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Bei Dänen zu HauseWarum ist dänisches Design in aller Welt so populär?

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Der Begriff des Dänischen Designs wurde 1949 durch eine Reihe von US-amerikanischen Journalisten geprägt.

Egg Chair, Y-Stuhl, PH-5-Leuchte – warum war und ist dänisches Design in aller Welt so überaus populär? Eine Spurensuche in Kopenhagen.

Formschön, funktional, fantasievoll – dänisches Design setzt seit Jahrzehnten Maßstäbe im Bereich Inneneinrichtung. Und das weltweit. Egal, ob in Wohnungen in Berlin, London oder Sydney: Es finden sich darin gerne ikonische Stücke, wie der 1958 entworfene Egg Chair von Arne Jacobsen (1902-1971) oder der stapelbare Holzstuhl der Serie 7 des Architekten und Designers aus dem Jahr 1955, der als der meistverkaufte Stuhl aller Zeiten gilt. Ebenso beliebt sind der Y-Stuhl (Y-Stolen) aus dem Jahr 1950 von Hans J. Wegner (1914-2007) für Carl Hansen & Søn und die 1958 designte dreischirmige PH-5-Leuchte von Poul Henningsen (1894-1967) für Louis Poulsen. Gleichzeitig erobern neben den Klassikern auch neue Marken wie Hay, ferm Living, Bolia und Broste Copenhagen den globalen Markt.

Wer Antworten darauf sucht, warum aus dem kleinen Land mit knapp sechs Millionen Einwohnern so viele erfolgreiche Designer und Designerinnen stammen, sucht am besten im Dänischen Designmuseum in Kopenhagen. Der prunkvolle Bau, ein ehemaliges Hospital aus dem 18. Jahrhundert, beherbergt die größte Möbel- und Produktdesignsammlung des Landes. Zum einen bekommen dort spannende Jungtalente ihren Platz, die zum Beispiel mit außergewöhnlichen Materialien wie den Schalen von Muscheln und Schnecken experimentieren, um daraus Tassen und Teller herzustellen. Zum anderen lernt man viel über die Genese eines Stils, der heute eine Art universellen Weltgeschmack zu prägen scheint.

Viele Dinge werden innerhalb einer Familie an die nächste Generation weitergegeben.
Grit Rister, Designfan und Hotelmanagerin

Der Begriff des Dänischen Designs wurde 1949 durch eine Reihe von US-amerikanischen Journalisten geprägt. Sie sahen sich die seit 1927 jährlich stattfindende Möbelausstellung der Kopenhagener Schreinergilde im Designmuseum an. In begeisterten Artikeln formulierten die Redakteure danach, was den dänischen Modernismus ausmachte und lösten damit eine immense Nachfrage nach den formschönen Stücken nicht nur in den USA aus. Die Möbel bestanden aus natürlichen Materialien, oftmals Holz, und waren in kleinen Werkstätten in klassischer Handwerksarbeit gebaut worden, bei der jeder Schritt wohl überlegt war und es keine verspielten Details gab.

Viele der bedeutendsten Köpfe der Möbeldesignbranche erlernten zunächst einen soliden Handwerksberuf: Jacobsen etwa wurde zum Steinmetz ausgebildet, bevor er Architektur studierte, Wegner lernte Tischler und ging später an die Kunstgewerbeschule. Als Anhänger des Funktionalismus schufen sie sparsame, rational gestaltete Objekte, deren Ästhetik sich perfekt mit Alltagstauglichkeit vereinte. Als Inspirationsquelle diente zwar vielfach die Natur. Die Gestalter dachten ihre Entwürfe aber vom Menschen her – etwas, dass das dänische Design bis heute prägt. Dies erklärt auch die weltweite Beliebtheit: Die Stücke sind zurückhaltend, sie drängen sich nicht auf und bestechen zudem durch ihre zeitlose Ästhetik.

