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ImmobilienExperten raten ab – warum ein Teilverkauf zur Schuldenfalle werden kann

Lesezeit 5 Minuten
Deutsche Teilkauf Plakat

Angebote zum Teilverkauf von Immobilien werden zurzeit groß beworben.

Köln – Ob ein Umbau ansteht, ein neues Auto oder eine Reise finanziert werden soll: Ein „Teilverkauf“ soll die neue Lösung für Hausbesitzer sein, um schnell und einfach an Geld zu kommen. Auf Reklametafeln oder im Vorabendprogramm werden die Angebote derzeit groß beworben.

Das Konzept: Die Eigentümer verkaufen einen Teil ihrer Immobilie und bekommen dafür vom Teilverkauf-Anbieter die gewünschte Summe ausgezahlt. Trotzdem dürfen sie lebenslang in ihrem Haus wohnen bleiben – für den verkauften Anteil zahlen sie monatlich eine Art Miete.

Hinter dem Modell stehen junge Unternehmen wie Wertfaktor, Heimkapital oder Deutsche Teilkauf, aber auch die Unternehmensgruppe Engel & Völkers. In den vergangenen zwei Jahren seien gleich mehrere Unternehmen mit diesem Konzept an den Start gegangen, berichten Beobachter der Gründerszene.

Kosten, Risiken: Experten raten ab

Haus verkaufen, wohnen bleiben – das klingt verlockend simpel. „Wohnen wie immer. Leben wie neu“, wirbt Engel & Völkers. Und die Deutsche Teilkauf verspricht: „Dank Immobilien-Teilverkauf finanzielle Freiheit genießen“.

Doch ein Teilverkauf sei teuer, berge Risiken und ergebe in den wenigsten Fällen Sinn, warnen Verbraucherschützer. In der Kritik stehen etwa versteckte Kosten und ungleich verteilte Risiken für Eigentümer und Anbieter. So könne der Teilverkauf zur Schuldenfalle werden. Wo genau die Fallstricke liegen und zu welchen Alternativen sie raten.

Miete, Verkauf: Kritik der Verbraucherzentralen

Die Verbraucherzentralen sehen beim Teilverkauf drei Schwierigkeiten: die teure monatliche Miete („Nutzungsentgelt“), die zusätzlichen Kosten beim vollständigen Verkauf der Immobilie und dass die Hausbesitzer Kosten für die Instandhaltung alleine zu tragen haben.

Damit Eigentümer in ihrem Haus wohnen bleiben dürfen, mieten sie den verkauften Teil der Immobilie zurück. In einem Beispiel verlangten die Anbieter 3,3 Prozent der ausgezahlten Summe im Jahr in Form von Mieten. Diese sind meist nur für eine bestimmte Dauer festgelegt, warnen die Verbraucherschützer. Danach können sie variieren oder automatisch mit der Inflationsrate ansteigen.

Richtig teuer könne es werden, wenn man die Immobilie später komplett verkaufen will oder muss. Dann verlangen einige Anbieter ein „Serviceentgelt“ von um die fünf Prozent. Die Verbraucherzentralen machen zudem darauf aufmerksam, dass Eigentümer die kompletten Kosten für Instandhaltung und Investitionen selbst tragen; der Teilkauf-Anbieter beteilige sich nicht. Dasselbe gilt für die Grundsteuer.

Der abschließende Rat der Verbraucherzentralen zum Teilverkauf: „Rechnen Sie genau, was es Sie kostet und prüfen Sie Alternativen.“

Kosten für den Teilverkäufer „nicht kalkulierbar“

Das Urteil von „Finanztip“ fällt noch eindeutiger aus: „Wir sehen den Teilverkauf sehr kritisch und würden keines der Angebote empfehlen“, sagt Barbara Weber, Rechtsexpertin des Verbrauchermagazins. „Das größte Risiko sehen wir darin, dass die zukünftigen Kosten für den Teilverkäufer nicht kalkulierbar sind.“ So könne der Teilverkauf irgendwann zur Schuldenfalle werden.

