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Nahrung, Kleidung, WasserStudie zeigt die drastischen Folgen unseres Plastikkonsums

Lesezeit 6 Minuten
Verpackung Plastik dpa

Weniger Plastik: Am besten ist es, wenn erst gar kein Müll entsteht.

Köln – Im Boden, im Wasser, in der Kleidung, im Essen – überall ist Plastik. Jeder Mensch nimmt pro Woche sogar fünf Gramm Plastik auf – das ist ungefähr so viel, wie eine Kreditkarte wiegt. Das haben Forscher der Universität Newcastle (Australien) herausgefunden. Plastik ist in unserem Alltag allgegenwärtig, wie problematisch das für uns und die Umwelt ist, zeigen die Heinrich-Böll-Stiftung und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland im „Plastikatlas“. Mit zahlreichen Fakten zeigen 25 Autoren, wie drastisch die Folgen des Plastikkonsums sind. Hier ein Überblick.

Plastik über Plastik

Erst seit den späten 1950er Jahren begann die heutige Wegwerfmentalität und immer mehr Plastikverpackungen fanden ihren Weg in die Regale der Geschäfte. 1978 führte Coca-Cola die Einweg PET-Flasche ein und ersetzte damit die Kultflasche aus Glas. Heute ist der Konzern auf Platz 1, was die Produktion von Einwegflaschen angeht – 88.000.000.000 Flaschen in nur einem Jahr.

Um es sich besser vorstellen zu können: aneinandergereiht würden sie 31-mal von der Erde bis zum Mond und zurück reichen. Insgesamt werden in einem Jahr mehr als 400 Millionen Tonnen Plastik produziert. Mehr als ein Drittel machen dabei Verpackungen aus. Der Blick zurück zeigt: Zwischen 1950 und 2015 sind bereits über acht Milliarden Tonnen Plastik produziert worden. Im Jahr 2025 werden voraussichtlich mehr als 600 Millionen Tonnen Plastik pro Jahr hergestellt. Doch Recycling ist für die steigende Zahl an Müll keine Lösung.

Abfall-Entsorgung

Gerade mal neun Prozent der acht Milliarden Tonnen Plastik, die seit den 1950er Jahren produziert wurden, sind recycelt worden. Deutschland gilt als vorbildlich. Schaut man sich die offizielle Recyclingquote von 45 Prozent für 2016 an, sieht es in Sachen Abfall gut für die Deutschen aus. Die Zahlen täuschen allerdings darüber hinweg, wie viel Plastikmüll tatsächlich recycelt wird. Denn die offizielle Quote gibt nur an, wie viel Müll an Recyclingunternehmen geliefert wurde und bezieht sich nicht auf den wirklich recycelten Output.

Nimmt man die Gesamtmenge der anfallenden gebrauchten Kunststoffprodukte, sogenannte „Post-Consumer“, wird in Deutschland nur etwa 16 Prozent des Plastikmülls recycelt. Viel Müll wird exportiert – in den asiatischen Ländern landet vor allem der kaum verwertbare Müll. Im Jahr 2016 betrugen die Plastikmüllexporte nach China 600.000 Tonnen im Monat. Als China seine Tore für ausländischen Müll schloss, brachen die Exporte auf 30.000 Tonnen im Monat ein.

Chemie im Körper

Viele Chemikalien, die in Kunststoffen enthalten sind, schaden der Gesundheit. Weil die Zusatzstoffe im Plastik nicht fest gebunden sind, gelangen sie in über die Luft in unsere Atemwege und setzten sich im Hausstaub ab. Mit einem Spielzeug aus Plastik gelangen die Schadstoffe so direkt ins Kinderzimmer. Untersuchungen aus Deutschland zeigen, dass vor allem Kinder sehr stark mit Weichmachern belastet werden, die sich schädlich auf die Fortpflanzung auswirken können.

Es gibt noch mehr Krankheiten, die durch hormonell wirksame Stoffe im Plastik ausgelöst werden können: Hyperaktivität, ADHS, niedrigerer IQ, Asthma, frühe Pubertät, Entwicklungsstörungen beim Embryo, Schilddrüsenerkrankungen, Brustkrebs, Diabetes, Fettleibigkeit, Prostatakrebs und eine niedrige Spermienzahl. Frauen sind stärker von den Auswirkungen durch Kunststoffe betroffen als Männer. Das liegt daran, dass ihre Körper anders auf Giftstoffe reagieren und weil viele Frauen belastete Hygieneprodukte nutzen. Tampons haben einen Plastikanteil von bis zu sechs Prozent und bei Binden sind es sogar bis zu 90 Prozent.