Für die Dänen gehört gutes Design zum alltäglichen Leben

Zum handwerklichen Gedanken gesellten sich im Laufe der Zeit neue Herstellungsverfahren und Technologien. Doch auch die aktuellen Möbel-Manufakturen orientieren sich an der Designtradition ihrer Vorgänger und bauen darauf auf. Zudem gilt: „Viele Dinge werden innerhalb einer Familie an die nächste Generation weitergegeben“, sagt Grit Rister, Managerin des vor Kurzem in Kopenhagen eröffneten „25hours Hotel Paper Island“. „Wenn ich meine dänischen Freunde und Freundinnen besuche, sehe ich in jeder Wohnung Möbelklassiker, eine gelungene Mischung aus Vintage und Neuem,“ schwärmt sie. Das Innendesign des Hotels ist ein ebensolcher eklektischer Mix, „vieles, was man hier an Dekoration sieht, haben wir auf Flohmärkten gefunden“,berichtet Rister. Aber natürlich dürfen auch die alten und die modernen Designklassiker nicht fehlen: „Alle Lampen im Haus stammen von Louis Poulsen, die Tische und Stühle im Außenbereich sind von ferm Living und von Hay.“

Für die Dänen gehört gutes Design zum alltäglichen Leben; der Staat investierte früher ebenso wie heute in öffentliche Gebäude. Der spätere Stararchitekt Arne Jacobsen arbeitete nach dem Studium zunächst im städtischen Bauamt, bevor er an verschiedenen Großprojekten wie der Bellavista-Siedlung in Klampenborg, einem Vorort Kopenhagens am Strand des Öresunds, beteiligt war. Er entwarf während dieser Zeit nicht nur Wohnhäuser, sondern auch ein Restaurant, ein Theater und ein Hotel, inklusive der Innenausstattung.

Vom Kind bis zum Erwachsenen kennt fast jeder Däne die Designklassiker

Vom Kind bis zum Erwachsenen kennt fast jeder Däne die Designklassiker, bereits die Jüngsten werden spielerisch an das stilistische Erbe herangeführt. Eltern schenken dem Nachwuchs gerne das Buch „The Little Book of Danish Design for Children and Curious Grown-Ups”, das in humorvollen Illustrationen und kurzen Texten 50 Designklassiker vorstellt, darunter den Beistelltisch „Toadstool“ aus dem Jahr 1962 von Nanna Ditzel (1923-2005) oder die farbenfrohen Flowerpot-Lampen, die Verner Panton 1968 schuf.

„Es fängt schon beim Holzspielzeug für die Kinder an, das besonders toll gestaltet ist,“ weiß Rister. „Und geht in den Möbelgeschäften weiter, wo es meist von den Designstühlen für die Erwachsenen auch eine Ausführung für Kinder gibt.“ So entstehe ein Bewusstsein dafür, sich lieber wenige, aber dafür hochwertige Stücke zu gönnen. Dieses Denken führt dazu, dass in Dänemark nicht das teure Auto als Statussymbol gilt, sondern etwa ein Wishbone Chair von Wegner.

„Bei uns zu Hause gab es gar keine Möbel-Ikonen“, gestand der gebürtige Däne Rolf Hay mal in einem Interview. Erst als Erwachsener auf einer Messe wurde er auf die Möbelklassiker seiner Heimat aufmerksam – und war fasziniert. Das war der Startschuss für seine eigene Karriere im Möbeldesign: 2002 gründete er zusammen mit seiner Frau Mette die Marke Hay, die mittlerweile Niederlassungen in Berlin, München, Liverpool, Tokio und Melbourne hat.

Der Flagshipstore ist in einem Jugendstilgebäude aus dem Jahr 1896 in der Kopenhagener Innenstadt beheimatet. Die Produktpalette von Hay reicht vom Bett bis zur Zahnbürste – alles sehr minimalistisch, vieles davon in gedeckten Farben, aber auch mal in einem kräftigen Moosgrün oder einem warmen Gelb. Die Waren sind begehrt, entsprechend lang ist die Schlange an der Kasse. Denn bereits eines dieser sympathisch zurückhaltenden Designerteile schafft es, im eigenen Zuhause dänische Leichtigkeit und Unbeschwertheit zu verbreiten.