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Ankommen – Die SerieWie ein syrischer Geflüchteter seinen deutschen Ersatzvater fand

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Bei Problemen mit Dokumenten und Anträgen unterstützte Uwe Koch (r.) seinen Schützling Hamzeh Alderi in den vergangenen sechs Jahren. Bis heute hätten beide eine enge Bindung aufgebaut.

Euskirchen – Uwe Koch ist 80 Jahre alt, Hamzeh Alderi 24. Rein äußerlich könnten die beiden kaum unterschiedlicher sein: Alderi trägt Jeans mit Löchern und ein buntes Shirt, Koch trägt ein gebügeltes Hemd. Dem Rentner scheint es gut zu gehen. Er hat ein schönes Haus, in dem ein Staubsaugerroboter jedes Körnchen vom Boden saugt. „Ich habe im Marketing und Verkauf gearbeitet“, erzählt Koch.

2015 nach Deutschland gekommen

Alderi sei es dagegen nicht so gut gegangen, nachdem er 2015 nach Deutschland gekommen sei, weil ihm die Behörden Steine in den Weg gelegt hätten. Seine Familie habe er in Syrien zurückgelassen.

Aber heute gehe es ihm gut. Er habe gerade ein Auto gekauft, einen Mercedes, den Koch als „ein riesiges Schiff“ tituliert, das auch Alderis eigenen Aussagen nach für die meisten Parklücken zu groß ist. „Aber er kann es sich ja locker leisten“, sagt Koch und zuckt mit den Schultern. „Auf der Arbeit habe ich einen Parkplatz gefunden, den sonst kaum einer kennt. Da parke ich immer“, erzählt Alderi und lacht, als hätte er ein Geheimnis verraten.

Job in der Uniklinik und Studium

Er arbeite in der Uniklinik in Bonn und studiere nebenbei Gesundheitsmanagement, sagt der 24-Jährige. „Ich habe erst ein Praktikum gemacht, hier in einem Krankenhaus im Kreis und dann haben die mich für eine Ausbildung übernommen“, berichtet er weiter. All das sei nur durch Koch möglich geworden, ist der Syrer überzeugt, doch der wirft sofort ein: „Nein, ich habe ihm nur die Türen geöffnet, den Weg ist er allein gegangen.“

Es folgt eine ausschweifende Handbewegung, als würde Koch tatsächlich eine Flügeltür aufstoßen, dann schauen die beiden einander an, Alderi lacht erneut.

Über Pides-Projekt kennengelernt

Seit sechs Jahren kennt sich das ungleiche Duo nun schon, und sieht sich regelmäßig. Begegnet seien sie sich durch das „Pides“-Projekt der Arbeiterwohlfahrt. Die Mitarbeiter des Projekts vermitteln junge Menschen mit geringen sozioökonomischen Chancen an Seniorinnen und Senioren, die sie im Übergang zwischen Schule und Beruf unterstützen.

Senioren unterstützen Jugendliche

Pides-Projekt

Ehrenamtlich tätige Senioren unterstützen chancenarme Jugendliche bei der Jobsuche – das ist die Idee des Projekts „Pides“. Die Senioren nehmen die jungen Menschen beim Übergang zwischen Schule und Beruf an die Hand, helfen Ihnen etwa beim Bewerbungsschreiben, beim Sprachtraining, bei Behördengängen und persönlichen Problemen.Oft handele es sich bei den Jugendlichen um Geflüchtete oder Menschen mit Migrationsgeschichte, wie Leiterin Astrid Thürnau erklärt.Während die Jugendlichen in vielen Fällen durch Schulsozialarbeiter vermittelt werden, gebe es aktuelle einen Mangel an ehrenamtlichen Senioren, sagt Thürnau. Wer Interesse an einer Mitarbeit habe, könne sich unter der Tel. 01 75/ 9 93 91 52 oder per E-Mail melden.Pides ist Teil des Netzwerks „AusbildungsPatenProjekte NRW“, das sich zweimal jährlich in der Staatskanzlei in Düsseldorf trifft. (enp)

Häufig handele es sich dabei um Geflüchtete, wie Koch erzählt. So auch im Fall von Alderi, der mit 17 Jahren nach Deutschland kam – allein.

