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Nach MassenprotestenTichanowskaja sieht Widerstandskampf in Belarus vorerst verloren

Lesezeit 2 Minuten
Tichanowskaja 061020

Swetlana Tichanowskaja

Genf/Minsk – Nach monatelangen Massenprotesten in Belarus räumt Oppositionsführerin Svetlana Tichanowskaja eine vorläufige Niederlage gegen Machthaber Alexander Lukaschenko ein. „Ich muss zugeben, wir haben die Straße verloren“, sagte sie in einem Interview mit der Schweizer Zeitung „Le Temps“ (Genf).

„Wir haben nicht die Mittel, um der Gewalt des Regimes gegen die Demonstranten etwas entgegenzusetzen.“ Die Regierung habe die Waffen und die Macht. „Ja, es sieht im Moment so aus, als hätten wir verloren“, sagte sie.

Opposition sei dabei Strukturen aufzubauen

Aber die Opposition sei dabei, Strukturen für die nächsten Kämpfe aufzubauen, so Tichanowskaja. „Unsere Strategie ist es, uns besser zu organisieren, das Regime unter ständigen Druck zu setzen, bis die Menschen wieder bereit sind, auf die Straße zu gehen, vielleicht im Frühjahr.“ Die Rückkehr zur Demokratie brauche mehr Zeit als angenommen.

„Le Temps“ sprach mit Tichanowskaja in ihrem Exil in Litauen. Ihr Mann sitzt in Belarus in Haft. Sie will im März in die Schweiz reisen, wo bis zum 23. März der UN-Menschenrechtsrat tagt, der sich auch mit der Situation in der Ex-Sowjetrepublik befassen will.

Lukaschenko will Putin treffen

Dort gab es am Wochenende neue kleinere Proteste nach der jüngsten Verurteilung zweier Journalistinnen. Menschen zogen in Kleingruppen mit der weiß-rote-weiße Fahne der Opposition durch die Straßen. An diesem Montag will Lukaschenko den russischen Präsidenten Wladimir Putin in der russischen Schwarzmeer-Stadt Sotschi treffen.

In Belarus (Weißrussland) hat die weithin als gefälscht geltende Präsidentenwahl am 9. August 2020 landesweite Proteste ausgelöst, die oft brutal niedergeschlagen wurden. Der langjährige Machthaber Lukaschenko hatte sich mit 80,1 Prozent zum Sieger erklären lassen. Die Demokratiebewegung des Landes sieht hingegen Tichanowskaja als Gewinnerin. Sie war anstelle ihres inhaftierten Mannes angetreten.

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Sie überlege jeden Tag, ob sie nach Belarus zurückkehren solle, sagte Tichanowskaja. Manchmal sei sie der Verzweiflung nahe. „Aber man wird sich dann schnell klar, das kann man nicht machen, wenn man ein Symbol ist, eine nationale Anführerin, dann kann man nicht einfach aufgeben“, sagte sie. Sie freue sich über neue Oppositionsinitiativen.

Zugleich warnte sie vor einer Aufspaltung. „Das würde die Opposition zerstören“, so Tichanowskaja. „Ich bin ein bisschen wie die Glucke, die die Küken zusammentrommelt, damit wir alle in dieselbe Richtung schauen.“ (dpa)