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Über 1000 Sanierungsfälle in NRWWas genau bringt ein Tempolimit auf maroden Brücken?

Lesezeit 4 Minuten
Auf einem Schild stehen 50 als zulässige Höchstgeschwindigkeit, darunter ein Hinweis auf Brückenschäden.

Tempolimits auf Brücken haben nicht immer mit Baufälligkeit zu tun.

Bei maroden Brücken wird oft das Tempolimit gesenkt. Bringt das überhaupt etwas? Und was bedeutet das für die Zoobrücke?

Wer mit dem Auto durch Nordrhein-Westfalen fährt, erkennt oft schon früh, dass es bald über eine Brücke geht. Verengte Fahrspuren, Tempolimits und Gewichtskontrollen für LKW kündigen es an: Viele Brücken sind so marode, dass sie nur noch mit Einschränkungen befahren werden dürfen.

Zahlen des NRW-Verkehrsministeriums aus diesem Jahr zeigen das Ausmaß: Das Land selbst ist für Landes- und Bundesstraßen verantwortlich, allein hier müssen 205 Brücken erneuert, 22 verstärkt und 69 instandgesetzt werden. Hinzu kommen 873 Autobahnbrücken, die in Nordrhein-Westfalen als „besonders sanierungsbedürftig“ eingestuft werden. Hier ist der Bund verantwortlich.

Entlastung für marode Brücken: Tempolimits reduzieren Schwingungen

Nun lassen sich diese mehr als 1000 Brücken in Nordrhein-Westfalen nicht von heute auf morgen sanieren. „Um dennoch die Tragfähigkeit einer Brücke sicherzustellen, können sogenannte verkehrliche Kompensationsmaßnahmen zum Ausgleich der Defizite festgelegt werden“, teilt der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen NRW) auf Anfrage dieser Zeitung mit. Die Brücke soll also geschont werden, damit Schäden sich nicht weiter ausbreiten. Mit dem komplizierten Begriff der „verkehrlichen Kompensationsmaßnahme“ ist dann beispielsweise ein Tempolimit gemeint.

Fährt ein Fahrzeug über eine Brücke, sorgt dies für Schwingungen im Bauwerk. Je schneller und schwerer das Fahrzeug ist, desto größer die Schwingungen. Bedeutet also umgekehrt für das Tempolimit: Fährt ein Auto mit 60 statt 100 Kilometern pro Stunde über eine Brücke, fallen die Schwingungen geringer aus. Und damit auch die Kraft, der die Brückenpfeiler standhalten müssen.

LKW belasten Brücken besonders

Besonders kritisch wird es für eine Brücke immer dann, wenn schnelle Geschwindigkeiten und hohe Gewichte zusammenkommen; Stichwort LKW. Bei älteren Brücken könnten „insbesondere massive Geschwindigkeitsüberschreitungen von LKW“ dazu führen, dass Schäden schneller entstehen oder sich vergrößern, erklärt Straßen NRW. „Der Effekt ist allerdings weniger bedeutsam als Gewichtsüberschreitungen.“

Und deshalb finden sich unter anderem an der Autobahnbrücke in Leverkusen, die die A1 über den Rhein führt, Gewichtskontrollen, die fast wie Grenzübergänge anmuten. Denn den Schwingungen, die die schweren LKW verursachen, kann die Brücke nicht mehr standhalten.

Neben Gewichtsbeschränkungen und Tempolimits zählen laut Straßen NRW auch LKW-Überholverbote zu den Maßnahmen, die die Halbwertszeit von Brücken verlängern sollen. Ein weiteres Mittel: Fahrstreifen können verlegt, eingeengt oder gesperrt werden. So lässt sich die Belastung der Brücke anders verteilen und steuern.

Das passiert, wenn Fahrzeuge zu schnell über alte Brücken fahren

Schwingende Brücken: Das hört sich dramatischer an, als es ist. Ein gewisses Maß an Schwingungen ist bei Brücken normal, darauf sind sie ausgelegt. Allerdings stammen viele Brücken in NRW aus den 60er- und 70er-Jahren. Und hier liegen gleich zwei Probleme:

Je länger eine Brücke nicht nur dem Verkehr, sondern auch Wind und Wetter ausgesetzt ist, desto mehr leidet die Bausubstanz. Laut Straßen NRW spielt neben Gewicht und Anzahl der LKW vor allem das Alter einer Brücke eine große Rolle.

Außerdem sind die älteren Brücken gar nicht für die Dimensionen des heutigen Verkehrs ausgelegt. Insbesondere die starke Zunahme des LKW-Verkehrs sei beim Bau älterer Brücken so nicht erwartet worden, teilt Straßen NRW mit.

Moderne Bauwerke sind auf die heutzutage auftretenden Schwingungen ausgelegt, für ältere Brücken sind die Belastungen immer öfter zu hoch. Als Folge können beispielsweise immer größere Risse entstehen. Um das zu verhindern, werden Gewichtskontrollen oder Tempolimits eingesetzt.

Zoobrücke in Köln: Neues Tempolimit für Autos keine Folge des alternden Bauwerks

In einigen Fällen genügt es auch, das Tempolimit nur für die schwersten Fahrzeuge zu reduzieren. Wie zum Beispiel auf der Zoobrücke in Köln, die LKW nur mit 50 statt 80 Kilometern pro Stunde überqueren dürfen.

Dass das Tempolimit von 50 km/h dort seit Anfang Oktober auch für PKW gilt, hat nichts mit Schäden an der Brücke zu tun. Sondern mit der Verkehrssicherheit: Die Barriere zwischen Fahrspuren und Rad- sowie Fußweg ist ein Problem.

Der Fall zeigt: Gilt ein Tempolimit auf einer Brücke, bedeutet dies nicht gleich, dass das Bauwerk sanierungsbedürftig ist. Modernere Brücken sind auf die heutigen Dimensionen des Verkehrs und damit auch die größeren Schwingungen ausgelegt: „Neue Brücken werden grundsätzlich so bemessen, dass der nach Straßenverkehrsordnung zulässige Verkehr die Brücke ohne Einschränkungen nutzen kann“, betont Straßen NRW. „Geschwindigkeitsbeschränkungen auf neuen Brücken dienen der Verkehrssicherheit.“