Miete: Zinsanpassung nur nach oben

Auch „Finanztip“ kritisiert die monatliche Nutzungsgebühr, sie sei mit 3 bis 4 Prozent zu teuer und könne sich jederzeit ändern. Weber erklärt, die Gebühr werde regelmäßig an einen Referenzzinssatz angepasst – dass sie gesenkt wird, sei jedoch ausgeschlossen. Die Anpassung geschehe also nur zum Nachteil des Kunden. „Das ist aus unserer Sicht keine gleichberechtigte Lösung und für den Durchschnittskunden nur schwer nachvollziehbar“, so Weber.

Kosten bei Verkauf: Serviceentgelt

Wer die Nutzungsgebühr nicht mehr zahlen kann, verliert sein Wohnrecht und muss ausziehen. Die Immobilie werde dann verkauft, erklärt Weber weiter. Das bedeutet weitere Kosten: „Für den Verkauf muss der ehemalige Hauseigentümer ein Durchführungsentgelt von zirka 6 Prozent des Gesamt-Kaufpreises zahlen.“

Kosten bei Verkauf: Wertsteigerung

Zudem sichere sich der Anbieter bereits mit dem Vertrag eine Wertsteigerung, falls die gesamte Immobilie verkauft werden sollte. „Meistens wird vereinbart, dass der Anbieter bei Verkauf den damaligen Kaufpreis plus etwa 17 Prozent davon als Wertsteigerung erhält“, so Weber.

Kredit, Verkauf: Zu diesen Alternativen raten die Experten

Ein Teilverkauf ist also nicht die beste Lösung, wenn man zwar ein eigenes Haus hat, aber eine größere Summe ausgeben will als verfügbar ist. Wozu raten die Experten stattdessen?

Kredit, Hypothek

„Ein einfacher Kredit bietet unterm Strich meist deutlich attraktivere Konditionen“, erklären die Verbraucherzentralen. Bei aktuell niedrigen Zinsen bekämen viele den schon für jährlich unter 1 Prozent Zinsen. Wer eine Immobilie besitzt, könne sie zusätzlich als Sicherheit einsetzen, um noch günstigere Zinsen zu erhalten, dann rede man von einer Hypothek.

Barbara Weber bestätigt das. „Es gibt inzwischen Kredite mit geringen Tilgungsraten oder es müssen zu Lebzeiten sogar nur die Zinsen gezahlt werden.“ Solche Kredite gebe es beispielsweise bei der Volksbank. „Wem es egal ist, was mit der Immobilie nach dem Tod passiert, ist hiermit wesentlich besser bedient.“ Am besten sollten sich Rentner dafür an einen Kreditvermittler wenden.

Verkauf in der Familie

Wenn die Umstände passen, kann es Sinn ergeben, die Immobilie schon an die Erben weiterzugeben, um wieder über größere Summen zu verfügen. „Ein Verkauf innerhalb der Familie ist oftmals eine gute Lösung“, sagt Weber. Das sei auch gegen die Auszahlung einer monatlichen Rente möglich. Sie empfiehlt eine Beratung bei einem Rechtsanwalt oder einem Notar.

Verkaufen und mieten

Wenn die Familie keine Option ist, kann man die Immobilie regulär verkaufen und einen Mietvertrag mit dem neuen Eigentümer abschließen. Es sollte das „lebenslange Nießbrauchrecht“ sichergestellt und ins Grundbuch eingetragen werden. Ähnlich wie beim Teilverkauf zahlt man zwar Miete, erklärt „Finanztip“. Ein Vermieter sei aber auch verpflichtet, für die Instandhaltung aufzukommen. „Im Zweifel lassen Sie sich unabhängig beraten“, raten die Verbraucherzentralen.