F&G bekommt erneut neuen Eigentümer

Lesezeit 4 Minuten

Der Kabelhersteller Felten & Guilleaume im Jahr 1848: Die großen Fabrikhallen der ursprünglichen Seilerei lagen am Kartäuserwall in der Kölner Südstadt.

Tiefrote Zahlen zwingen den über 100 Jahre alten Bonner Familienkonzern Moeller zum Verkauf.

Köln / Bonn - Die aus dem traditionsreichen Kölner Unternehmen Felten & Guilleaume (F & G) verbliebene Sparte für Schutzschalter und Gebäudeautomation bekommt einen neuen Eigentümer. Bereits im September hat die Laontae Beteiligungs GmbH - eine Tochter des US-Finanzinvestors Advent International Corp. in Boston - mit der Familie Moeller einen Kaufvertrag zum Erwerb sämtlicher Gesellschaftsanteile an der Moeller Holding GmbH & Co KG in Bonn abgeschlossen, teilte Laontae am Montag in einer Pflichtveröffentlichung mit. Allerdings hat Laontae offenbar weder Mitarbeiter noch ein eigenes Büro: Unter der angegebenen Adresse in Frankfurt meldet sich lediglich eine mit der Abwicklung des Deals befasste Anwalts-Sozietät.

Die EU-Kommission hat für die Übernahme von Moeller bereits grünes Licht gegeben, im Laufe dieser Woche soll sie auch offiziell in Kraft treten. Der in der Elektro- und Elektronikbranche tätigen Moeller Holding gehören unter anderem 99,13 Prozent aller F & G-Aktien.

Potenzial für die Zukunft

In Kreisen der Erwerber heißt es, Moeller besitze ein bedeutendes Potenzial für die Zukunft. Felten & Guilleaume sei dabei „ein elementarer und wichtiger Bestandteil der Gruppe“. Eine Aufspaltung der Gruppe sei nicht geplant: „Wir zerschlagen nichts, sondern wollen sinnvoll den Wert des Unternehmens steigern und Wachstumsmärkte erschließen“, heißt es. Moeller-Sprecher Dirk Bolz kommentierte den Verkauf gestern nicht, sondern kündigte lediglich eine Stellungnahme für die nächsten Tage an.

Moeller war über 100 Jahre in Familienbesitz. Weltweit werden rund 11 000 Mitarbeiter beschäftigt, davon etwa 600 bei F & G in Köln sowie 1600 in der Konzernzentrale in Bonn. Die Moeller-Gruppe war durch zahlreiche Übernahmen (darunter die von F & G 1998) stark gewachsen und hatte sich dabei offenbar übernommen. Bei den Banken, die bereits seit geraumer Zeit auf einem Verkauf bestehen, soll die Gruppe mit über 250 Millionen Euro in der Kreide stehen. Der erste Versuch des Verkaufs an eine Tochter des amerikanischen Finanzriesen Citigroup war im Juni gescheitert.

In den vergangenen Jahren hatte die Holding stets rote Zahlen geschrieben. 2001 / 2002 (zum 30. April) war bei einem Umsatz von 1,15 (Vorjahr 1,22) Milliarden Euro ein Verlust von 76 (Vorjahr minus 16,5) Millionen Euro angefallen. Für das Jahr 2002 / 2003 liegt noch kein Geschäftsbericht vor. Früheren Angaben von Moeller-Finanzvorstand Robert Gärtner zufolge rechnete der Konzern aber erneut mit einem Verlust nach Zinsen und Steuern.

Den wenigen verbliebenen freien F & G-Aktionären - sie halten gerade noch 0,83 Prozent am Grundkapital oder gut 10 000 Aktien - macht die Laontae jetzt das vorgeschriebene Übernahmeangebot. Geboten wird der durchschnittliche Börsenkurs der vergangenen drei Monate, mindestens jedoch 154 Euro pro Aktie. Der streitbare Aktionär Karl-Rudolf Freitag rät aber allen Kleinaktionären dringend davon ab, zu diesem Preis zu verkaufen. Er verweist auf ein vor dem Kölner Landgericht anhängiges Spruchstellenverfahren, in dem er durchsetzen will, dass Moeller eine deutlich höhere Summe pro Aktie zahlen muss als die nach der Übernahme von F & G 1998 angebotenen 300 DM. Auch die seitdem geltende Garantiedividende von 9,14 DM pro Jahr ficht Freitag gerichtlich an.

Radikaler Schnitt

Für die F & G AG ist der Verkauf an Laontae ein neuer radikaler Schnitt in der turbulenten Firmengeschichte. Die seit 1820 im Kabelgeschäft groß gewordene F & G wird Ende des 19. Jahrhunderts mit der Verlegung der ersten Überseekabel in die USA bekannt. Später weitet das Unternehmen seine Geschäftsfelder auch auf Schutzschalter sowie Anlagen und Antriebe aus.

Von 1920 bis 1978 gehört F & G zur Arbed in Luxemburg. Die niederländische Philips übernimmt das Kölner Unternehmen 1978. Doch schon vier Jahre später gibt Philips die Beteiligung wieder auf und verkauft sie als F & G Energietechnik AG an die Börse. Größter Anteilseigner wird dabei mit gut 25 Prozent die Kölner GEW (Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerke AG).

1996 gerät F & G in die Schlagzeilen, weil 14 Kabelhersteller über Jahrzehnte illegal ihre Marktanteile abgesprochen hatten. Die Kölner zahlen ein Bußgeld von fast 36 Millionen DM. Mitte 1998 übernimmt Moeller die F & G. Wenig später reichen die Bonner dann die F & G-Kabelsparte an den dänischen NKT-Konzern weiter, um sich ganz auf die Schutzschalter und die Anlagentechnik zu konzentrieren.

Ein Geschäftsbericht der F & G AG für das Geschäftsjahr 2002 / 2003 (30. April) liegt bislang nicht vor. Für kommende Woche Dienstag sind die F & A-Aktionäre aber zu einer ordentlichen Hauptversammlung ins Moeller-Schulungszentrum in Sankt Augustin geladen. Ob auf der Arbeitgeberseite des Aufsichtsrats dann noch die Moeller- oder bereits die Advent-Vertreter sitzen werden, ist bis heute ungewiss.

Nachtmodus
KStA abonnieren