Im Sommer weht der Wind in Köln tagsüber kräftiger als nachts – ein lokales Phänomen? Ein Meteorologe erklärt, was dahinter steckt.
Lokales Wetterphänomen?Darum ist es in Köln tagsüber windiger als nachts
Gerade während der jüngsten Serie an warmen Tagen ist man dankbar, wenn ein kräftigerer Wind in der Stadt für Erfrischung sorgt. Will man jedoch abends die eigenen vier Wände ordentlich durchlüften, weht oft nur noch ein laues Lüftchen – woran liegt das? Der Meteorologe Ulrich Löhnert von der Universität zu Köln erklärt im Gespräch, wie Wind entsteht, welche Rolle die Sonne dabei spielt und warum es in Köln tagsüber deutlich windiger ist als nachts.
Herr Löhnert, was ist Wind – einfach erklärt?
Ganz allgemein gesagt ist Wind bewegte Luft. Und die wird verursacht durch Luftdruck-Unterschiede, die wiederum auf räumlichen verschiedenen Skalen und an verschiedenen Orten entstehen. Dabei gibt es großräumige Winde und Windzirkulationen, die zusammenhängen mit den Hoch- und Tiefdruckgebieten, die über uns hinwegziehen.
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An ruhigen und vor allem trockenen Sommertagen gibt es aber auch Winde, die lokal geprägt sind. Die sind weniger nicht abhängig von den großskaligen Wetterphänomenen, sondern sehr stark von der Tageszeit. Wie stark sie sind, hängt mit der Sonneneinstrahlung zusammen.
Also ohne Sonne kein Wind?
Grundsätzlich hat die Sonne entscheidenen Einfluss auf unsere Windsysteme – das stimmt für die Erde als Ganzes, aber auch für das Phänomen, das wir im Sommer nicht nur in Köln beobachten können. Tagsüber nehmen wir Winde wahr und spüren, wenn sie stärker werden. Diese Winde hängen damit zusammen, dass die Sonne gerade im Sommer die Erdoberfläche stark aufheizt. Die Wärme, die der Erdboden oder eine andere Oberfläche – das kann auch ein Gebäude sein – aufnimmt, wird dann wieder an die Atmosphäre abgegeben und dadurch entsteht Turbulenz.
Sonne ist der Hauptgrund dafür, dass es tagsüber böig wird
Bedeutet das im Umkehrschluss: je mehr Sonne, desto mehr Wind?
Das ist abhängig von verschiedenen Faktoren: Die Sonne muss starkes Einstrahlungspotenzial besitzen, das hat sie vor allem im Sommer und wenn keine Wolken da sind. Wenn dazu auch noch die Oberfläche sehr trocken ist, dann heizt sich die Landoberfläche oder eine Stadt sehr schnell auf und dann können stärkere lokale Turbulenzen entstehen. Tagsüber bei „ruhigen“ Sommerwetterlagen ist die Sonne also ein Hauptgrund dafür, dass es böig wird – mit dann typischen Windstärken bis vier.
Wie entstehen nun die Winde in Köln? Können Sie das bildlich erklären?
Man kann sich das vorstellen wie einen Kochtopf. Der Kochtopf stellt die Atmosphäre, die wir tagsüber erleben, dar: Man hat unten die wärmende Herdplatte – also die von der Sonne erwärmte Erdoberfläche. Dadurch werden im Topf warme Luftschläuche erzeugt, die nach oben steigende warme Luft darstellen – denn warme Luft ist leichter und steigt folglich auf, kühlt beim Aufsteigen aber wieder ab. Falls genug Wasserdampf in der Luft ist, sehen wir dann ab einer bestimmten Höhe die klassischen „Schönwetterwolken“.
Die aufsteigende Luft hinterlässt nun unten im Topf einen Bereich, der wieder aufgefüllt werden muss. Die Luftmassen, sozusagen links und rechts neben der aufsteigenden Luft, sorgen jetzt dafür, dass der untere Bereich wieder nachgefüllt wird – und das sind, vereinfacht dargestellt, die Winde, die wir tagsüber merken. Also wir sehen diesen Prozess, diese nachströmende Luft nicht, wir fühlen sie aber in Form von Windböen.
Der Rheintalwind und seine Bedeutung für Köln
Sie sagen tagsüber – was ist denn nachts anders?
Abends ist die Sonne irgendwann weg und dann kann man sich das wieder bildlich so vorstellen, dass man die Herdplatte ausmacht – und wenn keine Hitze mehr nachkommt, fallen die warmen Luftschläuche in sich zusammen. Dann hat man nachts keine Durchmischung mehr und es ist ruhig.
Aber ruhig auch wirklich nur da, wo wir Menschen uns in der Nähe der Erdoberfläche befinden. Nachts sind immer noch Winde in mehreren hundert Metern aktiv, die tagsüber nicht da sind. Aber auch in der Nähe des Rheins gibt es bei uns den sogenannten Rheintalwind, der etwa wird im Verlauf der Nacht immer stärker – sein Kaltluftstrom ist für die Abkühlung der Stadt Köln enorm wichtig.
Sind die lokal geprägten Winde tagsüber einzigartig für Köln?
Nein, aber man könnte durchaus von einem besonderen Phänomen nachts sprechen – der zuvor erwähnte Rheintalwind, der die Kölner Bucht abkühlt, ist schon besonders. Der Wind kommt kanalisiert südlich vom Rheintal. In Köln wird das Rheintal breiter – hier entlädt der Rheintalwind schließlich seine kühle Luft, denn hier kann er sich ausbreiten.
Es wird ja gerade sonniger, wärmer und trockener. Bedeutet das auch, dass lokale Winde zunehmen? Wird es immer windiger in Köln?
Nein, wenn wir jetzt über eine Klimaveränderung sprechen, dann müssen wir über einen längeren Zeitraum sprechen. Also wenn wir zum Beispiel sagen wollen, dass die Klimatologie der Winde sich ändert, dann müssten wir die schon über 30 Jahre hinweg beobachten. Und da lässt sich bei den mittleren Winden über Mitteleuropa kein Trend sehen. Wir sehen einen Trend in der Temperatur, also einen Anstieg, das ist ganz klar – zum Beispiel war das Jahr 2022 in NRW circa zwei Grad wärmer als das langjährige Mittel von 1971 bis 2000. Aber vor allem der lokale Wind ist ein sehr komplexes Phänomen, das nicht so direkt an den Anstieg der Treibhausgase gekoppelt ist wie die Temperatur.
So steht es um Tornados in Köln
Der Klimawandel sorgt für mehr Extremwetterlagen wie starke Unwetter und Tornados – wie sieht das für Köln aus? Erhöht sich hier das Auftreten von Tornados?
Es kommt aufgrund der Temperaturanstiege möglicherweise zu mehr Extremwetterlagen. Wie genau das Wetter in 30 bis 50 Jahren in Köln aussehen wird, kann man allerdings nur mit Vermutungen, die mit sehr hoher Unsicherheit einhergehen, äußern. Tornados treten nur sehr regional vereinzelt auf – für Köln selbst kann bisher keine erhöhtes Risiko für Tornados festgestellt werden.