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Rechtsanwalt erklärtDie Kamera des Nachbarn filmt meinen Garten – was kann ich tun?

Lesezeit 4 Minuten
Überwachungskamera ist am Schrägdach einer kleinen Hütte befestigt

Die neue Kamera des Nachbarn hat einen seltsamen Winkel? Dagegen kann man sich wehren.

In der Kolumne „Recht und Ordnung“ erklärt Rechtsanwalt Martin W. Huff, wie man sich gegen seltsam ausgerichtete Kameras der Nachbarn wehrt.

Mein Nachbar stellt auf seinem Grundstück eine Kamera auf, die auch in Richtung meines Gartens ausgerichtet ist – was kann ich tun?

Sie sind gegen die Aufstellung einer solchen Kamera nicht wehrlos. Zunächst ein paar Worte zur Ausgangssituation und dann dazu, wie Sie am besten vorgehen: Die Rechtslage ist eindeutig und von den Gerichten mittlerweile fast ausschließlich in eine Richtung hin geklärt. Mit einer Videokamera darf man tatsächlich nur das eigene Grundstück überwachen lassen, Bilder aufnehmen und auch speichern.

Martin W. Huff

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Besucher des Grundstücks sind dabei ausdrücklich auf die Tatsache einer Überwachung hinzuweisen, etwa durch das Ihnen sicherlich bekannte Symbol für die Kameraüberwachung.

Sobald eine Kamera aber auch nur den Eindruck erweckt, dass damit Aufnahmen außerhalb des eigenen Grundstückes möglich sind, haben Sie als Nachbar einen Anspruch auf eine Aufstellung, die eine Überwachung Ihres Grundstücks ausschließt, oder auf eine Programmierung der Kamera, die Aufnahmen des Fraglichen pixelt, also unkenntlich macht.

Dies ergibt sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, das vom Grundgesetz geschützt ist. Sie haben Ihr Recht am eigenen Bild, und Sie können es – bis auf wenige Ausnahmen – jedermann untersagen, Bilder von Ihnen anzufertigen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es um eine Videokamera oder zum Beispiel eine Wildkamera geht. Das Amtsgericht München (Urteil vom 1.2.2023 – 171 C11188/22) hat diese Grundsätze der Rechtsprechung unlängst noch einmal zusammengefasst und dafür auf eine Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2010 (Urteil vom 16.3.2010 – VI ZR 176/09) verwiesen.

Kamera Richtung eigenes Grundstück? So gehen Sie vor

Doch wie gehen Sie als Bürger hier am besten vor? Zunächst sollten Sie mit Ihrem Nachbarn das Gespräch suchen und ihm die Rechtslage erklären. Wenn er einigermaßen einsichtig ist, sollte er Ihnen schriftlich versichern, dass die Kamera keine Bilder aufzeichnen kann oder dass sie die kritischen Bereiche verpixelt.

Wenn Sie ganz sicher gehen wollen, dass sich ihr Nachbar auch daran hält, bietet sich ein Vertragsstrafeversprechen an. Es schließt ein, dass bei einem Verstoß gegen die abgegebene Zusicherung eine Vertragsstrafe zu zahlen ist. Dieses Vertragsstrafeversprechen kann Ihnen ein Rechtsanwalt formulieren.

Sieht der Nachbar das alles nicht ein, müssen Sie rechtliche Schritte ergreifen. Der schnellste Weg ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim zuständigen Amtsgericht mit dem Ziel, dem Nachbarn zu untersagen, von Ihrem Grundstück und von Ihnen Aufnahmen anzufertigen.

Antrag auf einstweilige Verfügung hat Aussicht auf Erfolg

Ein solcher Antrag enthält immer auch die Formulierung, dass bei einem Verstoß ein Ordnungsgeld vom Gericht festgesetzt werden kann. Im Extremfall, der allerdings erst bei wiederholten Verstößen erreicht ist, können hier bis zu 250.000 Euro fällig werden. Der Antrag auf eine solche einstweilige Verfügung hat durchaus Aussicht auf Erfolg.

Es müssen allerdings bestimmte Unterlagen beigefügt werden, zum Beispiel Fotos von der Ausrichtung der Kamera. Hier sollten Sie auf jeden Fall fachkundigen Rat einholen. Ohne rechtliche Hilfe sollten Sie jedenfalls nicht versuchen, einen solchen Antrag auf einstweilige Verfügung zu formulieren.

Gerichte entscheiden bei guter Vorbereitung schnell

Über einen ordentlich vorbereiteten Antrag entscheiden die Gerichte innerhalb weniger Tage. Man kann von Ihnen nicht verlangen, dass Sie erst einmal den Weg eines – zum Teil monatelangen – Gerichtsverfahrens beschreiten, um die strittige Frage klären zu lassen. Ihr Interesse an einer raschen Regelung überwiegt hier das Interesse Ihres Nachbarn. Dieser kann allerdings gegen die erlassene einstweilige Verfügung seinerseits Rechtsmittel einlegen, worüber dann die Gerichte weiter entscheiden müssen.

Wird dem Antrag stattgegeben und wird die einstweilige Verfügung rechtskräftig, muss der Antragsgegner, also der Nachbar, auch die Kosten des Gerichtsverfahrens tragen. Eine Rechtsschutzversicherung tritt im Regelfall für die Kosten des Verfahrens ein.


Dieser Text ist eine Folge unserer Rechtskolumne „Recht & Ordnung“. In dieser Serie schreiben Staatsanwältin Laura Neumann (Düsseldorf) sowie die Rechtsanwälte Pia Lorenz („Beck aktuell“), Martin W. Huff (ehem. Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln), Christian Solmecke (Partner der Kölner Medienrechtskanzlei WBS.Legal) und Thomas Bradler (Verbraucherzentrale NRW, Leiter Markt und Recht). In ihren Kolumnen geben sie Auskunft zu oft kniffligen Fragen des Rechts, können aber keine Rechtsberatung bieten oder in konkreten Fällen den Gang zu einem Anwalt ersetzen. Haben Sie eine Frage an unsere Experten? Dann schreiben Sie uns eine Mail an: recht-und-ordnung@kstamedien.de