Acht Stunden müssen es sein und nur wer durchschläft, schläft gut. Wer das glaubt, sabotiert seinen Schlaf mitunter selbst. Zeit, mit den gängigsten Mythen aufzuräumen.
Schlafmythen im CheckWie wir uns selbst von gutem Schlaf abhalten
![Ein Mann liegt auf dem Bett. Er hält den Arm über die Stirn gelegt und schaut an die Decke.](https://static.ksta.de/__images/2025/01/31/0bf7196d-dd54-4345-a35b-775a1f8db5db.jpeg?q=75&q=70&rect=0,209,4000,2250&w=2000&h=1334&fm=jpeg&s=62c7e1acc738200a4558df6dfed56699)
Um gut schlafen zu können, ist eine Entspannung fundamental. Druck durch falsche Erwartungen sabotiert diese nur.
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Guter Schlaf ist elementar für Gesundheit und Wohlbefinden. Dennoch schlafen immer mehr Menschen schlecht. Das ist das Ergebnis einer Analyse der Barmer Krankenkasse. Die Gründe dafür sind vielfältig. Ein zentraler ist jedoch das Gedankenkarussell aus Sorgen, Ängsten und Befürchtungen.
Neben Job, Beziehung und anderen Alltagssorgen, gibt es noch einen anderen Druckfaktor. Wir wissen viel zu gut, wie wichtig Schlaf ist. Camila Stoddart, zertifizierte Schlafcoachin, sagte in einem Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Ich habe immer wieder Klientinnen und Klienten, die nachts wach liegen, weil sie denken: ‚Wenn ich jetzt nicht schlafe, verliere ich zehn Jahre meines Lebens‘.“
Um gut schlafen zu können, ist eine Entspannung jedoch fundamental. Druck durch falsche Erwartungen sabotiert diese nur. Höchste Zeit also, damit aufzuräumen.
Optimal sind acht Stunden Schlaf
Wer schon mal nachts die Stunden bis zum Weckerklingeln gezählt hat, den wird das hier erleichtern: Nicht jeder oder jede braucht acht Stunden Schlaf. „Schlaf ist normalverteilt“, sagt Julia Lechinger, klinische Psychologin im Schlaflabor der Zentrums für Integrative Psychiatrie in Kiel. „Manche brauchen zehn Stunden, andere nur sechs.“
Wenn nun jemand, der eigentlich nur sechs Stunden Schlaf braucht, denkt, er muss auf acht Stunden kommen, liegt er zwei Stunden wach im Bett. „Das ist ein Teufelskreis“, sagt Lechinger. „Je mehr Sorgen ich mir mache, desto negativer ich selbst meinen Schlaf bewerte, desto schlechter schlafe ich auch.“
Nur wer durchschläft, schläft gut
Schon wieder aufgewacht? Keine Panik. Es ist ganz normal, nicht durchzuschlafen. „Wir haben tatsächlich bis zu 20 ganz kurze Wachphasen“, sagt Lechinger. „Die erinnern wir aber nicht mehr, weil wir in der Regel sofort weiterschlafen.“
Auch, wenn man mal länger wachliegt und etwa auf die Toilette muss, sei das nicht schlimm. „Den Schlaf stören die Wachphasen beispielsweise dann, wenn wir dabei negative Gedanken haben. Dadurch fühlen wir uns schlecht und haben dann noch mehr Schwierigkeiten, wieder einzuschlafen.“
Wer mittags schläft, kann nachts nicht mehr
Es kommt drauf auf. Mittagsschlaf kann sich – egal in welchem Alter – positiv auf die Lernfähigkeit auswirken. Das zeigt eine Übersichtsarbeit der University of Massachusetts. Allerdings ist es wichtig, das Schläfchen nicht auszudehnen. „Wenn wir nicht länger als 25 Minuten schlafen, stört das den Nachtschlaf meist nicht“, sagt Lechinger. „Bei längeren Schlafzeiten kann es jedoch sein, dass wir in den Tiefschlaf kommen und Schlafdruck abbauen.“ Den brauchen wir jedoch, um abends einschlafen zu können. Menschen mit Schlafstörungen würde man daher empfehlen, auf den Mittagsschlaf zu verzichten.