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Boden-Belastung durch Plastik

Die Gurke in der Plastikfolie oder der gewaschene und geschnittene Salat in der Plastiktüte – nur zwei Verpackungen von unzähligen Verpackungen. 2018 wurden für Essen und Getränke mehr als 1,13 Billionen Verpackungen verwendet. Doch nicht nur um unser Essen ist Plastik, auch in den Äckern, wo Gemüse angebaut wird, steckt Plastik. Wie viel genau auf den Feldern landet, ist noch zu wenig erforscht. Dabei ist die Verschmutzung an Land zwischen vier und 23-mal höher als im Meer. Nach Schätzungen landet circa ein Drittel des Plastiks (400 Millionen Tonnen im Jahr) in Böden und Binnengewässern. Mikroplastik kommt auch durch Klärschlamm auf die Äcker, der wird überall in Europa als Dünger benutzt.

Plastik in der Kleidung

Polyamid, Polyester, Acryl oder Nylon sind synthetische Fasern. Was mit anderen Worten bedeutet: Plastik. 2017 waren rund 70 Prozent der weltweit hergestellten Fasern aus synthetischen Materialien. Fast alle Chemiefasern (94 Prozent davon) stellen Arbeiter in Asien her und verarbeiten sie dort weiter. Rund 15 Prozent der weltweiten, jährlichen Plastikproduktion machen Textilien aus. Die Textilindustrie belastet die Umwelt schwer, die 20.000 bis 40.000 verwendeten Chemikalien landen im Grundwasser, Flüssen und Meeren. Viele dieser Stoffe sind krebserregend oder verändern das Erbgut.

Plastik im Meer

Plastik gelangt über die Flüsse in die Meere. Eine Studie des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung geht davon aus, dass der Plastikeintrag von Flüssen nicht gleichmäßig verteilt ist, sondern hauptsächlich aus zehn großen Flüssen in die Weltmeere geschwemmt wird. Der Großteil stammt aus asiatischen Flüssen. Der Rhein zum Beispiel zeigt eine durchschnittliche Belastung mit Mikroplastik von rund 893.000 Partikeln pro Quadratkilometer. Nach Schätzungen sind bisher 86 Millionen Tonnen Plastik im Meer gelandet. Für die Tiere im und am Meer sind die Folgen verheerend: Vögel verhungern mit dem Magen voller Plastik oder Tiere verheddern sich in Verpackungsmüll.

Plastik heizt das Klima an

Das gemeinnützige Center for International Environmental Law hat berechnet, dass nur die Herstellung von Plastik bis 2050 bei den derzeitigen Wachstumsraten einen Ausstoß von mehr als 52 Gigatonnen Kohlendioxidäquivalent verursachen könnte. Zusammen mit den Emissionen aus der Verbrennung von Kunststoffabfällen erhöht sich diese Summe auf mehr als 56 Gigatonnen. Das heißt: Kunststoffe allein könnten zwischen zehn und 13 Prozent des gesamten Kohlenstoffbudgets verbrauchen, das die Menschheit einhalten muss, um das vereinbarte 1,5­-Grad­- Ziel zu erreichen.

Wie man das Plastikproblem lösen kann

Die Autoren der Studie kritisieren, dass bei der Lösung des Plastikproblems zu einseitig gedacht werde – alle Abkommen beinhalten allein die Entsorgung. Besser: Wenn erst gar kein Müll entsteht – 400 „Zero-Waste-Städte“ in Europa versuchen Systeme zu entwickeln mit denen dies funktioniert. Freiburg hat zum Beispiel ein Mehrweg-Kaffeebecher-System eingeführt bei dem über 100 Geschäfte mitmachen. Statt nach einem Kaffee im Müll zu landen, können die Becher jeweils 400-mal genutzt werden.

Was Verbraucher tun können

Der Griff zu unverpacktem Obst und Gemüse, statt zu abgepackten Lebensmitteln, spart Plastik. Für den Einkauf immer Stoffbeutel dabei haben – das spart die Plastiktüte. Für die Umwelt macht das aber erst Sinn, wenn der Stoffbeutel mehrfach benutzt wird. Im Badezimmer können viele Produkte durch plastikfreie Alternativen ersetzt werden, zum Beispiel ein festes Shampoo, statt eins aus einer Plastikverpackung. Bei Kleidung hilft ein Blick auf den Waschzettel, dort steht aus welchem Material das T-Shirt oder der Pullover ist. Wer kein Plastik am Körper tragen möchte, sollte deshalb auf Kunstfasern verzichten.