„Hallo Mama“-MascheMessenger-Betrug nimmt zu und wird immer perfider

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Skepsis hilft, um nicht auf betrügerische Messenger-Nachrichten hereinzufallen.

Skepsis hilft, um nicht auf betrügerische Messenger-Nachrichten hereinzufallen.

Trügerische Nachrichten können Menschen Tausende Euro kosten. Eine Präventionsexpertin erklärt, warum die Betrugsmasche so perfide ist.

Das Smartphone vibriert, eine Nachricht von einer unbekannten Nummer ploppt auf, doch deren Absender kennt man vermeintlich sehr gut: Das eigene Kind hat geschrieben. Und es hat offenbar Probleme – Handy weg, ein Notfall, Geld wird gebraucht.

Messenger-Betrug: Polizei registriert zehntausende Straftaten

Es ist eine Betrugsmasche, die um sich greift und jeden treffen kann. Zehntausende solcher Straftaten hat die Polizei nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr registriert, die Gesamtschadenssumme lag demnach im zweistelligen Millionenbereich. Und die Ermittler vermuten, dass die Dunkelziffer höher ist, weil viele aus Scham schweigen.

Dabei ist es leider so: Die Nachricht muss einen nur im falschen Moment und auf dem falschen Fuß erwischen, schon tappt man womöglich in die Falle, wie Martina Plackmann von der Polizeilichen Kriminalprävention im Interview erklärt.

Frau Plackmann, von irgendeiner Nummer kommt eine Textnachricht: „Hallo Mama, mein Handy ist kaputt. Das ist meine neue Nummer.“ Später werden Probleme vorgegaukelt, die Überweisung von Geld gefordert. Da müssen doch die Alarmglocken schrillen: Warum verfängt dieser Betrug immer noch so oft?

Es kommt stark auf die Situation des Menschen an, der die Nachricht erhält. Sitzt das Kind gerade neben einem oder hat man gar kein Kind, wird sofort klar, dass das Quatsch ist. So geht es den meisten. Die lachen dann über so eine Nachricht.

Aber: Die Betrüger schicken solche Nachrichten an unzählige Telefonnummern. Und wenn die Situation bei einem Empfänger eben passt, haben sie einen. Etwa, wenn man ein Kind hat, das gerade reist oder ein Auslandsjahr macht, und dann so eine Nachricht kommt: Probleme mit dem Handy, mit Geld, ein Notfall!

Messenger-Betrug: Emotionalität und Stress führen zu Geldüberweisung

Da will man als Elternteil in einem ersten Reflex natürlich helfen. Und häufig sind es Beträge von 1500 bis 3000 Euro, die dann angefragt werden. Für die meisten Menschen scheint, das eine Summe zu sein, die noch klar geht, wenn man so will – und die überwiesen werden kann.

Vielleicht erwischt einen diese Nachricht dann auch noch in einem stressigen Moment, wo man eh gerade emotionaler ist – da läuft man eher Gefahr, in die Falle zu tappen, als in einem ruhigen Moment.

Wichtig ist mir zu betonen: Es gibt mehr Opfer als man denkt. Und vor allem trifft es nicht nur Ältere. Man darf diese Masche nicht mit dem Enkeltrick in einen Topf werfen. Auf diese Art des Betrugs fallen schon Leute ab Anfang bis Mitte 30 herein.

Messenger-Betrug: Datensätze werden im Darknet angeboten

Wie kommen die Kriminellen überhaupt an die Nummern heran?

Sie können zum Beispiel aus Datensätzen stammen, die im Darknet angeboten wurden. Die dort verkauften Telefonnummer-Listen können etwa durch Datenklaus erbeutet worden sein.

Der Start des Betrugs geht meist über eine SMS, danach wird die Konversation auf einen Messenger, etwa Whatsapp, umgeleitet. Deshalb spricht man von Messenger-Betrug. Das gaukelt Menschen meist eine sehr private, intime Kommunikationssphäre vor.

Wie geht man den Betrügern nicht auf den Leim?

Man muss wissen, dass es diese Betrugsmasche gibt – das ist das Wichtigste. Denn wenn man davon weiß, denkt man vielleicht im ersten Moment so einer Nachricht noch mal nach, ehe man womöglich Geld anweist. Stattdessen ruft man erstmal die alte, bekannte Nummer des Kindes an und fragt, was los ist. So fliegt der Betrugsversuch auf und die Sache ist geklärt.

Wenn man weiß, die Nachricht ist ein Betrugsversuch: Nummer blockieren, einen Screenshot machen und der Polizei melden. Dann die Nachricht löschen. Wir raten auch, sich auf keinen Fall auf so eine Nachricht zurückzumelden. Auch nicht aus Spaß. Das sind trainierte Leute, die beherrschen ihr Betrugshandwerk. Die ziehen einen dann womöglich trotzdem noch da rein.

Wer Opfer dieses Betrugs wurde, sollte den kompletten Chatverlauf sichern und den Fall zur Anzeige bringen. Es ist sehr schambehaftet, viele Menschen sehen es als persönliche Niederlage, dass sie darauf hereingefallen sind – und erstatten deshalb oft keine Anzeige.

Sie geben sich eine Mitschuld daran, so naiv gewesen zu sein. Das ist aber komplett verkehrt: Man hat keine Mitschuld, sondern ist Opfer eines Betrugs geworden – nur die Täter haben Schuld. (dpa)


Zur Person: Die Kommunikationswissenschaftlerin Martina Plackmann arbeitet bei der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes, die Tipps an Bürgerinnen und Bürger gibt, damit diese nicht Opfer von Kriminellen werden (www.polizei-beratung.de). Plackmann ist in der Präventionsstelle zuständig für den Bereich Mediensicherheit und im Zuge dessen auch für den Bereich Messenger-Betrug.

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