Aidshilfe will volle Versorgung für geflüchtete HIV-Kranke
Duisburg/Berlin – Die deutsche Aidshilfe (DAH) fordert volle medizinische Versorgung für geflüchtete Aidskranke unabhängig von Pass und Aufenthaltsstatus. Menschen ohne Aufenthaltspapiere hätten oft keinen Zugang zum Medizinsystem, sagte DAH-Vorstand Winfried Holz am Mittwoch in Duisburg. „Die Folge sind vermeidbare Aids-Erkrankungen.” Holz sprach am Mittwoch anlässlich einer bundesweiten Konferenz der Aidshilfe, die mit rund 400 Teilnehmern von Donnerstag bis Sonntag in Duisburg stattfindet.
In Deutschland lebten laut Robert Koch-Institut Ende 2020 rund 91.400 Menschen mit HIV. An der Konferenz nehmen auch zahlreiche HIV-Positive aus anderen Ländern teil, darunter auch viele Geflüchtete aus der Ukraine. Für die Ukraine-Flüchtlinge sei die Versorgung mit den nötigen Medikamenten in Deutschland gut, berichtete die ukrainische Aktivistin Varvara Shevtsova.
Die Konferenzleiterin Heike Gronski kritisierte, dass zahlreiche HIV-positive Menschen in ihrem Alltag weiter diskriminiert würden, wie die bundesweite Studie der DAH „Positive Stimmen 2.0” belege: Sie bekämen teils Arzttermine nur in Randzeiten, um Kontakt mit anderen Patienten zu vermeiden, erlitten Karrierenachteile und Zurückweisung im Privatleben, wenn sie ihre Krankheit offenbarten. Für die Studie waren von Mai bis Dezember 2020 bundesweit 500 Menschen mit HIV in Präsenz und 1000 weitere online befragt worden.
HIV-Infektionen seien heute gut behandelbar, eine wirksame Therapie reduziere die Übertragbarkeit praktisch auf Null. Das ändere aber nichts an den Diskriminierungserfahrungen der Betroffenen, resümierte der kommissarische Leiter der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Bernhard Franke, im Vorwort der DAH-Studie.
Die Aids-Beratungsstellen in den Regionen seien teils deutlich unterfinanziert, kritisierte die Geschäftsführerin der Aidshilfe Duisburg/Kreis Wesel, Marie Schellwat, am Mittwoch in Duisburg. Es fehle vor allem auf dem Land an spezialisierten Arztpraxen. So gebe es für die Großstadt Duisburg und den ländlichen Kreis Wesel nur einen mehr als ausgelasteten HIV-Schwerpunktbehandler. Das bringe auch Probleme für die HIV-Vorbeugung.
Die Aidshilfen in Nordrhein-Westfalen seien seit Jahren unterfinanziert, sagte Schellwat. „Wir buttern immer mehr rein.” Wenn nicht bald zusätzliche Mittel vom Land bereitgestellt würden, müssten Aidshilfen in NRW überlegen, welche Angebote sie überhaupt noch aufrechterhalten können, sagte Schellwat.
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