Weltfrauentag 2016Untypische Jobs? Vier Frauen erzählen
Vier Frauen in „Männerberufen“ erzählen zum Weltfrauentag ihre Geschichte.
Die Brandmeisterin
Anne Hackel steigt aus einem großen Feuerwehrauto. An der Seite des Fahrzeugs steckt sie einen Schlauch fest – alles sitzt. Die 25-Jährige ist Brandmeisterin bei der Berufsfeuerwehr in Cottbus. „Man muss anpacken können“, beschreibt die sportliche junge Frau ihren Job. Topfit zu sein, ist eine der Voraussetzungen für den Beruf.
Es sind vor allem Männer, die bei der Cottbuser Berufsfeuerwehr im Einsatzdienst arbeiten: Auf 100 Männer kommen nach eigenen Angaben zwei Frauen. Bleibt wohl kaum Raum für „Frauengespräche“ im Job oder? „Ach, Männer können sich auch über Haare unterhalten“, sagt Hackel und lacht.
Die 25-Jährige hat schon in der Jugendzeit in ihrem Heimatort Rathenow (Havelland) bei der Jugendfeuerwehr mitgemacht. Danach war sie auf einer Sportschule in Potsdam. Gute Voraussetzungen also für den Beruf. Seit 2014 ist Hackel Brandmeisterin. Der Job dreht sich nicht nur um Löscheinsätze, Brandmeister fahren auch Rettungswagen.
Die Prozess-Ingenieurin
Stahl ist das Metier von Kerstin Apel. Die 26-Jährige Prozess-Ingenieurin arbeitet im Konzern Arcelor Mittal in ihrer Heimatstadt Eisenhüttenstadt (Oder-Spree). Als Trainee überwacht sie den Bereich, in dem Bandstahl mit Zink überzogen wird. Das soll verhindern, dass dieser rostet, wie Apel erklärt. Solche Produkte werden zum Beispiel für Autokarosserien verwendet.
In ihrem Beruf als Prozess-Ingenieurin sind überwiegend Männer tätig, wie Apel erläutert. Wie wird sie von ihnen im Team aufgenommen? „Gut“, meint die 26-Jährige und ergänzt: „Die Scherze sind manchmal rauer, aber dann heißt es oft: 'Hey, es sind Frauen anwesend'.“
An dem Beruf habe sie das Technische gereizt, das mit praktischen Anwendungen verbunden werde. „Ich bin ein sehr logisch denkender Mensch und will Prozesse optimieren.“ Zum Studium zog es sie nach Freiberg in Sachsen. Schon dort konnte sie beobachten, dass sich eher Männer für den Bereich interessierten. Zwischen 10 und 15 Prozent der Studierenden in ihrem Jahrgang seien Frauen gewesen. Allerdings: „Bei uns im Jahrgang war der Anteil eher gering“, ergänzt Apel. Sonst habe er oft zwischen 25 bis 30 Prozent gelegen.
„Ich wollte keinen 'Mädchenberuf'“
Die Schornsteinfegerin
Stephanie Frenk macht sich gerne die Hände schmutzig und steigt dazu auf Hausdächer: Die 35-Jährige ist eine von wenigen Schornsteinfegerinnen in Brandenburg. Als sich Frenk vor Jahren überlegte, welchen Beruf sie ergreifen will, stand für sie fest: „Ich wollte keinen „Mädchenberuf“.“ Damit meint sie Jobs, die viele ihrer Bekannten ergriffen und zu Banken, Apotheken oder Versicherungen gingen.
Die heute 35-Jährige wollte stattdessen etwas Handwerkliches mit Technischem kombinieren. Ihre Wahl fiel auf den Beruf des Schornsteinfegers. Dass noch heute vor allem Männer in dem Bereich tätig sind, stört sie nicht: „Alle sind total kollegial.“
Nach Angaben des Schornsteinfeger-Landesinnungsverbands sind im Land etwa acht Schornsteinfegerinnen tätig. Zum Vergleich: Es gibt demnach mehr als 500 männliche Schornsteinfeger.
Frenk lebt in Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald) und betreut Teile der Stadt und des Umlandes. Seit 2007 arbeitet sie als gelernte Schornsteinfegerin und ist seit 2011 Meisterin. Für viele Hausbesitzer ist das ein offensichtlich ungewohnter Anblick. Wenn eine Haustür aufgeht, komme häufig der Satz, dass man einen Mann erwartet habe, berichtet sie schmunzelnd. „Die meisten sind dann freudig überrascht und fragen mich viel.“ Und das Ganze habe dann irgendwie auch Vorteile: „Viele Leute reagieren freundlicher und geduldiger, als sie es vielleicht bei einem Mann täten.“
Die Steinmetzmeisterin
Grabsteine, Treppen und Gesimsteile für die Dresdner Frauenkirche: Heike Ferch-Struck muss in ihrem Job richtig zupacken. Sie ist Steinmetzmeisterin. Gelernt hat sie das Ganze von ihrem Vater, der auch ihr Ausbilder war. „Erst wollte er nicht, dass ich den Beruf mache“, erinnert sich die heute 50-Jährige. „Er dachte, es sei körperlich zu schwer für mich. Heute ist er froh, dass ich seine Firma übernommen habe“, sagt sie und schmunzelt.
In der Werkstatt in Braunsdorf (Oder-Spree) beschäftigt Ferch-Struck zwei Gesellen. Vor allem Grabsteine fertigt die Firma, aber auch Außentreppen oder Küchenarbeitsplatten. Den Naturstein bezieht Ferch-Struck unter anderem aus Italien, Skandinavien und von Übersee.
Warum sind heute noch vergleichsweise wenig Frauen in dem Beruf tätig? „Die Steine sind schon schwer, es ist Muskelkraft gefragt“, sagt die 50-Jährige. Ihrer Erfahrung nach seien es meistens Töchter von Steinmetzmeistern, die in deren Fußstapfen getreten seien.
Als Frau habe sie sich gegenüber ihren männlichen Kollegen während der Ausbildung in den 1980er Jahren bewähren müssen. „Ich war das einzige Mädchen in der Berufsschule. Es wurde schon geschaut, wie man sich als junge Frau anstellt“, erzählt Ferch-Struck. Heute muss sie sich längst nicht mehr bewähren. „Viele Kollegen holen sich heute Rat bei mir“, sagt sie stolz.
In dem Beruf arbeiten immer noch vergleichsweise wenig Frauen. Bezogen auf den Kammerbereich Cottbus zum Beispiel sind es drei Frauen bei mehr als 30 Männern, wie die dortige Steinmetz- und Steinbildhauerinnung mitteilt. (dpa)