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Laptops, BücherWarum der Amazon-Club „Vine“ Produkte an Tester verschenkt

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Amazon Online Einkauf

Käufer bei Amazon verlassen sich auf die guten Bewertungen von Produkten.

Köln – Die Mitglieder eines exklusiven Amazon-Klubs bekommen regelmäßig Produkte umsonst zugeschickt, um diese zu testen und eine Bewertung auf Amazon zu hinterlassen. Aber was steckt genau dahinter? Wer sind die Mitglieder in diesem Klub? Wie werden sie ausgewählt? Und warum wird auch immer wieder Kritik an diesem System des Onlineversandriesen laut?

Das sogenannte „Amazon Vine“ wird von dem Unternehmen selbst als „Club der Produkttester“ beschrieben. Mitglieder dieses Klubs sind Amazon-Rezensenten, die im Vorhinein online besonders viele Produkte bewertet haben. Sie bekommen dann Produkte zugeschickt, hin und wieder auch welche, die noch nicht auf dem Markt zu haben sind, testen sie und sind verpflichtet, eine Rezension zu schreiben. Diese sind dann deutlich als „Vine Kundenrezension eines kostenfreien Produkts“ gekennzeichnet.

Wie wird man Mitglied im „Amazon Vine“-Klub?

Kostenlos brandneue Produkte zugeschickt bekommen und im Gegenzug nur ein paar Zeilen dazu schreiben, das klingt verlockend. Einfach so Mitglied werden kann man aber nicht. Amazon selbst wählt aus, wen es bei „Vine“ dabei haben will und lädt jeweilige Nutzer ein.

Auf seiner Seite erklärt das Unternehmen das Auswahlverfahren: „Amazon lädt Kunden nach ihrem Rezensenten-Rang ein, „Vine“-Mitglieder zu werden. Der Rezensent-Rang ist ein Maß der Qualität und Nützlichkeit ihrer Rezensionen, die von anderen Amazon-Kunden bewertet wurden.“ Wer also viele Rezensionen schreibt und dabei von anderen Amazon-Nutzern als hilfreich empfunden wird, hat höhere Chancen, in den Klub eingeladen zu werden. Außerdem soll es ausschlaggebend sein, wenn man sich in einem Feld den Ruf eines Experten erarbeitet.

Warum gibt es den „Vine“-Klub überhaupt?

Amazon selbst schreibt, es wolle mit den „Vine“-Bewertungen anderen Nutzern helfen „bessere Kaufentscheidungen“ zu treffen. Dabei sei es natürlich egal, ob die Bewertung positiv oder negativ ausfalle. Gleichzeitig gilt es laut Verbraucherzentrale NRW aber auch als erwiesen, dass viele positive Kundenrezensionen unter einem Produkt andere Nutzer eher zum Kauf bewegen. Durch die Verpflichtung der „Vine“-Mitglieder stellt Amazon diese Rezensionen sicher. Und wer ein – womöglich sogar teures – Produkt geschenkt bekommt, ist meist automatisch eher geneigt, dieses Produkt positiver zu bewerten.

Zwar betont das Onlineversand-Unternehmen, dass „Vine“-Mitglieder weder für ihre Bewertungen bezahlt, noch unter Druck gesetzt würden, für die Verbraucherzentrale ist es aber deutlich, dass die „Vine“-Mitglieder nicht neutral sein können.

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Hinzu kommt auch, dass sich die „Vine“-Mitglieder täglich Produkte, aus ihrem Interessensgebiet selbst aussuchen dürfen, die ihnen dann kostenlos zugeschickt werden. Das können zum Beispiel auch Technik-Artikel wie Notebooks oder Kaffevollautomaten im Wert von bis zu 2000 Euro sein. Je nach Expertengebiet können aber auch Lebensmittel oder Kosmetika in der individuellen Liste stehen.

Direkt Weiterverkaufen dürfen die Rezensenten die Produkte übrigens nicht. Nach Informationen des Online-Magazins Techbook sind sie verpflichtet, die Artikel sechs Monate bis zwei Jahre zu behalten, um im Zweifel Fragen dazu beantworten zu können. Außerdem habe Amazon theoretisch das Recht, Produkte in diesem Zeitraum zurück zu fordern.

Kritik von Verbraucherschützern

Schon 2013 fiel der Verbraucherzentrale NRW bei ihren Nachforschungen auf, dass, obwohl es den Klub-Mitgliedern freisteht, Produkte auch negativ zu bewerten, dies so gut wie nie der Fall war. Das bestätigt auch die aktuelle Recherche von Techbook. Techbook sprach mit drei „Vine“-Rezensenten, die zwar angaben, Produkte grundsätzlich auch negativ zu bewerten, das aber tatsächlich fast nie taten.

Die Verbraucherzentrale NRW sieht das System des „Vine“-Klubs noch immer kritisch. Im Gespräch mit Techbook erklärt Verbraucherschützer Georg Tryba, dass Untersuchungen gezeigt hätten, wie positive „Vine“-Rezensionen andere Bewertungen von Nicht-Klubmitgliedern quasi verdrängten und die Gesamtbewertung eines Produktes so beeinflussten.

Die überwiegend positiven „Vine“-Bewertungen funktionierten außerdem als eine Art „psychologischer Trick“, so Tryba. Normale Kunden seien dann nicht nur eher gewillt das Produkt zu kaufen, sondern auch selbst eine positive Bewertung abzugeben. Was wiederum dazu führt, dass mehr Kunden das Produkt kaufen. Amazon äußerte sich nicht zu den Vorwürfen der Verbraucherzentrale.