AboAbonnieren

BeteiligungBürgerhaushalte kommen in NRW aus der Mode

Lesezeit 2 Minuten

Symbolbild.

Köln/Münster – Von höheren Bußgeldern für Müllsünder bis zu weiteren Straßenbahnen und weniger Autos in der Innenstadt: Im vergangenen Jahr konnten NRW-Bürger in 16 Kommunen den Gemeinden vorschlagen, wofür Geld ausgegeben und wo es gespart werden soll.

Das sind deutlich weniger Kommunen mit Bürgerhaushalten als vor fünf Jahren: 2011 waren es noch 37. Erstmals wurde das aus Neuseeland und Brasilien stammende Konzept in Deutschland 1998 umgesetzt, Nordrhein-Westfalen zog im Jahr 2000 nach. 2016 gab es bundesweit 55 Kommunen mit einem Bürgerhaushalt.

„Elemente direkter Demokratie wie der Bürgerhaushalt können dazu führen, politikferne Menschen, die über Wahlen nicht mehr erreicht werden, wieder näher an den politischen Prozess heranzuführen“, sagt Politikwissenschaftler Oliver Treib von der Universität Münster. Allerdings sprächen die Verfahren eher eine sehr gebildete Klientel an.

Hoher Aufwand für wenig Ertrag

Laut Gemeindeordnung in NRW muss in jeder Kommune der Entwurf des Etats öffentlich ausgelegt werden – und Bürger können Einwendungen machen. Die öffentliche Einsichtsmöglichkeit nutzt aber kaum jemand, die Haushaltsentwürfe mit ihren komplexen Tabellen sind häufig nur für Finanzexperten zu verstehen.

Gemeinden mit Bürgerhaushalten machen dagegen aktiv Werbung dafür, dass Bürger sich einbringen, die Finanzplanung wird für Laien verständlicher aufbereitet. Und trotzdem: Auch bei den Mitmach-Etats beteiligen sich meist nur wenige, häufig sogar nur rund ein Prozent der Einwohner. In Münster machten zuletzt 0,76 Prozent der Bürger mit.

Die Euphorie ist dahin

Seit 2011 hat sich die Quote kaum gesteigert, die Euphorie ist dahin. Künftig soll der Bürgerhaushalt im Rahmen des Projekts „Münster Zukünfte“ eine größere Bekanntheit erlangen. Mit dieser Befragung erreichte die Stadt vor einigen Monaten mehr als 16.000 Einwohner, beim Bürgerhaushalt waren es 1852. Auch aufgrund des hohen Aufwands zögert Düsseldorf, den seit Jahren diskutierten Bürgerhaushalt einzuführen. In anderen Kommunen scheine es „ja durchaus ein differenziertes Erfahrungsbild zu geben“.

Köln stellte 2016 jedem Stadtbezirk 100.000 Euro für die Realisierung von Vorschlägen zur Verfügung. Knapp 6100 Kölner reichten 854 Ideen ein oder stimmten über sie ab. Stolz verkündete die Stadt zuletzt, das seien 60 Prozent mehr Teilnehmer als im Vorjahr.

Immenser Aufwand

Bei 1,08 Millionen Einwohner liegt die Beteiligung aber bei nur 0,57 Prozent, der immense Aufwand bringt einen verschwindend geringen Ertrag. Trotzdem soll an der Beteiligung festgehalten werden, heißt es. Für den Bürgerhaushalt 2017 stand der Zähler am Montag bei 6274 Teilnehmern und 222 Vorschlägen. (mit dpa)