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Eine SpurensucheAus Uummannaq in alle Welt: Wo wohnt er denn nun, der Weihnachtsmann?

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Ganz schön umtriebig: Der Weihnachtsmann hat viele Zuhause. Patricia

Ganz schön umtriebig: Der Weihnachtsmann hat viele Zuhause.

Der Weihnachtsmann hat viele Zuhause – alle sind ein bisschen hygge. Aber wie und wo wohnt der Mann mit dem weißen Rauschebart und dem Rentierschlitten denn nun wirklich? Eine Spurensuche.

Bitterkalt soll es dort sein. Und doch urgemütlich. Draußen glänzt meterhoher Schnee im Mondlicht, drinnen lodert Feuer im Kamin. In einem großen Ohrensessel fläzt sich ein weißhaariger alter Mann mit Rauschebart, wahlweise umgeben von Rentieren, Geschenken, Wichteln oder gleich von allen. Neben ihm funkelt ein prächtiger Weihnachtsbaum. So jedenfalls sehen viele Darstellungen vom Zuhause des Weihnachtsmanns aus.

Aber wo befindet sich dieses? Da scheiden sich die Geister: „Den einen Wohnsitz gibt es nicht. Ihm werden verschiedene zugewiesen. Regionen entwickeln hier eigene Traditionen, hinter denen meist Geschäftsleute stehen, die dann einen solchen Punkt für ihre Interessen ausnutzen“, sagt der katholische Theologe und Brauchtumsforscher Manfred Becker-Huberti.

Und in der Tat reklamieren viele Länder und Orte den Wohnsitz des Weihnachtsmanns für sich – auch hierzulande. „Der Weihnachtsmann, der im 19. Jahrhundert daraus wurde, hat in Deutschland zwei Anschriften: in Himmelpfort, einem Ortsteil von Fürstenberg an der Havel, und im Hildesheimer Stadtteil Himmelsthür“, erklärt Frank Hofmann von der Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschland. Noch mehr Wohnadressen seien im skandinavischen Raum verbreitet: Rovaniemi und Korvatunturi in Finnland, Uummannaq auf Grönland, Mora im schwedischen Dalarna und Dimmuborgir auf Island, so der Sprecher.

Vor allem die nordischen Länder bieten sich als Wohnort an, weil dort die weit verbreitete Vorstellung vom Wohnen in romantisch-winterlicher Idylle am ehesten erfüllt wird. „Die Weihnachtsmänner des Volksglaubens sind eher Naturburschen, denen Kälte, Wind und Schnee nichts anhaben können“, sagt Hofmann. Aber ein bisschen hygge – das dänische Wort gilt als Inbegriff für Gemütlichkeit – dürfe das Zuhause schon sein. Davon könnten sich selbst Darstellungen vom Stall in Bethlehem mit dem Jesuskind in der Krippe nicht befreien.

Älteste deutsche Weihnachtspostfiliale ist in Hildesheim

„Die feudalste Wohnstätte der nordischen Weihnachtsmänner ist das Santa Claus Village im finnischen Rovaniemi, ein aus Holz gebautes Dorf mit viel Komfort“, erläutert Hofmann. Dieses hat sich bei der Europäischen Union als „offizieller Wohnort des Weihnachtsmannes“ registrieren lassen, liegt in Lappland am Polarkreis und erinnert an einen kleinen Vergnügungspark. Direkt an einer Schnellstraße befinden sich nicht nur das Wohnhaus und das Büro des Weihnachtsmanns, sondern auch ein Haus der Weihnachtsfrau, ein Rentier-Resort, eine Weihnachtswerkstatt und Souvenir-Shops. Im Vollservice-Postamt können Pakete und Briefe abgegeben werden. Hier kommt auch jede Menge Post an: Jährlich sind es etwa eine halbe Million Briefe von Kindern und Erwachsenen aus aller Welt.

