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Bildung und CoronaNachhilfelehrer bieten Hilfe für Schulen an – bislang ohne Erfolg

Lesezeit 3 Minuten
Schule Corona Symbol

Ein Schulkind macht seine Aufgaben während der Corona-Pandemie. (Symbolbild)

  1. Die Corona-Pandemie hat das Bildungssystem in NRW stark beeinflusst.
  2. Ohne zusätzlichen Unterricht wird es nicht funktionieren. Das hat auch das NRW-Schulministerium festgestellt.
  3. Nachhilfelehrer bieten den Schulen nun Hilfe an, aber Schulministerin Yvonne Gebauer zögert.

Erftstadt/Köln – Zwei graue Tische, dazwischen baumelt ein Spuckschutz, Schüler und Lehrer sitzen einander gegenüber, Mathematik-Nachhilfe. „Die wichtigen Grundformeln solltest du aber draufhaben“, sagt Thomas Wilde, Gründer der Nachhilfeschule LernMit in Erftstadt.

Die Corona-Krise hat das Schulsystem hart getroffen. Ohne Präsenzunterricht offenbarten sich eklatante Rückstände. Auch vereinzelte Videoseminare haben nicht ausgereicht, um die Gefahr einer „Generation Corona“ abzuwenden. Einer Generation, die über Monate hinweg keinen geregelten Unterricht hatte. Die die Rückstände in der nächsten Zeit aufholen muss.

Ohne zusätzlichen Unterricht wird es nicht funktionieren

Eines steht fest: Ohne zusätzlichen Unterricht wird es nicht funktionieren. Das hat auch das NRW-Schulministerium festgestellt. In den Sommerferien sollte Schülern die Möglichkeit gegeben werden, bei Bedarf in zusätzlichen Stunden den verpassten Stoff aufzuholen. Die Landesregierung stellte 75 Millionen Euro für sogenannte Sommerschulen bereit. Zu kurzfristig, meint der Bundesverband Nachhilfe- und Nachmittagsschulen. „Gerade in NRW war das eine Katastrophe“, sagt Verbandssprecherin Marion Steinbach. Auch das Ministerium gesteht, dass das Geld „erst kurz vor den Ferien freigegeben“ wurden. Nur zwei Millionen Euro wurden bislang abgerufen.

Die Lernlücken sind da. Doch nicht bei allen gleichermaßen. Denn nicht alle Schüler „hatten den Eindruck, sie hätten Ferien“, wie Nachhilfelehrer Wilde zunächst befürchtete. Marco Volbergs Tochter etwa ist auf der Zielgeraden zum Abitur. In Mathe und Englisch läuft es nicht problemlos. Zum Glück gibt es die Nachhilfe. Seit drei Jahren besucht die Tochter des Erftstädters Volberg eine Nachhilfeschule. „Klar, das kostet viel Geld. Aber wir haben gesehen, dass es hilft und wollen das konsequent durchziehen.“ War die Corona-Zeit für viele Schüler ein Rückschritt, konnte Volbergs Tochter aufholen. In Mathe habe sie sich schriftlich sogar eine Note verbessert.

Dennoch ist die Nachfrage laut Branchenverband leicht zurückgegangen. Denn auch die Nachhilfeschulen hatten damit zu kämpfen, auf digitalen Unterricht umzustellen. Außerdem: Stehen länger keine Klausuren an, scheint es vielen die Investition nicht wert zu sein. Das werde sich bald ändern, vermutet VNN-Sprecherin Steinbach: „Wenn den Kindern bewusst wird, dass Lücken da sind, denken wir, dass auch wieder mehr Nachhilfe nachgefragt wird.“

Nachhilfeschule statt Playstation

„Der Jan war viel zu Hause, vor der Playstation“, sagt Mutter Nadine Martin über ihren Sohn. Mit seinem Opa und in der Nachhilfeschule habe er dennoch „mehr gelernt, als in der Schule“, scherzt sie: „Aber diese Möglichkeiten hat nicht jeder.“

Wer keinen Laptop, geschweige denn eine Webcam hat, kann an keinen Videoseminaren teilnehmen. Die ungleichen Voraussetzungen seien ein „Riesenproblem“, so Steinbach. „Es ist deshalb wichtig, die Schüler und Eltern nicht alleinzulassen“, mahnt sie. In einem Schreiben an NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) wies der Verband schon im April auf diese Probleme hin und bot seine Hilfe an. Es müssten „dringend alle Ressourcen im Bildungssystem gebündelt“ werden.

Ende August wandte der VNN sich erneut an das Ministerium: „Wir haben das Know-how, und Sie wissen es“, heißt es im an Gebauer adressierten Anschreiben. „Wir können sowohl in den Nachmittagsstunden in den Schulen, am Wochenende und in den Herbstferien zeigen, dass wir sehr wohl in der Lage sind, den Bildungsauftrag mit zu gestalten.“ Das Ministerium allerdings habe mit „Blockadehaltung“ reagiert. Das Ministerium äußerte sich auf Nachfrage dieser Zeitung nicht dazu.

Stattdessen wird darauf hingewiesen, dass die im Sommer bereitgestellten Mittel bis Ende des Jahres verlängert werden, heißt es. Mehr als 70 Millionen Euro stünden noch bereit.

Torben Krauß von der Bundesschülerkonferenz befürchtet, dass die Mittel erst gar nicht „da ankommen, wo sie es müssten“. Bei den Schülern nämlich, die dringend aufholen müssen. Vielmehr beobachte er, dass diejenigen Schüler zusätzlichen Unterricht nehmen, die ohnehin leistungsorientiert sind, bessere Noten schreiben.