„Köln braucht mehr Ateliers“Wie die Kunst-Szene vom DC Open-Wochenende profitiert
- DC Open ist ein Zusammenschluss von Düsseldorfer und Kölner Galerien die mit Vernissagen und Eröffnungen gemeinsam in den Kunstherbst starten.
- Dieses Jahr finden die DC Open zum elften Mal statt.
Herr Buchholz, ist das eine glückliche Verbindung, wenn sich insgesamt 47 Galeristen in Köln und Düsseldorf zusammenschließen und am Wochenende zeitgleich eröffnen?
Ich finde das glücklich wie sinnvoll, wenn Düsseldorf und Köln zumindest einmal im Jahr zusammen rücken. Seit Gründung dieser Kooperation klappt das gut.
Die Initiative ist der Tatsache geschuldet, dass damals die Galeristen im Rheinland der immer stärker und für viele attraktiv gewordenen Kunst- und Galerienszene in Berlin etwas entgegensetzen wollten. Ist denn die Rechnung Ihrer Ansicht nach aufgegangen?
Nach wie vor hat das Rheinland etwas zu bieten, ist für Künstler, Kuratoren wie Sammler ein interessanter Standort. Auch die Kooperation der Kunstvereine Bonn, Köln und Düsseldorf mit der gerade angelaufenen gemeinsamen Ausstellung „Maskulinitäten“ ist eine tolle Initiative. Das stärkt das Rheinland, das natürlich unter dem Sog, der von Berlin ausgeht, gelitten hat. Streng genommen, wenn man wirklich über die Berliner Konkurrenz sprechen will, ist es ja auch so, dass so etwas wie die Premieren-Tage hier in Köln entstanden sind. Berlin beansprucht dann gerne die Dinge für sich und macht ein bisschen mehr Wirbel um das Gallery Weekend. Schon deshalb ist es vollkommen in Ordnung, dass sich die Galeristen hier zusammen tun.
Kann man sich als Galerie DC Open überhaupt noch entziehen, oder ist das Wochenende ein so fester Kalendertermin wie die Kunstmesse?
Man kann sich allem entziehen. Wenn es aber eine solche Initiative gibt, kann man doch auch ruhig mitmachen. Für die Galerien gibt es gegenüber einer Messe den Vorteil, dass man sich in den eigenen Räumen präsentieren kann. Die Besucher sehen die Kunst in den verschiedenen Architekturen, was attraktiver ist als ein Messestand. Und der Zusammenschluss von so vielen Galerien zieht natürlich mehr Menschen an.
Ein bekannter Kölner Galerist sagte einmal, dass er durch die Teilnahme an DC Open kein einziges Bild mehr verkauft. Können Sie das bestätigen?
Nein. Es kommen Leute in die Stadt, die sonst vielleicht nicht kämen. Wir arbeiten natürlich nicht unbedingt mit Laufkundschaft, ich kann das auch nicht an Verkäufen festmachen, weil sie vielleicht erst ein Jahr später stattfinden, aber einen Anreiz zu bieten, ist doch immer gut.
Ist denn am Wochenende mit den erhofften internationalen Sammlern zu rechnen?
Ich kann jetzt nur für uns sprechen und da weiß ich von ein paar Leuten aus Amerika und Belgien, dass sie extra für unsere Ausstellung kommen.
Mit welcher Ausstellung starten Sie in den Kunstherbst?
Wir zeigen eine Arbeit der amerikanischen Künstlerin Lutz Bacher.
Die Künstlerin ist im Mai verstorben. Gewöhnlich sind die Künstler bei den Vernissagen in Ihrer Galerie anwesend. Und die Menschentrauben, die sich um Anne Imhof, Isa Genzken oder Wolfgang Tillmans bilden, sind beeindruckend. Und nun?
Die Ausstellung war mit Lutz Bacher schon seit Langem geplant. Dann kam es leider anders. Wir betrachten die Ausstellung jetzt als eine Hommage und zeigen eine 58-teilige Arbeit, sie heißt Firearms.