Bei Vollmond schläft man schlecht
Viele Menschen klagen bei Vollmond über schlechten Schlaf. Aber ist da was dran? In einer umfangreichen Analyse haben Forschende 20.000 Schlafnächte ausgewertet und festgestellt: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Vollmond und Schlafqualität.
Warum schlafen manche Menschen dann schlechter? „Wenn das Schlafzimmer nicht ganz abgedunkelt ist, kann der Vollmond bei lichtempfindlichen Menschen den Schlaf stören“, sagt Lechinger.
Der beste Schlaf ist der vor Mitternacht
Wer vor Mitternacht schläft, kriegt den erholsamsten und wichtigsten Schlaf – soweit der Mythos. Nach Einschätzung von Schlafexpertin Julia Lechinger liegt das jedoch eher an der Schlafphase als an der Zeit vor Mitternacht. „Für Menschen, die zum Beispiel immer um 22 Uhr ins Bett gehen und um sechs Uhr aufstehen, kann das also stimmen“, sagt sie.
Denn in der ersten Nachthälfte haben wir den größten Tiefschlafanteil und der soll besonders erholsam sein. Ob diese erste Nachthälfte jedoch um 22 Uhr oder um 24 Uhr beginnt, ist egal. Was jedoch stimmt: Wer kurz vor Sonnenaufgang ins Bett geht, schläft weniger erholsam. Denn je später man ins Bett geht, desto geringer ist der Tiefschlafanteil.
Alkohol hilft beim Schlafen
Viele Menschen haben das Gefühl, mit einem Glas Wein oder Bier besser einschlafen zu können. Das ist jedoch trügerisch. „Alkohol verändert die Schlafarchitektur“, sagt Lechinger. „Das bedeutet, dass wir zwar leichter einschlafen, aber nicht so tief schlafen und häufiger aufwachen – alleine, weil wir öfter zur Toilette müssen.“
Je mehr Schlaf, desto besser
„Man kann auch zu viel schlafen“, sagt Lechinger. Wer beispielsweise einen Schlafbedarf von sechs Stunden habe, aber viel mehr schlafe, sei tagsüber erschöpft.
Zu viel Schlaf kann sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Forschende des Vanderbilt University Medical Centre in Nashville (USA) stellten in einer Studie fest, dass die Schlafdauer – wenn sie zu hoch oder zu niedrig war – Einfluss auf das Gesundheitsrisiko hatten. Menschen, die sehr viel oder sehr wenig schliefen, hatten demnach ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck, Depressionen und Angstzustände.
Schlaf lässt sich nachholen
„Wenn wir mehrere Tage nicht gut geschlafen haben und uns vor allem der Tiefschlaf fehlt, können wir den ein Stück weit nachholen, aber in der Regel nicht komplett“, sagt Lechinger. Eine Studie, die Forschende im Fachmagazin „Current Biology“ veröffentlichten, deutet darauf hin, dass das Nachholen von Schlaf bestimmte Folgen von Schlafmangel wie Störungen des Stoffwechsels nicht ausgleicht.
Je älter man ist, desto weniger Schlaf ist nötig
Ältere sind früher wach, also brauchen sie auch weniger Schlaf – klingt logisch, ist aber falsch. Vielmehr verändert sich die Art und Weise, wie Ältere schlafen. „Ältere Menschen schlafen anders als jüngere. Viele legen sich Mittags hin oder schlafen vor dem Fernseher ein“, sagt Lechinger. „Rechnet man das zusammen, kommt man ungefähr auf die gleiche Schlafdauer wie bei jüngeren Menschen.“
Wer müde ist, sollte mehr schlafen
Nicht immer ist der Schlaf der einzige Grund für Müdigkeit oder Erschöpfung. „Oft können auch psychiatrische Erkrankungen dahinterstecken oder Fatique“, sagt Lechinger. Sie empfiehlt: „Wer sich trotz Schlaf ständig müde fühlt, sollte das vom Arzt oder der Ärztin abklären lassen.“
Für guten Schlaf empfiehlt Lechinger drei Basics: regelmäßige Schlafzeiten, Bewegung an der frischen Luft und Entspannungsphasen. „Man sollte nicht im Bett arbeiten oder bis unmittelbar vor der Zubettgehzeit“, sagt Lechinger.