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Bei MückenstichenBlutzucker-Messung im Auge

Lesezeit 2 Minuten

Dr. Magnus Heier ist Neurologe und Wissenschaftsautor

Es ist kein schöner Anblick, wenn der Sitznachbar plötzlich eine Nadel auspackt, sich in den Finger sticht und das Blut auf einen Teststreifen zieht, um den Blutzucker zu messen. Und auch wenn sich Diabetiker längst an den regelmäßigen Stich gewöhnt haben – ein bisschen schmerzhaft bleibt es immer.

Die kontrollierende Blutzuckermessung mehrmals täglich gehört für viele Diabetiker oft seit Jahrzehnten zum Alltag. Insofern ist es eine wunderbare Vision, die jetzt vorgestellt wurde: Der Blutzuckerspiegel soll kontinuierlich gemessen werden – aber nicht im Blut, sondern in den Tränen. Und der optimale Ort, um ohne Stich an Tränenflüssigkeit zu kommen, ist natürlich das Auge. In Zeiten einer noch vor kurzem unvorstellbaren Miniaturisierung soll eine Kontaktlinse oder eine implantierte Linse diese Aufgabe übernehmen und kontinuierlich den Zuckergehalt der Tränen messen – ganz nebenbei kann die Linse die Sehkraft des Trägers verbessern.

Aus dem Zuckergehalt in den Tränen lässt sich der Blutzucker errechnen. Allerdings wäre das System unbefriedigend, wenn man, um den Wert zu erfahren, jeweils eine Art Lesegerät ans Auge halten müsste. Stattdessen soll die Linse mit einer Art Miniaturantenne ausgestattet werden, die die Zuckerwerte aufs Handy, eine entsprechende Armbanduhr oder ein spezielles Aufzeichnungsgerät überträgt. Und das dauerhaft. Eine solche Messung wäre ein großer Vorteil, weil ein entgleister Blutzucker auf diesem Wege sofort entdeckt würde – und nicht erst, wenn der Betroffene Verdacht schöpft oder erste Symptome hat. Und die Methode käme ohne Stechen aus.

Das ständige Überwachen von Körperfunktionen wird die Medizin der Zukunft prägen. Es wird vor allem um die Kontrolle des Herzens gehen. Unregelmäßigkeiten im Rhythmus können sofort erkannt und automatisch an Klinik oder Praxis geschickt werden. Die schnelle Weiterleitung der Daten ist dabei entscheidend: Der Fachmann kann ohne Zeitverzögerung das Problem analysieren, einen Notfall erkennen und gegebenenfalls eine Therapie einleiten. Das gilt natürlich nicht nur für Herznotfälle. Auch die richtige Reaktion auf einen entgleisten Blutzucker kann lebensrettend sein – vor allem in dem Fall, wenn der Betroffene das Bewusstsein zu verlieren droht. Das automatische Monitoring wird Sicherheit schaffen und Menschen unabhängiger machen – nicht nur bei Diabetes. Eine gute, eine sehr gute Perspektive.