Interview mit Sophie Marceau„Risiken gehören zur Liebe dazu“

Sophie Marceau spielte als 14-Jährige in„La Boum“ einen verknallten Teenager. Auch in ihrem aktuellen Film dreht sich alles um die Liebe.
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Frau Marceau, wir sehen Sie jetzt in einem Liebesfilm im Kino, doch um Ihr eigenes Beziehungsleben steht es gar nicht gut. Bei Ihnen und Ihrem Mann Christopher Lambert steht eine Scheidung ins Haus. Wie sehr nimmt Sie das mit?
Sophie Marceau: Ich finde eigentlich eine Scheidung ganz gut. Sie schafft klare Verhältnisse, wenn es nun mal vorbei ist. Das ist natürlich schmerzvoll. Aber das ist Teil der Liebe. Du kannst nie kontrollieren, wie sich Beziehungen entwickeln. Das sieht man ja auch in „Ein Augenblick Liebe“. Der Film zeigt, was alles in der Liebe möglich ist – und sei es auch nur in der Fantasie eines der Partner.
Hatten Sie nicht Bedenken, vor zwei Jahren zu heiraten? Sie mussten es ja in Ihrem Leben schon ein paar Mal erleben, dass lange Beziehungen auseinandergingen.
Marceau: Nein, denn ich weiß, dass ich Risiken eingehen muss. Das gehört eben auch zur Liebe dazu. Deshalb würde ich auch nicht zögern, eine neue Beziehung einzugehen. Dank dieser Einstellung bin ich nie einsam gewesen. Ich hatte immer einen Partner.
Sophie Marceau, geboren 1966 in Paris, wurde als Teenager im Film „La Boum – Die Fete“ bekannt. Der Durchbruch gelang ihr 1995 in „Braveheart“. Aus ihrer Beziehung mit dem Regisseur Andrzej Zulawski hat Marceau einen Sohn, mit dem Produzenten Jim Lemley eine Tochter. Seit 2007 war sie mit dem Schauspieler Christopher Lambert zusammen, das Paar hat sich vor kurzem getrennt. Gerade gestartet ist ihr Film „Ein Augenblick Liebe“.
Sind Sie jemand, der nicht allein sein kann?
Marceau: Doch, ich mag es auch, Zeit mit mir selbst zu verbringen. Ich gehöre keiner bestimmten Clique an. Deshalb hat man mich in der französischen Showbranche auch schon wie eine Außenseiterin behandelt. Wenn ich mich in die Gesellschaft wage, brauche ich einen konkreten Grund. Im Zweifelsfall bin ich dann allein, das macht mir viel Spaß.
Sie hätten ja auch nach Hollywood gehen können. Da hätten Ihnen nach dem Erfolg von „Braveheart“ und „James Bond – Die Welt ist nicht genug“ sicher viele Türen offen gestanden.
Marceau: Mein Lebensmittelpunkt ist nun mal Paris. Und ich bin mir nicht sicher, ob Hollywood für deine geistige Gesundheit gut ist. Das habe ich schon damals bei Mel Gibson gemerkt.
Was genau haben Sie da erlebt?
Marceau: Beim Dreh von „Braveheart“ war er sehr amüsant, sanft, charmant. Es war großartig. Und als ich ihn ein paar Monate später in Los Angeles traf, hatte er sich komplett verwandelt. Er war völlig gestresst und paranoid. Er meinte zu mir: „Hollywood will mich fertigmachen.“ Ganz offensichtlich war das nicht die richtige Umgebung für ihn. Er schien mir zu sensibel, er ist ein intelligenter Künstler; er hat nicht in dieses System gepasst. Deshalb wurde er vielleicht auch ein wenig verrückt. Aber an diesen zweiten Mel Gibson mag ich nicht denken. Ich behalte lieber den ersten in Erinnerung – ohne Hollywood.
Was hilft Ihnen dabei, normal zu bleiben?
Marceau: Zum Beispiel meine Routinen und Rituale. Ich wache immer in der Frühe um die gleiche Zeit auf und kann es kaum erwarten, den Tag zu beginnen. Diese Freude ist mein Lebenselixier.
Wann stehen Sie auf?
Marceau: Um sieben. Aber nur wegen meiner Tochter. Sonst käme ich nicht so früh aus den Federn.
Was ist, wenn Sie mal Ihrer Lust am Alleinsein frönen wollen? Sind Ihre Kinder da kein Störfaktor?
Marceau: Nein, die beiden ziehen mich aus meinem Schneckenhaus, und das ist cool. Ich bin schließlich für sie da; meine Aufgabe ist es, sie zu beschützen.
Wollen Ihre beiden Kinder überhaupt noch von Ihnen beschützt werden? Ihr Sohn ist ja bereits 19.
Marceau: Natürlich stoßen sie mich auch zurück, und das lasse ich zu. Mein Sohn ist vor vier Jahren ausgezogen und ich habe darunter gelitten, aber ich wusste auch, dass es gut für ihn war. Die beiden sollen sie selbst sein. Meine Tochter ist zwölf. Sie lebt noch bei mir, und ich weiß, dass ich auch ihr Lebewohl sagen muss, das ist furchteinflößend, aber so ist nun mal das Leben. Schauen Sie sich die Tiere an – die verjagen ihre Jungen, damit die ihre Beute selbst jagen. Im Vergleich dazu bin ich noch relativ sanft (lacht). Ich würde nicht das Kind mit dem Bade ausschütten – sprichwörtlich. Dazu habe ich zu starke Beschützerinstinkte. Egal wie weit meine Kinder von mir entfernt sind, sie sollen wissen, dass sie sich auf mich verlassen können, ganz gleich, was passiert.
Werden Ihre Kinder eines Tages Ihren Fußstapfen folgen – was glauben Sie?
Marceau: Bei meiner Tochter vermag ich das noch nicht zu sagen; bei meinem Sohn kann ich mir nicht vorstellen, dass er so etwas Gutbürgerliches wie Rechtsanwalt wird. Ich schätze, er wird in diesem Metier bleiben und etwas Künstlerisches machen.
Stehen Sie mit dem Regisseur Andrzej Zulawski, seinem Vater, noch in Kontakt?
Marceau: Natürlich. Auch weil er mich persönlich und beruflich sehr stark geprägt hat. Wir machten gemeinsam vier Filme, und wir waren 17 Jahre zusammen. Er war sehr wichtig in meinem Leben.
Glauben Sie, dass Sie noch einmal eine so langfristige Beziehung eingehen werden?
Marceau: Im Leben ist alles möglich. Das entscheidende Kriterium für eine Beziehung ist, dass du dich darin glücklich und erfüllt fühlst. So lange das zutrifft, solltest du sie aufrechterhalten. Aber ich lasse mich jetzt eben nicht mehr auf etwas ein, wo ich nicht ich selbst sein kann. Mein Ziel ist es, einfach mit den Menschen zusammen zu sein, die ich liebe. Wenn das gegeben ist, dann fühle ich mich imstande, alles zu erreichen, was ich will.
Und was wollen Sie noch erreichen?
Marceau: Eine gute Mutter und ein guter Mensch zu sein. Das ist mein Hauptziel im Leben. Um das zu schaffen, folge ich meinen eigenen Maßstäben. Und ich zwinge niemand, mir das gleichzutun.
Das Gespräch führte Rüdiger Sturm