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Corona-Forschung in HeinsbergVirologe will Fakten schaffen statt Politik machen

Lesezeit 3 Minuten
Hendrik Streeck

Der Virologe Hendrik Streeck fühlt sich unter Druck.

  1. Der Bonner Virologe Hendrik Streeck forscht im Kreis Heinsberg zum Coronavirus.
  2. Er sieht sich auch persönlich erheblichem Druck ausgesetzt, obwohl er der Politik keine Empfehlungen geben will.
  3. Seine größte Sorge sei es, dass man vorschnell Ergebnisse verkündet. Ein Blick über die Schulter mit Sicherheitsabstand.

Bonn/Heinsberg – Der Bonner Virologe Professor Hendrik Streeck (42) sieht sich bei der Studie über die Ausbreitung des Coronavirus im Kreis Heinsberg unter großem persönlichen Druck. Wissenschaftliche Forschung in Echtzeit sei eine Herausforderung, sagte Streeck bei einer Video-Pressekonferenz am Dienstag in Bonn. „Wissenschaft braucht Zeit und kann nicht getrieben werden.“

Seine größte Sorge sei, dass man Ergebnisse vorschnell mitteile, „die nachher revidiert werden müssen“. Deshalb habe man sich auch keine „Timeline“ gesetzt. „Wir versuchen eben schnell zu arbeiten, aber gleichzeitig die größte wissenschaftliche Sorgfalt zu haben. Und das empfinde ich schon als Druck“, sagte Streeck am Dienstag.

60 Mitarbeiter forschen im Auftrag des Landes

Mit einem Team von 60 Mitarbeitern arbeitet der Wissenschaftler der Uniklinik Bonn im Auftrag der Landesregierung an einer repräsentativen Studie, an der 1000 Bewohner aus 300 Haushalten der Ortschaft Gangelt im Kreis Heinsberg teilnehmen, die als Epizentrum bei der Ausbreitung in Deutschland gilt. Sie soll Erkenntnisse darüber liefern, welche Übertragungswege es beim Coronavirus gibt, wie hoch die Dunkelziffer bei den Infizierten ist und wie lange es auf welchen Oberflächen überlebensfähig ist. Die Studie soll auch Aufschluss darüber geben, wie man beispielsweise besonders gefährdete Menschen schützen muss, „wenn man andere Maßnahmen lockern will“, so Streeck weiter.

Er sehe seine Aufgabe aber nicht darin, der Politik Handlungsempfehlungen mit auf den Weg zu geben. „Ich kann nur die Fakten auflegen und werde mich hüten, eine Empfehlung abzugeben.“ Schwarz-Weiß-Antworten von der Wissenschaft könne man nicht erwarten. „Wir werden uns bei unseren Erkenntnissen immer im Graubereich bewegen“, sagte der Virologe.

Streeck Heinsberg

Virologe Streeck im Hintergrund während der Heinsberger Landrat Stephan Pusch (r.) redet.

Als Mitglied des Corona-Expertenrats, den Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) einberufen hat, „höre ich die meiste Zeit zu. Da wird man demütig. Man kennt das Wissen aus der Wirtschaft, der Philosophie und aus dem Recht nicht. Ich finde das spannend, diese Sichtweisen kennenzulernen“. Problematisch sei, dass seine Worte mitunter anders interpretiert würden, als sie gemeint seien, sagte Streeck. „Es wird einem manchmal dann auch zu viel, weil man denkt: Das habe ich so nicht gesagt.“

Virologe glaubt nicht an das Ende der Maßnahmen zum 20. April

Jede Studie könne nur dazu beitragen, eine Faktenbasis über das Virus zu schaffen, auf deren Wissen man weitere Entscheidungen treffen könne. „Ich glaube, wir sind uns alle bewusst, dass nach dem 20. April oder wann auch immer die Politik nicht entscheiden wird, dass wir einfach so weitermachen wie bisher“, so der Virologe. „Ich nehme an, dass die Politik bestimmte Maßnahmen lockern wird und andere nicht. Ich weiß es aber nicht.“

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Der Virologe will die Forschung im Kreis Heinsberg längerfristig fortführen. „Wir werden auch wahrscheinlich im Nachgang versuchen, dass wir zum Beispiel alle paar Wochen in Gangelt wieder testen dürfen. Das empfinde ich selber als sehr wichtige Information, wie es sich entwickelt.“

Im kommenden Jahr würde er gern in Gangelt Karneval feiern. „Es ist eine unheimlich nette Bevölkerung, und ich freu mich auf den Karneval im nächsten Jahr – hoffe ich.“ Man stoße mit der Studie auf großes Entgegenkommen. „Uns wird Kuchen gebacken, man bringt uns Donuts von der Tankstelle. Es ist ein sehr netter Umgang.“