim.

Mythos 4: Ein Eigenheim schützt vor steigenden Mieten

„Stimmt zwar, aber wie wichtig ist dieser Schutz tatsächlich?“, fragt Kommer. Fakt sei: Der Anteil des Bruttoeinkommens, den der durchschnittliche Lohnempfänger für seine Miete aufwenden müsse, sei langfristig gefallen. „Den Kauf einer Wohnimmobilie damit zu begründen, dass man sich vor dem Risiko steigender Mieten schützen müsse, macht nur wenig mehr Sinn, als aus Angst vor zunehmenden Lebensmittelpreisen einen Bauernhof zu kaufen.“

Fazit: Ein sehr informatives und gehaltvolles Buch für Leser, die vor der Entscheidung stehen, eine Wohnimmobilie zu kaufen oder weiterhin Mieter zu bleiben. Vor allem die langfristige Betrachtungsweise des Autors Gerd Kommer dürfte für viele Verbraucher hilfreich sein. Super bequem zu lesen ist das Buch allerdings nicht, denn es enthält viele Fakten und Anlageempfehlungen. Der Leser bekommt die individuelle Lösung also nicht mal eben auf dem Silbertablett serviert. (gs)

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Kaufen oder Mieten

Ob man von der charmanten Stadtwohnung, dem schicken Loft oder dem Haus im Grünen träumt – der Kauf des Eigenheims sollte gut überlegt sein.

Gerd Kommer: Kaufen oder mieten? Wie Sie für sich die richtige Entscheidung treffen. Campus Verlag, 24,95 Euro.