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Kellnerin erzählt„Bei 30 Cent Trinkgeld sagen sie: 'Nicht alles auf einmal ausgeben'“

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Blöde Sprüche und dreiste Ansagen – für viele Angestellte in der Gastronomie ist das Alltag.

Köln – Im Restaurant essen zu gehen ist für die einen ganz alltäglich, für andere ist es ein absolutes Highlight. Gut schmecken soll es, aber auch der Service darf nicht zu kurz kommen – mit diesen Erwartungen sitzen die Gäste auf ihren Plätzen.

Dabei sind nicht alle immer freundlich, erzählt eine Restaurantfachfrau im Gespräch mit dieser Zeitung. Ihren Namen möchte sie lieber nicht öffentlich nennen, denn sie will dem Geschäft nicht schaden. Sie arbeitet mit Fach-Ausbildung seit sieben Jahren in ihrem Job, meistens sehr gerne. Doch die Gäste würden sich von Jahr zu Jahr schlimmer benehmen, klagt sie: „Ich mag meinen Job sehr, es ist ein schöner Beruf. Aber das vermiest mir echt oft den Arbeitsalltag.“

Schlechte Laune wird an den Kellnern ausgelassen

„Der Großteil der Leute, so ist meine Erfahrung, wird von Jahr zu Jahr unzufriedener und hat weniger Geld. Die Menschen lassen ihre schlechte Laune dann an den Service-Kräften aus. Dankbarkeit ist selten.“ erzählt die Restaurantfachfrau. „Ganz normale Höflichkeitsformen wie Danke und Bitte kennen die Menschen offenbar nicht mehr. Oftmals rasten die Gäste sogar regelrecht aus“, berichtet sie.

„Beim Chinesen gegenüber ist es aber günstiger!“

Die Gäste beschweren sich auch oft lauthals über die Preise auf der Karte. „Dann bekommt man sowas zu hören wie: ‚Beim Chinesen gegenüber ist es aber viel günstiger!’ Das finde ich schon sehr dreist. Wir haben keine übertriebenen Preise hier, nur sind die mit dem Mindestlohn etwas gestiegen – aber wir müssen doch auch von etwas leben!“

Freche Sprüche beim Trinkgeld-geben

Auch beim Thema Trinkgeld seien viele Gäste unverschämt: „Dann bekommt man gerade mal 30 Cent Trinkgeld und dann noch den Spruch hinterher: Aber nicht alles auf einmal ausgeben!“ Geschäftsleute, sagt die Kellnerin, würden hingegen meist gutes Trinkgeld geben.

Wenn es etwas umsonst gibt, werden die Leute frech

Ziemlich frech würden sich auch viele Gäste benehmen, wenn es um Gratis-Aktionen geht. „Bei uns gibt es oft ein Dessert aufs Haus. Manche sind so dreist und fragen bei der Bestellung schon, ob es auch dieses Mal ein Gratis-Dessert geben würde. Wenn ich mit „Ja“ antworte, sagen sie ganz offen: ‚Gut, dann müssen wir ja keins mehr bestellen’.“ Wenn das Gratis-Dessert mal nicht serviert wird, werden die Gäste oft ungehalten und beschweren sich, erzählt sie weiter. Das gleiche gilt für den Schnaps aufs Haus. „Wenn der nicht schnell genug kommt, fragen die Gäste immer schon danach.“

Bitte immer lächeln – sonst gibt’s Ärger

Natürlich gehört es zum guten Service, freundlich zu sein. Doch auch Kellner haben mal schlechte Tage. „Ich musste einmal vier Tage nach einer Weisheitszahn-OP wieder arbeiten. Ich hatte Schmerzen, außerdem war meine Mimik sehr steif durch die Operation. Da haben sich ein paar Frauen am Tisch bei mir beschwert: Ich könne doch auch mal lächeln. Die Gäste vergessen immer, dass wir auch nur Menschen sind.“

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„Können Sie das auch schöner machen?“

„Ich arbeite in einem traditionellen Haus, wir bieten Platz für Feierlichkeiten. Dementsprechend decken wir auch die Tische mit schönen Decken, Gläsern, Deko, alles was eben dazu gehört. Wir geben uns wirklich Mühe“, erzählt die junge Frau aus ihrem Berufsalltag. „Aber die Gäste haben immer etwas rumzumäkeln, einmal hat sogar jemand gefragt: ‚Können Sie das auch schöner machen?’ Manchen Menschen kann man es einfach nicht Recht machen.“

Miese Online-Bewertungen

Ein weiteres Problem: Viele Kunden lassen ihren Frust in Online-Bewertungen raus. Beschwerden zum Essen und zum Personal verewigen sie dann auf Empfehlungs-Portalen für die Gastronomie wie „Yelp“ oder „Trip-Advisor“. „Das kann total geschäftsschädigend sein, wenn sich Leute da über das Restaurant auslassen, nur weil sie ihren Willen nicht bekommen haben.“

Grapschende Männer

Die meisten Männer würden sich normalerweise benehmen, erzählt die junge Frau. „Doch gerade an Vatertag, wenn Gruppen da sind, ist es auch schon mal vorgekommen, dass ein Mann mir an den Hintern gegrapscht hat.“ Sie könne sich aber durchaus zur Wehr setzen, sagt sie selbstbewusst: „Da muss man klare Ansagen machen. Das hat bisher immer geholfen.“

Kinder machen, was sie wollen

Kinder sind in dem Restaurant, in dem sie arbeitet, herzlich willkommen, sagt die Kellnerin. Doch manche Eltern würden sich überhaupt nicht darum scheren, was die Kleinen so machen. Dann schmeißen sie Essen auf den Boden und treten es fest, reißen Blumen aus, klettern mit Schuhen auf die Polstermöbel oder rennen unbeaufsichtigt durch das Restaurant. „Wenn man die Eltern dann darauf aufmerksam macht, stößt man oft auf kein Verständnis – oder wird blöd angemacht.“ (chs)