AboAbonnieren

Laden impossibleWas unsere Autorin mit ihrem E-Auto im Urlaub erlebte

Lesezeit 4 Minuten
Lioba Lepping mit ID3 an der Ladesäule

Ladesäule gefunden, Stecker eingerastet, Ladevorgang klappt. Das war nicht alltäglich auf der ersten langen Fahrt mit dem neuen E-Auto.

Mit einem Elektroauto fahren ist einfach, doch das Stromtanken klappt nicht immer reibungslos. Ein Glück, wenn dann Hilfe zur Stelle ist.

Im letzten Jahr wurde ich modern: Ich verkaufte den 13 Jahre alten Verbrenner und stieg um auf ein quietsch-türkises Elektromobil der Marke VW – dass ich in einen fahrenden Computer umstieg, dessen Anforderungen mich an meine Grenzen bringen würden, wurde mir jetzt auf unserer ersten längeren Reise bewusst.

Bisher hatte ich mich nur in einem Radius von 120 Kilometern um Köln bewegt. Die Reichweite meines Elektromobils beträgt 300 Kilometer. Den Strom bezog ich von Versorgern, bei denen ich registriert bin, und für die ich entweder eine App besitze oder eine Ladekarte.

Ich jonglierte mit Schirm, Visakarte, Ladekabel

Doch nun stand die erste Urlaubsreise ins 600 Kilometer entfernte Allgäu an. Ich eroberte ladungstechnisch gesehen terra incognita. In Medenbach an der A3 war es so weit: Ich brauchte Strom. An der Säule von Innogy, einem Anbieter, bei dem ich noch nicht registriert war, scheiterte ich prompt. Es regnete in Strömen, ich jonglierte mit Schirm, Visakarte, Ladekabel, doch es gelang mir nicht, die sogenannte Ad-hoc-Aufladung in Gang zu setzen.

Gut, dass der nette Mann am anderen Ende der Hotline die Geduld nicht verlor und mich schließlich sicher durch den eigentlich unkomplizierten Drei-Schritt-Prozess führte: QR-Code scannen, auf der Website per Visakarte bezahlen, Ladekabel anstecken. Währenddessen Kaffeetrinken gehen, nach einer Stunde weiterfahren.

Nach einer Zwischenübernachtung in Stuttgart, das ich ohne weitere Ladestopps erreichte, machte ich mich anderntags auf den Weg zu einem Aldi, denn bei Aldi ist nicht nur das Einkaufen idiotensicher, sondern auch das Aufladen. EC-Karte vorhalten, Stecker rein, los geht’s.

Das Laden bei Aldi klappte nicht

Natürlich kam es anders. Auch beim dritten Versuch wollte der Stecker nicht im „Tank“ einrasten. Nach Diskussionen mit anderen E-Auto-Ladenden machte ich mich schließlich mit der letzten verbliebenen Reichweite von 20 Kilometern und leicht schwitzigen Handflächen auf zum nächstgelegenen VW-Händler. Der saß in Fellbach und eröffnete mir, dass es bei meinem Modell oft zu dem Problem mit dem nicht einrastenden „Tank-Stecker“ käme. Wahrscheinlich müsse er das Auto dabehalten.

Ich hatte schon die Zugfahrpläne nach Kempten gecheckt, als der Mitarbeiter mir die erlösende Nachricht brachte, dass das Laden an der betriebseigenen Säule nun doch problemlos funktioniere. Ich durfte einmal auf VW-Kosten vollladen und mir die Dauer von drei Stunden im an Attraktionen armen Fellbach vertreiben. Immerhin Konditoreien gab es, sodass nicht nur ich mich mit Süßem tröstete, sondern auch dem rettenden VW-Team zum Dank eine Ladung Tortenstücke vorbeibrachte.

Schließlich angekommen am Urlaubsort, ließ ich mein Auto in den nächsten drei Tagen erst einmal stehen. Von Aufregungen rund um das Ladesystem meines E-Mobils hatte ich fürs Erste genug. Mit den lokalen Allgäuer Ladesäulen wollte ich mich später auseinandersetzen. Dass auch hier nichts reibungslos funktionierte, wunderte mich an Tag vier dann auch nicht mehr.

Ich wagte mich mit einer Restreichweite von nur 60 Kilometern auf die Strecke gen Norden

Warum hatte mir auch nie jemand erklärt, wie ich in meinem Handy von einer geöffneten Website, in die ich gerade erst meine Kreditkartendaten eingetippt hatte, zum Messenger wechsle, in dem die TAN ankommt, die ich wiederum in das Kreditkarten-Formular eingeben muss? Dass mein Kreditkarten-Anbieter auf einmal auf einer TAN-Eingabe bestand, blieb mir sowieso ein Rätsel.

Meine Nichte, die zufällig in der Nähe weilte, erklärte mir bei einem Besuch das Rätsel. Ausgestattet mit meiner neuen Kompetenz, fühlte ich mich für die Rückreise gut gerüstet. Wieder legte ich einen Zwischenstopp in Stuttgart ein, das ich zunächst ohne Ladung erreichte.

Von dort wagte ich mich mit einer Restreichweite von nur 60 Kilometern auf die Strecke gen Norden. Was nicht kam, war eine Raststätte mit Ladesäule. Stattdessen lotste mich mein Navi herunter von der Autobahn in ein Industriegebiet, in dem zwei Schnell-Ladesäulen von Innogy zu finden waren. Doch starten ließen sie sich nicht. Ich scannte den QR-Code, tippte die Identifikationsnummer der Säule ein, bekam aber nur zur Antwort, dass diese nicht registriert seien.

Gestrandet bei Bertrandt in Baden-Württemberg

Hilfesuchend steuerte ich im Dauerregen auf den Eingang der Firma zu, auf deren Betriebsgelände ich gelandet war: Die Firma Bertrandt in Rutesheim hat eine ausgesprochen freundliche Empfangsdame, die einen Mitarbeiter zu Hilfe rief, der mit mir die bockige Säule näher in Augenschein nahm. Tatsächlich war die Säule wohl nicht im Netz registriert, aber Strom konnte man aus ihr zapfen, einfach Pistole in den „Tank“ und los ging’s - ganz für umsonst. Danke Innogy, und danke, lieber Mitarbeiter der Firma Bertrandt, die übrigens ihr Geld mit Lösungen rund um E-Mobiliät verdient.

Die Stunde, die das Schnellladen dauerte, verbrachte ich im Empfangsbereich der Firma, das Image-Video, das dort lief, kann ich nun auswendig. Einen Kaffee bekam ich auch umsonst. Es lebe das Ländle Baden-Württemberg mit all seinen auto- und elektromobil-freundlichen Menschen. Den weiteren Rückweg meisterte ich dann aus eigener Kraft.

Wie langweilig wäre meine Reise doch mit einem Verbrenner gewesen. So aber habe ich sehr viele freundliche Menschen kennengelernt. Hilfsbereitschaft und Kompetenz rund um das Elektromobil sind in diesem Land durchaus vorhanden.