Zu gut, um wahr zu seinWie man mit falschen Inhalten im Internet umgeht
Köln – Auf den ersten Blick passt alles: Ein spektakuläres Bild, darauf platziert das Zitat eines Politikers, das angeblich in einem direkten Zusammenhang mit dem abgebildeten Motiv stehen soll. Angeblich. Denn der Schein trügt. Das Bild ist bereits mehrere Jahre alt und hat überhaupt nichts mit dem Satz zu tun, den der Politiker im Übrigen nie gesagt hat. Die Bild-Text-Kombination ist frei erfunden, konstruiert, manche würden sagen eine Fake-News. Doch wer denkt sich solch eine Desinformation aus und warum?
Desinformationen werden auf zahlreiche Arten verbreitet. Nicht immer steckt dahinter gleich böse Absicht. Das gemeinnützige „First Draft“-Projekt, das sich seit 2015 die Bekämpfung von Desinformationen im digitalen Raum auf die Fahne geschrieben hat, unterscheidet sieben Arten von Fehl- und Desinformationen im Internet:
- Satire oder Parodie
- irreführende Inhalte
- betrügerische Inhalte
- erfundene Inhalte
- falsche Verknüpfungen
- falsche Zusammenhänge
- überarbeitete Inhalte
Deshalb ist es den Experten zufolge auch nicht zielführend, den Begriff „Fake-News“ zu verwenden, weil dieser zusammenfasst, was nicht zusammengehört. So spielt Satire häufig mit verschiedenen Kontexten und will irritieren, aber keinen Schaden verursachen. Zum Beispiel gibt es die Satire-Seite „Postillon“, die lustige Nachrichten verbreitet, um humorvoll Kritik an Politik oder Gesellschaft zu üben. Und genau wie in der analogen Welt werden im Netz natürlich auch schlichtweg Fehler gemacht. Betrügerische oder gewollt irreführende Inhalte hingegen folgen einer klaren Agenda und sollen Unruhe stiften, manipulieren oder Akteurinnen und Akteure in ein anderes Licht rücken.
Dass der Begriff „Fake-News“ so populär ist und oft falsch verwendet wird, hat auch mit Donald Trump, dem ehemaligen Präsidenten der USA, zu tun: Auf Pressekonferenzen und in Interviews verwendete er diesen immer wieder, um Artikel von Journalistinnen und Journalisten in ein schlechtes Licht zu rücken. Er stempelte Texte, in denen über seine Politik wahrheitsgemäß berichtet wurde, einfach als „Fake-News“ und Lügen ab, weil ihm nicht gefiel, was in ihnen zu lesen war.
Leitsätze im Hinterkopf behalten
Um falschen Inhalten im Internet zu erkennen und nicht auf den Leim zu gehen, empfiehlt es sich einige einfache Leitsätze stets im Hinterkopf zu haben. Der erste lautet: „Zu gut, um wahr zu sein.” Zieht ein spektakuläres Bild die Aufmerksamkeit auf sich und wirkt zu perfekt für die Situation, die es angeblich abbilden soll, ist oft etwas faul. Dann können einfache Schritte wie etwa die „Rückwärtssuche“ bei Google helfen herauszufinden, in welchem Kontext und wann genau das Bild entstanden ist. Dazu wird ein Bild zunächst abgespeichert und im Anschluss daran mit der Bildersuche der Suchmaschine abgeglichen. Ist es bereits vor dem Ereignis, mit dem es nun angeblich in Zusammenhang steht, aufgenommen worden, ist klar, dass es sich um eine Täuschung handelt.
„Wer profitiert von der Aussage, die da geteilt wird?“, lautet die zweite Leitfrage. Ist das Zitat tatsächlich so gesagt worden oder möglicherweise aus dem Kontext gerissen und anders dargestellt? Dritter Leitsatz: „Gibt sich der Absender des Beitrags zu erkennen?” Hat die Website ein Impressum, über das Kontakt aufgenommen werden kann und Nachfragen gestellt werden können? Ist der Name des Absenders ersichtlich und steckt dahinter eine reale Person? Wenn nicht, sollte das auf jeden Fall stutzig machen. Wer diese Angaben verschweigt, hat häufig etwas zu verbergen.
Andere Quellen suchen
Außerdem ist es immer sinnvoll nachzuschauen, ob andere vertrauenswürdige Quellen, etwa seriöse Medien, Behörden, Universitäten oder Faktenchecker bereits über das jeweilige Thema berichtet haben. Hier bietet sich fast immer eine Stichwort-Recherche in Suchmaschinen an. Decken sich die Angaben? Sind die Informationen vollständig? Wenn nicht, was fehlt und warum? Wurden Behauptungen von anderen schon als falsche Aussagen identifiziert?
Und zuletzt hilft es, sich bei Zweifeln über einen digitalen Beitrag und vor allem vor der Weiterverbreitung in Whatsapp-Gruppen oder sozialen Netzwerken erstmal mit anderen über das Thema auszutauschen: Vielleicht gibt es im Freundes- und Bekanntenkreis sogar jemanden, der sich besonders gut auskennt. Was sagt derjenige dazu?
Für die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten gilt tagtäglich: Sei am schnellsten, aber vor allen Dingen sei sorgfältig. Deshalb vertrauen sie bei der Recherche auch nicht auf nur eine Quelle, wenn sie eine brisante Information erhalten. Eine zweite Quelle muss immer eine Information bestätigen, bevor sie von Journalistinnen und Journalisten in einem Text, Video oder Podcasts der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Sonst besteht die Gefahr, falsche Informationen zu verbreiten. Ausnahmen gibt es nur wenige, zum Beispiel, wenn behördliche Stellen wie die Polizei über Kriminalfälle berichten. Diese gelten als sogenannte privilegierte Quellen, deren Mitteilungen nicht erst überprüft werden müssen. Aber selbst hier schadet es natürlich nicht. Im Privaten, beim Teilen von Nachrichten oder Bildern, gilt das Zwei-Quellen-Prinzip selbstverständlich nicht. Aber es sollte dennoch darauf geachtet werden, dass keine Unwahrheiten verschickt werden. Denn wer verbreitet schon gerne Lügen und Täuschungen – absichtlich oder nicht.