Attentat auf Boxer CharrSchütze Youseff H. muss für fünf Jahre ins Gefängnis
- Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren gefordert.
- Der Richter sprach von einem „an Peinlichkeit nicht zu überbietenden Hahnenkampf“.
Essen – Youssef H. muss ins Gefängnis. Das Essener Landgericht hat den 25-Jährigen Angreifer des Kölner Profiboxers Manuel Charr (31) wegen gefährlicher Körperverletzung und illegalem Waffenbesitz am Montag zu fünf Jahren Haft verurteilt. Einen versuchten Mord, wie ursprünglich in der Anklage formuliert, schloss das Gericht aus. Der Angeklagte nahm das Urteil gefasst auf. Ebenso Charr, der als Nebenkläger zum letzten Verhandlungstag erschienen war, um „komplett abzuschließen“.
Der Angeklagte H. hatte im vergangenen Jahr in der Nacht zum 2. September in einem Döner-Imbiss in Essen mit einer Pistole auf Manuel Charr geschossen und ihn schwer verletzt. Als strafmildernd wertete die Kammer, dass H. nicht vorbestraft ist, sich teilweise geständig gezeigt und beim Opfer entschuldigt hatte. Ebenso sei das Angebot des Angeklagten positiv gewertet worden, Charr ein Schmerzensgeld in Höhe von 15 000 Euro zahlen zu wollen, auch wenn der Profiboxer es einer gemeinsamen Erklärung zufolge abgelehnt hatte, „damit Youssef neu anfangen kann“.
Entschuldigung angenommen
Mit großen Worten wurde in dem Schreiben zu Beginn des letzten Prozesstages erklärt, dass H. die Tat ausdrücklich bedauere und „tief ergriffen von der menschlichen Größe“ Charrs sei. Der nehme die Entschuldigung an und habe seinem Angreifer verziehen. Die beiden Männer kennen sich aus der Boxer-Szene. In ihrem Plädoyer hatte die Staatsanwältin gesagt, sie habe den Eindruck gewonnen, der Prozess sei zu einer „Promotion-Veranstaltung“ für Charr verkommen und die Justiz würde vorgeführt.Was den der Tat vorausgegangenen Streit angeht, sprach der Richter von einem „an Peinlichkeit nicht zu überbietenden Hahnenkampf“. Die beiden Männer hatten sich über ein Facebook-Video gestritten, in dem die Niederlage Charrs gegen den Letten Mairis Briedis zu sehen war. Darauf folgten gegenseitige wüste Beleidigungen.Bei dem Angriff wurde Charr von einer Kugel im Bauch getroffen und konnte nur durch eine mehrstündige Notoperation gerettet werden. H. tauchte unter und stellte sich zwölf Tage später der Polizei.
Der Richter sagte, man habe große Zweifel an den Aussagen des Angeklagten. Zudem hätten einige türkischstämmige Zeugen offenkundig Angst gehabt, im Zusammenhang mit den arabischstämmigen Beteiligten – Charr ist in Beirut geboren – auszusagen. Das Geschehen habe so nicht nicht detailliert rekonstruiert werden können. Vieles sei unklar geblieben.
Die Tat habe aber keine milde Strafe zugelassen: Charr sei heimtückisch angegriffen worden und habe „hochgradig Glück gehabt“, dass die Kugel nicht zwei Zentimeter weiter die Hauptschlagader getroffen habe. Dann wäre Charr laut Gutachtern womöglich innerhalb von Minuten verblutet.
Auch wenn der Boxer – der schon gegen Vitali Klitschko und Alexander Povetkin kämpfte – wohlauf sei, zweifelt der Richter aufgrund der schweren Verletzung daran, dass Charr jemals wieder als Profi boxen können wird. Dieser trainiert allerdings schon für sein Comeback.