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Erlass in NRWGefangene mit geringer Haftdauer kommen wegen Coronakrise frei

Lesezeit 3 Minuten

Die JVA in Köln- Ossendorf (Symbolbild)

Düsseldorf – NRW-Justizminister Peter Biesenbach greift im Zuge der Coronovirus-Krise zu einer ungewöhnlichen Maßnahme. In einem Erlass hat der CDU-Politiker die Leiter der 36 Justizvollzugsanstalten (JVA) angewiesen, jene Gefangenen, die eine kurze Haftstrafe von bis zu 18 Monaten verbüßen, vorzeitig freizulassen. Die Regelung gilt für Häftlinge, die ohnehin bis zum 20. Juli entlassen worden wären.

Zugleich kommen ebenfalls jene JVA-Insassen in den Genuss einer Amnestie, die eine Ersatzfreiheitstrafe absitzen, weil sie Geldbußen nicht bezahlt haben. Nach internen Schätzungen betrifft der Akt etwa 1000 der zirka 16.000 Inhaftierten und Verwahrten in den nordrhein-westfälischen Haftanstalten. Der Passus schließt allerdings Sexualstraftäter aus.

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Aus Sicht von Biesenbach soll dieser Schritt helfen, „die Ausbreitung des Virus zu verringern. Die Justiz erfüllt auch in Corona-Zeiten ihre Aufgaben und hält den Kernbereich des Rechtsstaates aufrecht.“ Zugleich stellte der Minister klar: „Es gibt keinen Corona-Rabatt für Straftäter. Alle Bundesländer arbeiten an vergleichbaren Regelungen.“

Inhaftierungen werden in NRW teilweise ausgesetzt

Ferner wies der Biesenbach die drei Generalstaatsanwälte im Land an, vorerst keine Verurteilten inhaftieren zu lassen, die Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr verbüßen müssen. In diesen Fällen sollen Vollstreckungshaftbefehle, Ladungen zum Strafantritt und Fahndungen nach gesuchten Schuldigen vorläufig entfallen.

70 Häftlinge in Köln betroffen

In der JVA Köln-Ossendorf betrifft der Erlass etwa 70 Häftlinge, die in den kommenden Tagen freikommen sollen – darunter hauptsächlich Männer. Drei seien am Mittwoch bereits entlassen worden, sagte Gefängnisleiterin Angela Wotzlaw dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Um eine Zugangs- und Quarantäneabteilung einzurichten und alle Insassen in einer Einzelzelle unterbringen zu können, müssten aber noch ungefähr 100 weitere Häftlinge die JVA verlassen, sagte Wotzlaw. Dazu liefen nun Gespräche mit der Landesregierung. Möglich seien auch Verlegungen in weniger stark beanspruchte Gefängnisse, so Wotzlaw. (hol)

Ausgenommen werden unter anderem flüchtige Häftlinge, die vom Urlaub oder ihrem Freigang nicht zurückgekehrt sind oder auf deren Konto neue Delikte gehen. Dasselbe trifft auf Gefangene zu, deren Abschiebung ansteht oder die im Falle ihrer Entlassung auf der Straße landen würden.

Gefängnisse bislang nicht von Coronavirus betroffen

Minister Biesenbach berichtete ferner, dass sich bisher kein Gefängnisinsasse in NRW am Coronavirus angesteckt habe. Allerdings müsse man sich für den Ernstfall rüsten und benötige etwa Kapazitäten in der Größenordnung von 1000 Zellen, um entsprechende Quarantänestationen für infizierte Häftlinge einzurichten.

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Ulrich Biermann, Landesvorsitzender des Bundes für Strafvollzugsbedienstete Deutschlands, begrüßte denn auch die Entscheidung des Justizministers: „Der zwischenzeitlich verhängte Vollstreckungsstopp für Ersatzfreiheitsstrafen und kurze Freiheitsstrafen ist sicher hilfreich. Auf diese Weise wird Platz geschaffen, damit Zugänge und Verdachtsfälle in den Einrichtungen isoliert werden können.“Zugleich kritisierte Biermann die mangelhafte Ausstattung der JVA-Belegschaft mit Schutzkleidung. Zurzeit stehen den Vollzugsbediensteten einzig 5000 Masken zur Verfügung. „Das Ministerium ist jetzt gefordert, zeitnah die notwendige Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen, damit die Risiken für uns alle reduziert werden“, resümierte der NRW-Vorsitzende.

Minister Biesenbach hatte auf einer Pressekonferenz eingeräumt, dass es noch kein ausreichendes Schutzmaterial für die Staatsdiener im Justizbereich gebe. „Wir haben die Schutzausrüstung zwar bestellt, aber noch nicht bekommen.“