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Drohendes Strafverfahren7 Punkte, auf die es nach einem Verkehrsunfall ankommt

Lesezeit 4 Minuten
Detailfoto eines Auffahrunfalls mit Blechschaden

Nach einem Verkehrsunfall gilt es zunächst einen kühlen Kopf zu bewahren.

Wer einen Verkehrsunfall verursacht, steht unter Schock. Diese sieben Tipps helfen, sich dennoch auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Unterlassene Hilfeleistung - etwa nach einem Verkehrsunfall oder bei Fahrten unter Alkohol-, Medikamenten- und Drogeneinfluss – kann ein Strafverfahren nach sich ziehen. Gleiches gilt unter Umständen bei einem Auffahrunfall mit Personenschaden. Hier sind sieben Hinweise, die Sie im Falle eines Strafverfahrens befolgen sollten.

Punkt 1: Am Ort des Geschehens niemals zum Vorfall äußern

Regel Nummer eins, wenn man einer Straftat bezichtigt wird: Erst einmal ruhig bleiben und einen kühlen Kopf bewahren. Auch wenn der Drang, sich zu rechtfertigen, groß sein mag: „Besser ist es, still zu sein und zunächst einmal nichts zum Tathergang zu sagen“, sagt der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke. Vorher sollte man einen Anwalt oder eine Anwältin kontaktieren. Angaben zu Personalien sind hingegen umgehend zu machen.

Warum man besser zunächst nichts zum Hergang sagt, verdeutlicht Christian Janeczek, Fachanwalt für Verkehrsrecht und für Strafrecht in Dresden, an einem Beispiel: Angenommen, jemand kommt mit seinem Auto von der Straße ab. Gibt die betreffende Person gegenüber der Polizei einen Sekundenschlaf als Unfallursache an - obwohl sie sich in der Hektik des Geschehens gar nicht sicher ist –, riskiert sie, dass die Beamten sofort den Führerschein einkassieren.

Die Polizei ist verpflichtet, an einem Tat- oder Unfallort eine beschuldigte Person vor deren Aussage mit den Worten „Alles, was Sie sagen, kann vor Gericht gegen Sie verwendet werden“ zu belehren. Schweigen Beschuldigte zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen, kann ihnen das niemand anlasten.

Punkt 2: Schnellstmöglich einen Anwalt konsultieren

Bei einem drohenden Strafverfahren sollte man schnellstmöglich einen Anwalt zurate ziehen. Wer im Internet die Begriffe Fachanwalt/Fachanwältin für Verkehrsrecht oder alternativ für Strafrecht plus den Namen des eigenen Wohnortes eingibt, findet eine Reihe von Treffern in der unmittelbaren Nähe. Auch in Online-Portalen lässt sich nach Spezialisten suchen.

Alle, die eine Rechtsschutzversicherung haben, die Strafverteidigung umfasst, sollten auch diese zügig informieren, um eine Leistungsverweigerung zu vermeiden.

Eine Frau spricht mit einem Anwalt

Bei einem drohenden Strafverfahren sinnvoll: die Einschätzung eines Fachanwalts einholen.

Punkt 3. Aussage nach Rücksprache mit Anwalt machen

Wer einen Anwalt oder eine Anwältin gefunden hat, sollte sich mit ihm oder ihr beraten. „Diese können Akteneinsicht beantragen und so herausfinden, was konkret einem Beschuldigten zur Last gelegt wird“, sagt Christian Janeczek. Dann sollten Anwalt und Mandant gemeinsam ausloten, ob es sinnvoll ist, sich zu dem Verfahren zu äußern - und wenn ja, in welchem Umfang.

Eine mögliche Aussage erfolgt idealerweise schriftlich. „Wichtig ist, sich zu merken, dass man nicht die Pflicht hat, sich selbst zu belasten und so an der eigenen Überführung mitzuwirken“, so Christian Solmecke.

Punkt 4: Sich korrekt verhalten

Wie man sich richtig verhält, kommt auf den Einzelfall an – und dazu sollte man sich immer mit dem Anwalt oder der Anwältin abstimmen. „Wird einem beispielsweise nach einem Auffahrunfall, bei dem Gegner leicht verletzt wurden, Fahrerflucht vorgeworfen, ist es für den Beschuldigten wenig sinnvoll, sich im Zuge des Ermittlungsverfahrens kooperativ zu zeigen und aktiv an der eigenen Überführung mitzuarbeiten“, sagt Janeczek.

Punkt 5: Wenn möglich, Täter-Opfer-Ausgleich forcieren

Läuft es auf eine Verurteilung hinaus, weil die Schuld erwiesen ist, können Beschuldigte auch einen Täter-Opfer-Ausgleich anstreben, um eine mildere Strafe zu erwirken. „Das ist grundsätzlich bei allen Straftaten möglich, bei denen das Opfer noch lebt“, sagt Solmecke.

Das Ziel hierbei: eine einvernehmliche und für beide Seiten faire Wiedergutmachung des verursachten Schadens anstreben. Dafür braucht es das Einverständnis des Opfers und des Täters.

Punkt 6: Am Gerichtsverfahren teilnehmen

Das ist sogar ein Muss: „Wenn es zu einer Hauptverhandlung kommt, besteht für den Angeklagten Präsenzpflicht“, sagt Rechtsanwalt Janeczek. Kommt es stattdessen zu einem Strafbefehlsverfahren, kann sich der oder die Angeklagte anwaltlich vertreten lassen. Ein Strafbefehlsverfahren ist ein Verfahren vor dem Amtsgericht, bei dem das Gericht ohne Hauptverhandlung entscheidet.

Wer als Angeklagter zu einer Hauptverhandlung geladen ist und ihr ohne Angabe von Gründen - das kann etwa ein ärztliches Attest sein - fernbleibt, kann mit Zwang zum nächsten Termin befördert werden. „Das ist im Zweifel sehr viel unangenehmer, im schlimmsten Fall droht sogar ein Haftbefehl“, so Solmecke.

Punkt 7: Strafe akzeptieren – oder Revision einlegen

Am Ende fällt das Gericht eine Entscheidung: „Entweder Freispruch, Verfahrenseinstellung oder eine Verurteilung“, so Janeczek. Nach einem Urteil geht es darum, schnell mit dem Verteidiger oder der Verteidigerin zu besprechen, ob es Sinn macht, in Berufung oder Revision zu gehen.

In der Berufung kommt es noch einmal zu einer erneuten Beweisaufnahme. In der Revision - der letzten und höchsten Instanz, die auch direkt angerufen werden kann - überprüft ein Gericht nur noch Rechtsfehler.

Kommt der Anwalt des Verurteilten zu der Einschätzung, dass die Strafe nicht auf falschen Tatsachen oder Rechtsfehlern beruht und auch der Höhe nach angemessen ist, kann es empfehlenswert sein, die Strafe zu akzeptieren. „Schließlich sind mit einem Rechtsmittel zunächst auch immer weitere Kosten für die Verteidigung verbunden“, sagt Solmecke. (dpa)