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Lit. CologneStefanie Stahl ist Therapeutin für Millionen

Lesezeit 3 Minuten
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Stefanie Stahl bei der Lit.Cologne 

Köln – Die gute Nachricht ist die: Das WDR-Funkhaus war Freitagabend ziemlich voll, als Stefanie Stahl, Psychologin, Therapeutin, Podcasterin und Autorin, im Rahmen der Lit.Cologne über ihr Buch „Das Kind in dir muss Heimat finden“ gesprochen hat. Die noch bessere Nachricht in dieser guten: Sehr viele junge Menschen waren gekommen.

Gut ist beides, weil es (wir sind mal optimistisch) vermutlich heißt, dass sich diese Menschen mit ihrer psychischen Verfassung beschäftigen oder das wollen, dass sie sich selbst reflektieren oder das wollen, dass sie mehr darüber erfahren wollen, warum sie heute sind, wie sie sind, warum sie triggert, was sie triggert, warum sie welche Muster haben und wie sie da rauskommen.

Das sind jetzt Annahmen, die Autorin dieser Zeilen hat nicht mit jedem einzelnen Gast gesprochen und das abgeklopft – aber welchen Grund sollte es sonst geben, dem Gespräch mit der Frau beizuwohnen, die das erfolgreichste psychologische Ratgeber-Buch der letzten Jahre geschrieben hat?

Rund zwei Millionen Mal wurde ihr Ratgeber mittlerweile verkauft, seit fünf Jahren schon steht Stahl auf der „Spiegel“-Bestsellerliste mit ihrem Buch ganz oben, in dem es – sehr grob zusammengefasst – darum geht, negative Glaubenssätze aus seiner Kindheit, die man ins Erwachsenenalter schleppt, zu erkennen und dann loszulassen. Stahl spricht in diesem Zusammenhang vom Schattenkind, das für alle negativen Prägungen in der Kindheit steht. „Wer sein Schattenkind erkennt, kann es beruhigen, trösten und regulieren. Hierfür hilft ihm sein Erwachsenen-Ich, auch der innere Erwachsene genannt, der anhand von Übungen gestärkt wird“, so schreibt Stahl es auf ihrer Webseite.

Und Stahl spricht auf der anderen Seite vom Sonnenkind, das alles Gute symbolisiert, das man als Kind erfahren hat und alles, was man als Erwachsener neu erlernt. Wenn das Schattenkind die Vergangenheit symbolisiert, ist das Sonnenkind die Zukunft und das Ziel und meint auch alle Stärken des Menschen.

Was im ersten Zugriff womöglich zu abgehoben klingen mag, wenn man sich noch nie damit befasst hat, ist es in Wahrheit nicht. Stahl schreibt verständlich und handfest und so, dass man etwas damit anfangen und auch für das eigene Leben ableiten kann – aber klar: Der Leser oder die Leserin muss sich darauf einlassen wollen und können.

Kein emotionaler Blindflug durchs Leben

Eine sehr persönliche Meinung der Autorin, damit das Folgende nicht missverstanden wird: Es lohnt sich, sich mit diesen Themen zu befassen, mit starken Glaubenssätzen und familiärer Prägung und mit Mustern, weil all das einen in jedem Bereich des Lebens beeinflusst und weil man so verhindert, auf ewig im emotionalen Blindflug durchs Leben zu trudeln. „Je klarer man sieht, desto klarer ist auch, wo der Exit ist“, sagt Stefanie Stahl in Köln. Und: Mangelnde Selbstreflexion sei das Problem unserer Welt. Wenn dieses Buch (oder auch andere) dabei hilft, klarer zu sehen: super. Also: Gut, dass so viele Menschen dort waren.

Jetzt zur nicht so guten Nachricht: Vielleicht war der Zeitplan verschoben, vielleicht war der Sessel unbequem, vielleicht nervte das Mikro, das nicht halten wollte, vielleicht waren die Fragen für sie nicht optimal, oder der Tag war einfach kein besonders guter. Stefanie Stahl wirkte im Funkhaus leicht gehetzt, bisweilen sogar genervt. Mehrfach wies sie auf die Uhr hin, länger als 90 Minuten bliebe sie nicht, allzu lang Bücher signieren wolle sie nicht, die Besucher und Besucherinnen hätten nun nur noch drei Minuten und „Ich unterbreche Sie an der Stelle mal“. Das war schade.

Aber egal: So viele Menschen, die offensichtlich Interesse an ihrer Psyche und ihrer ganz eigenen Zusammensetzung haben – und damit sind Buch-Käuferinnen und -Käufer ebenso gemeint wie die Besucherinnen und Besucher – das ist und bleibt eine gute Nachricht.