„Fühl mich unendlich schuldig“Ex-Manager bereut seine Arbeit – und warnt vor Facebook
Facebook hat erneut kräftigen Gegenwind aus den eigenen Reihen bekommen. Bei einer Podiumsdiskussion an der US-Elite-Universität Stanford schoss der ehemalige Top-Manager Chamath Palihapitiya gegen das Unternehmen, später unterstrich er seine Position außerdem beim Nachrichtensender CNBC. Palihapitiya ist inzwischen Geschäftsführer und Gründer des Finanzinvestoren „Social Capital“, ab 2007 war er verantwortlicher Manager für das Nutzerwachstum von Facebook.
Ex-Facebook-Manager bereut seine Arbeit: „Ich fühle mich unendlich schuldig“
Jetzt bereut Palihapitiya seine Arbeit. „Ich fühle mich unendlich schuldig“, erklärt der ehemalige Facebook-Manager. Facebook und andere Netzwerke würden das menschliche Verlangen nach Feedback und Bestätigung ausbeuten. „Wir haben Tools entwickelt, die die Strukturen auseinanderreißen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten.“
Die Nutzer würden sich ein künstliches Leben erschaffen, das als perfekt wahrgenommen werden soll. „Weil wir mit diesen Signalen belohnt werden – Herzen, Likes, Daumen hoch“, so Palihapitiya. Und diese Signale mit wahren Werten verwechseln. „In Wahrheit ist das aber nur falsche, kurzzeitige Beliebtheit, die dich noch leerer zurücklässt“, erklärt Palihapitiya. „Denn wenn du ehrlich bist, fragst du dich sofort: Was muss ich als nächstes tun, um noch mehr Bestätigung zu bekommen?“ Durch die Signale werde Dopamin im Hirn ausgeschüttet. Die Nutzer bräuchten dann immer und immer wieder diese Bestätigung und würden den Bezug zur Realität verlieren.
Soziale Netzwerke in der Kritik: „Meine Kinder dürfen den Scheiß nicht benutzen“
Diese „kurzfristigen, Dopamin getriebenen Feedback-Schleifen“, die sie geschaffen hätten, würden zerstören, wie die Gesellschaft funktioniert. „Es gibt keine kritischen Auseinandersetzungen mehr, keine Zusammenarbeit, Falschmeldungen und Missinformation.“ Wenn man das ins Extrem treibe, könnte ein Mensch mit bösen Absichten große Gruppen von Leuten so manipulieren, dass sie tun, was immer er möchte.
„Ihr alle werdet programmiert“, erklärt der Manager. Seine persönliche Lösung sei, „den Scheiß nicht zu nutzen“. Er selbst habe in sieben Jahren vielleicht fünfmal etwas bei Facebook gepostet und nutze sonst seit Jahren keine sozialen Netzwerke. Auch bei seinen Kindern sei er in dem Punkt streng – „die dürfen den Scheiß nicht benutzen.“
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Facebook äußert sich zu den Vorwürfen
„Jetzt müsst ihr entscheiden, wie viel ihr bereit seid, von eurer intellektuellen Unabhängigkeit aufzugeben“, warnt der Manager die Studenten und ruft sie dazu auf, sich Facebook entgegenzustellen. Menschen müssten aufhören, die Netzwerke zu nutzen. „Wenn ihr dieses Monster weiter füttert, wird es euch zerstören. Wenn ihr es zurückdrängt, haben wir noch eine Chance es zu kontrollieren.“
Vor wenigen Wochen hatte sich bereits Sean Parker kritisch über das Netzwerk geäußert. Der Napster-Mitbegründer gehört zu den frühen Investoren des Unternehmens, war Facebook-Berater und -Präsident. Er bezeichnete Facebook als eine „soziale Bestätigungsmaschine“ und erklärte im Rahmen einer Rede in Philadelphia: „Nur Gott weiß, was das mit den Gehirnen unserer Kinder anrichtet.“
Facebook hat sich in einem Statement jetzt zu den Vorwürfen geäußert. Palihapitiya sei bereits seit sechs Jahren nicht mehr im Unternehmen, seitdem hätte sich viel verändert. Facebook sei gewachsen und habe vor allem realisiert, welche große Verantwortung das Unternehmen habe. Um die richtige Investitionen zu tätigen, sei man auch bereit, an Profit einzubüßen. (bbm)