Sie führen Dependancen Ihrer Galerie seit 2008 in Berlin und seit 2015 in New York. Fällt die Entscheidung schwer, welchen Künstler Sie in welcher Stadt zeigen?
So und so. Vieles ergibt sich automatisch, weil einige unserer Künstler in New York eine Repräsentanz haben. Wolfgang Tillmans bei David Zwirner zum Beispiel, den können wir da dann nicht ausstellen. Ansonsten entscheiden ich und mein Partner Christopher Müller nach Gefühl, was wo besser passt. Und wir reden natürlich mit den Künstlern, was sie am liebsten möchten.
Damals, als sehr viele Kölner Galerien sich zu einem Umzug nach Berlin entschieden, sind Sie Köln treu geblieben. Hier ist immer noch Ihr Stammsitz. Die richtige Entscheidung?
Absolut. Ich bin Kölner und komme hier nicht los. Das hat sicherlich mit der Mentalität zu tun, aber ganz bestimmt auch mit der eher außergewöhnlichen Galerie im Hinterhof und dem Antiquariat, das ich von meinem Vater übernommen habe und das wir nicht so ohne Weiteres auflösen wollten. Heute nutzen das viele unserer Künstler, das ist uns sehr wichtig. Ich wollte mich auch wirklich nicht mit wehenden Fahnen nach Berlin aufmachen. Das ist alles gut so, wie es ist. Klar, in Berlin gibt es Vorteile: Viele Künstler leben da und die Ausstellungen werden in der Regel besser besucht. Aber hier in Köln gibt es eine ganz andere Klientel. Ich meine jetzt nicht nur die Sammler und Käufer, sondern einfach Leute, die aus Interesse vorbei kommen und sprechen wollen. Das will ich nicht missen. Köln hat immer noch so viel Potenzial, dass es sich für uns immer noch lohnt, hier zu sein.
Jedes Jahr, wenn die Art Cologne zu Ende gegangen ist, kann man den Eindruck haben, dass der Erfolg oder Misserfolg der Messe auch immer Einfluss auf die Gesamtstimmung hier hat. Stimmt das?
Die Messe, die zwischendurch dann auch mal besser geworden ist und dann auch wieder weniger beeindruckte, ist für viele schon so ein Gradmesser. Eins zu eins lässt sich das aber nicht festmachen. Alles, was an Aktivitäten hier stattfindet, hilft erstmal. Und klar, je mehr die Leute nach Köln kommen, umso besser. Köln hat ja auch immer noch was zu bieten, ist ja nicht alles schlecht hier. Aber man muss bei der enormen Konkurrenz weltweit schon zusehen, dass man nicht auch noch einen künstlichen Wettbewerb befeuert. In dieser Hinsicht sehe ich eine Kunstmesse in Düsseldorf eher kritisch, weil im Rheinland eine Messe durchaus ausreicht.
Wenn wir schon über Konkurrenz sprechen, wie fühlt sich das denn an, wenn ein über Jahre von der Galerie begleiteter Künstler dann bei einem anderen Galeristen auftaucht?
Wenn Sie jetzt auf Wolfgang Tillmans und die Galerie Zwirner anspielen: Er ist nicht abgewandert, sondern immer noch bei uns und ich brauche einen Partner in Amerika, das war auch alles abgesprochen. Wir arbeiten sehr gut zusammen. Wenn man größer denken will, muss man sich aufteilen. Ich sehe das als Vorteil.
Außer Wolfgang Tillmans gibt es noch ein paar mehr Künstler, die mit Ihnen als Galerist groß geworden sind. Kann man mit so kongenialen Verbindungen anfangs rechnen?
