Neue MaßnahmenRegierung will mit „kreativen Ideen“ Lehrermangel bekämpfen
Düsseldorf – Die schwarz-gelbe Landesregierung zieht neue Register, um den Lehrermangel in Nordrhein-Westfalen zu bekämpfen und coronabedingte Ausfälle aufzufangen. Mit der vorzeitigen Einstellung von neuen Gymnasiallehrern, mehr pädagogischen Fachkräften an Grundschulen, leichteren Vertretungsmöglichkeiten und Arbeitszeitkonten sollen allein im neuen Schuljahr weit mehr als 1600 Stellen besetzt werden, wie Schul-Staatssekretär Mathias Richter am Freitag in Düsseldorf ankündigte.
Alle rund 5500 Schulen in NRW sollen nach den Sommerferien wieder in den Regelbetrieb zurückkehren. Die rund 2,5 Millionen Schüler sollen dann wieder jeden Tag zum Unterricht in die Schule gehen.
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Insgesamt stehen nach der jüngsten Erhebung derzeit etwa 85 Prozent der rund 200.000 Lehrer in NRW zur Verfügung. Der normale Krankenstand liegt bei knapp sieben Prozent. Rund acht Prozent sind wegen der Corona-Ansteckungsgefahr dienstunfähig. Das sei auch die Erwartung zum Schulstart, sagte Richter. Eine Woche nach dem Schulstart Mitte August will das Ministerium eine neue Erhebung machen, wie viele Lehrer coronabedingt dienstunfähig sind. Diese können laut Richter aber auch anderweitig ihren Dienst etwa zuhause erledigen oder sich um Schulorganisatorisches kümmern.
Die Maßnahmen im Einzelnen:
Abordnung von Gymnasiallehrern: Schon zum Schuljahresbeginn sollen rund 800 Gymnasiallehrer mit frischem Abschluss eingestellt werden, die aufgrund des Wechsels zum neunjährigen Gymnasium eigentlich erst in einigen Jahren die Chance auf eine Stelle hätten. Die Bedingung: Sie sollen für einen Teil ihres Dienstes an Haupt-, Real- oder Grundschulen abgeordnet werden, wo der Lehrermangel am größten ist. Ihre Stammschule ist aber das Gymnasium - und sie werden dementsprechend bezahlt. In den kommenden Jahren sollen auf diesem Weg bis zu 3000 Lehrkräfte gewonnen werden. Für Richter ist das die „wichtigste und wirkungsvolle Maßnahme“. Derzeit gebe es einen Überhang von allein rund 5000 Lehrkräften der Sekundarstufe II auf dem Markt.
Vertretungen: Die Möglichkeiten der befristeten Einstellung von Lehrern von sechs Monaten bis zu zwei Jahren werden erleichtert. Bisher konnten Vertretungslehrer nur bei einem konkreten Ausfall von Lehrkräften etwa wegen Mutterschutz eingestellt werden. Künftig können zusätzliche Pädagogen auch ohne Grund eingestellt werden. Damit sollen auch coronabedingte Ausfälle von Lehrern abgefedert werden, die wegen Vorerkrankungen keinen Präsenzunterricht erteilen können, aber weiter im Dienst sind und bezahlt werden. Allein dafür werden zum Schuljahresbeginn zusätzlich weitere 400 Stellen bereitgestellt. Bewerben können sich ausgebildete Lehrer, aber auch anderes pädagogisches Personal. „Es gibt so etwas wie eine Einstellungsgarantie für Vertretungslehrkräfte“, so Richter.
Sozialpädagogische Fachkräfte: An den Grundschulen sollen im neuen Schuljahr 400 sozialpädagogische Fachkräfte zusätzlich eingestellt werden, die die Lehrkräfte im Präsenzunterricht unterstützen. Damit werde eine Maßnahme aus dem „Masterplan Grundschule“ vorgezogen, den Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) Anfang des Schuljahres vorstellen will. Ziel ist es, dass künftig jede der fast 2800 Grundschulen in NRW eine solche Fachkraft hat.
Arbeitszeitkonten: Lehrkräfte können die Zahl ihrer Pflichtstunden unter- oder überschreiten und dies ab sofort ausnahmsweise auch erst im darauffolgenden Schuljahr ausgleichen. Auch damit sollen coronabedingte Engpässe kompensiert werden.
Referendare: Referendare können freiwillig statt bisher drei künftig sechs zusätzliche Wochenstunden Unterricht erteilen.
Mit bisherigen Maßnahmen wie der Rekrutierung von Seiteneinsteigern, Reaktivierung von Pensionären sowie Gehaltsboni an Brennpunktschulen wurden laut Schulministerium in NRW seit 2017 mehr als 3260 Stellen besetzt. Auch die Lehramts-Studienplätze sind in NRW deutlich aufgestockt worden, um die Nachfrage zu decken. (dpa)