Heiko Maas in IsraelKritik an geplanter Annexion – aber keine Drohungen
Jerusalem – Bundesaußenminister Heiko Maas hat bei einem Besuch in Israel die geplante Annexion palästinensischer Gebiete als Rechtsbruch kritisiert, aber auf eine Drohung mit Konsequenzen verzichtet. Der SPD-Politiker warb am Mittwoch nach einem Gespräch mit dem neuen israelischen Außenminister Gabi Aschkenasi für eine Wiederaufnahme der vor sechs Jahren ausgesetzten direkten Gespräche zwischen Israel und den Palästinensern über eine Lösung des Nahost-Konflikts.
Die vor drei Wochen vereidigte neue israelische Regierung will auf Grundlage eines Nahost-Plans von US-Präsident Donald Trump bis zu 30 Prozent des besetzten palästinensischen Westjordanlands annektieren. Die ersten Schritte könnten am 1. Juli eingeleitet werden - dem Tag, an dem Deutschland die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union und den Vorsitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nimmt.
EU diskutiert Sanktionen
In der EU wird bereits darüber diskutiert, ob man auf eine Annexion mit Sanktionen reagieren sollte. Maas sagte dazu: „Ich halte überhaupt nichts davon, in Zeiten, in denen Entscheidungen überhaupt noch nicht getroffen sind, mit Drohungen Politik zu machen.“ Er habe bei seinem Gespräch mit Aschkenasi „überhaupt keine Preisschilder aufgestellt“.
Er habe aber die „ehrlichen und ernsthaften Sorgen“ Deutschlands als „ganz besonderer Freund Israels“ dargelegt. Maas machte auch noch einmal die rechtliche Position Deutschlands deutlich. „Gemeinsam mit der Europäischen Union sind wir der Ansicht, dass eine Annexion nicht mit internationalem Recht vereinbar wäre.“
Kein Besuch in Ramallah
Maas wollte bei seinem Besuch auch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Benny Gantz treffen. Auf den sonst üblichen Besuch bei der palästinensischen Regierung in Ramallah verzichtet er unter Verweis auf die „erschwerten Bedingungen“ wegen der Corona-Pandemie. Es war allerdings am Abend ein Gespräch per Video mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Mohammed Schtaje von Jordanien aus geplant, der zweiten Station der Reise.
Die neue israelische Regierung nach einer beispiellosen politischen Hängepartie mit drei Wahlen innerhalb eines Jahres seit Mitte Mai im Amt. Maas ist der erste hochrangige Regierungsvertreter aus dem Ausland, der die neue Regierung besucht. US-Außenminister Mike Pompeo war allerdings schon kurz vor der Vereidigung trotz Corona-Pandemie zu Besuch. (dpa)