In der Kunst kann man mit gar nichts rechnen, das ist ja das Schöne. 1987 hatte ich die erste Ausstellung mit Isa Genzken. Sie hatte schon Ausstellungen, aber richtig bekannt war sie noch nicht. Sicher ist sie nicht die einfachste Künstlerin, vielleicht konnte nicht jeder mit ihr. Bei uns klappte es ganz gut. Nach der Ausstellung waren wir plötzlich beide bekannt. Wolfgang Tillmans ist eine ähnliche Verbindung. Ich kannte nur ein paar Arbeiten von ihm, aus dem „iD Magazine“. 1993 war hier bei mir in der Galerie seine erste Einzelausstellung, ein kleiner Abzug kostete 400 Mark. Dass sich das bei ihm dann so wahnsinnig entwickelte mit Einzelausstellungen in Museen weltweit – das konnte kein Mensch ahnen. Das war einfach auch ein bisschen Glück.
Tillmans bleibt treu?
Ja, das finde ich toll. Das macht auch nicht jeder Künstler. Letztes Jahr feierten wir unsere 25-jährige Zusammenarbeit hier mit unserer Kölner Ausstellung, für nächstes Jahr haben wir eine Ausstellung in Berlin ausgemacht.
Noch ein Beispiel für Ihren richtigen Riecher: 2016 stellten Sie Anne Imhoff in der Kölner Galerie aus, 2017 gestaltete sie den Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig. Glück oder Instinkt?
Ein bisschen von beidem, denke ich.
Entscheidet der Kopf oder der Bauch bei der Auswahl der Künstler?
Ich brauche schon das Gefühl, dass bei demjenigen was los ist, dass auch in Zukunft etwas passiert. Ob mich die Arbeit interessiert, ob sie irgendwas mit mir macht, ob es persönlich stimmt. Also eher Bauch.
Und wenn ein Künstler mal nicht so durch die Decke geht wie erhofft?
Mit manchen Künstlern verdient man schneller Geld, das investieren wir dann wieder in Künstler, bei denen es länger dauert. Jutta Koether ist so ein Beispiel. Mit ihr arbeiten wir seit 25 Jahren. Ihre Arbeit bekommt jetzt langsam erst die Aufmerksamkeit, die sie verdient. Sie ist eine wirklich wichtige Künstlerin. Letztes Jahr hatte sie eine große Ausstellung im Museum Brandhorst in München und im MUDAM in Luxemburg. Im Oktober wird eine Einzelausstellung von ihr in Mönchengladbach zu sehen sein.
Gerade in Köln werden Sie geschätzt für Ihren Einsatz für die jungen Künstler. Viel Engagement hier beruht jedoch auf privater Initiative. Könnte die Stadt mehr tun?
Es gibt immer das Atelierproblem. Wenn es mehr Förderungen gäbe, wenn man gute Künstler hier mit einem bezahlbaren Atelier zum Bleiben bewegen könnte, das würde sicher helfen. Das Modell des Kölnischen Kunstvereins ist gut, ein paar Künstler Ateliers zur Verfügung zu stellen. Wenn man das etwas ausbauen könnte, wäre das schon gut.
DC Open
DC Open ist ein Zusammenschluss von Düsseldorfer und Kölner Galerien, die von Freitag, 6. September, bis Sonntag, 8. September, mit Vernissagen und Eröffnungen gemeinsam in den Kunstherbst starten. 47 Galerien nehmen insgesamt in beiden Städten teil, begleitet durch Ausstellungen in Museen, Institutionen und Off Spaces.
Um den Kunstinteressierten wirklich ein Galerien-Hopping durch beide Städte zu ermöglichen, haben die Veranstalter kostenlose Bus-Shuttles mit mehreren Stopps in den Galerienvierteln eingerichtet. Am Freitagabend gibt es je eine Möglichkeit der Hin- und Rückfahrt; am Samstag über den Tag verteilt je vier (Fahrplan online).
Das städteübergreifende Bündnis der Galerien wurde 2008 als Idee bei den damals stattfindenden Cologne Open entwickelt. Die Initiatoren waren die Galeristen Thomas Rehbein, Linn Lühn, Michael Cosar und Alexander Sies. Ein Jahr später wurde dann erstmals in beiden Städten an einem Wochenende eröffnet, um das Rheinland zu stärken und für Sammler und Kuratoren weiterhin attraktiv zu halten. Dieses Jahr finden die DC Open zum elften Mal statt. (eva)
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