Mehrere Hunderttausend Besucherinnen und Besucher pilgern jedes Jahr dorthin, um dem Weihnachtsmann persönlich zu begegnen. Bereits 1950 besuchte Eleanor Roosevelt, die Frau des amerikanischen Präsidenten, Rovaniemi und war so begeistert, dass sie darüber in ihren Memoiren schrieb. Das verhalf dem verschlafenen Nest zu großer Popularität und trug dazu bei, dass ein anderer angeblicher Wohnort des Weihnachtsmanns in den Hintergrund gedrängt wurde, zumal dieser nur beschwerlich zu erreichen ist: Wenige Kilometer entfernt befindet sich Korvatunturi, übersetzt der „Ohrenberg“. Der ähnelt in seiner Form mit viel Fantasie Hasenohren. Damit könne der Weihnachtsmann lauschen, ob die Kinder brav gewesen seien und was sie sich wünschten, behaupten die Finnen.

Zu einem kleinen Touristenmagneten hat sich auch der brandenburgische 500-Seelen-Ort Himmelspfort entwickelt. Hier steht eines von insgesamt neun Weihnachtspostämtern in Deutschland, das die deutsche Post betreibt. Seit einigen Jahren locken an den Adventswochenenden ein Weihnachtsmarkt und eine Weihnachtsmannstube mehrere Tausend Besucherinnen und Besucher an. Bereits vor über 50 Jahren wurde die älteste deutsche Weihnachtspostfiliale im Hildesheimer Ortsteil Himmelsthür gegründet. Hier kommen jährlich Tausende Briefe und Karten an, die von vielen fleißigen Helferinnen und Helfern des Weihnachtsmanns beantwortet werden.

Weihnachtsmann gehört nicht zum theologischen Weihnachtspersonal

Fernab von jeglichem Rummel und in größter Bescheidenheit soll der Weihnachtsmann nach Ansicht der Dänen hingegen in Uummannaq, einem Weiler in Grönland, leben. Schwer vorstellbar allerdings, dass er von dieser kleinen Holzhütte direkt am Meer in die ganze Welt aufbricht, um Geschenke zu bringen – zumal Rentiere in dieser rauen Wildnis nicht überleben könnten.

Für Christen ist der Weihnachtsmann ohnehin eine schwierige, weil eigentlich heidnische Figur: „Weihnachten ist nicht das Fest des Weihnachtsmannes, sondern von Jesus in der Krippe von Bethlehem“, betont Matthias Kopp, Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz. Am ehesten lasse sich der Weihnachtsmann in Bezug zum Nikolaus setzen, ergänzt Hofmann: „Das Vorbild für die Kunstfigur Weihnachtsmann ist der Bischof von Myra, Nikolaus, der im dritten Jahrhundert in Patara geboren wurde – eine in der Antike bedeutende Hafenstadt an der Küste Lykiens.“ Reste davon könne man heute in der Nähe des Dorfs Gelemiş bei Antalya besichtigen.

Nikolaus von Myra sei das Kind einer einflussreichen und vermutlich vermögenden Familie gewesen. In der Hafenstadt habe er an einer erhobenen, vor dem Meer gut geschützten Stelle gelebt, so Hofmann weiter: „Die Einrichtung des Steinhauses war gehoben, vielleicht sogar voller Malereien und Mosaike.“ Das passe nicht zu der Vorstellung von ärmlichen Verhältnissen, die theologisch wesentlich für das Christentum seien. „Wäre der Weihnachtsmann also Bestandteil des theologischen Weihnachtspersonals, müsste er unbedingt ebenso ärmlich leben“, unterstreicht der Sprecher.

Ähnlich geheimnisvoll und sagenumwoben wie die Figur des Weihnachtsmannes selbst bleiben also auch sein Wohnort und sein Zuhause. Den meisten Kindern dürfte das egal sein – Hauptsache, er bringt Geschenke.