Anfangs habe der Syrer unrealistische Vorstellungen bezüglich seines Berufswunschs gehabt, sagt Koch. „Ich wollte Zahnmedizin studieren“, erklärt der 24-Jährige. Das sei aber nicht möglich gewesen, weil seine Deutschkenntnisse nicht gut genug gewesen seien. „Er konnte schon ganz gut Deutsch, als wir uns kennengelernt haben. Und er hat ja auch das Abitur in Syrien gemacht, was hier anerkannt wurde. Aber das Deutsch war nicht gut genug für ein Medizinstudium“, so Koch.

Zunächst Pflege-Ausbildung aabsolviert

Nach ihrem ersten Treffen hätten sie sich immer öfter verabredet. Alderi habe sich im Zuge dessen entschieden, erst einmal eine Ausbildung als Krankenpfleger anzustreben: „Ich habe überlegt, was ich machen kann, wo ich Geld verdienen kann und was mich trotzdem interessiert.“

Doch die nächste Hürde habe bereits auf ihn gewartet: „Ich wusste gar nicht, was man machen muss, um eine Ausbildung zu bekommen.“ In Absprache mit der Pflegeschule habe er dann das Angebot erhalten, ein Praktikum zu machen. „Zuerst wollte der Schulleiter ihn nicht nehmen“, erinnert sich Koch: „Er kannte ihn noch gar nicht, ich hab ihn angerufen und ihm kurz erzählt, worum es ging. Er hatte dann Bedenken, wollte ihn wegen der Deutschkenntnisse gar nicht erst einladen. Ich habe dann gesagt: „Mensch, versuchen Sie es doch einfach mal. Das war eben dieser Türöffner durch Kontakte.“

„Ankommen“ - die Serie

Teilhabe am gesellschaftlichen Leben

In der Serie „Ankommen“ stellen wir Menschen vor, die sich aus unterschiedlichen Gründen mutig auf den Weg gemacht haben – in ein neues Land und damit in eine neue Kultur und Gesellschaft. Was gefällt ihnen an Deutschland, was bleibt fremd? Und welchen besonderen Herausforderungen mussten und müssen sie sich stellen, um am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben teilhaben zu können. Integration, da sind sich alle einig, ist ein langwieriger Prozess.

Ein wechselseitiger Prozess

Das Ministerium für Integration (BMI) versteht unter gelungener Integration ein „sich einer Gemeinschaft zugehörig fühlen“. Zuwanderung könne nur als ein wechselseitiger Prozess gelingen: „Sie setzt die Aufnahmebereitschaft der Mehrheitsgesellschaft voraus wie auch die Bereitschaft der Zugewanderten, die Regeln des Aufnahmelands zu respektieren und sich um die eigene Integration zu bemühen“, schreibt das Ministerium auf seiner Homepage.

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Beeruflich ging es steil bergauf

Danach sei es für Alderi beruflich nur bergauf gegangen. Bereits im Laufe des Praktikums habe man ihm Gehalt und eine Anstellung angeboten, dann habe er die Ausbildung im selben Betrieb begonnen. Gewohnt habe er im Schwesternheim. Ab und zu habe es Tiefpunkte gegeben, erinnern sich Alderi und Koch.

„Heimweh hatte er“, sagt der 80-Jährige. Doch dann hätten sie sich getroffen und „über alles gesprochen, wirklich alles“, so der Rentner. Für Alderi sei der Ehrenamtler mittlerweile so etwas wie ein Ersatzvater oder auch Großvater, sagt er. Seinen eigenen Vater habe er das erste Mal wieder in diesem Jahr gesehen, als er seine Schwester in Dubai besucht habe. Das könne er jetzt endlich, weil er nun auch den deutschen Pass besitze.

Auch Geschwister verließen Syrien

Seine Eltern seien in Syrien geblieben, dort gehe es ihnen verhältnismäßig gut. „Mein Vater ist Farmer, er kann den Hof nicht verlassen“, erklärt Alderi. Dadurch sei die Familie aber zumindest mit dem Grundbedarf an Lebensmitteln versorgt. Auch liefe sein Vater nicht Gefahr, ins Militär eingezogen zu werden, da er dafür zu alt sei. Zehn Geschwister besitze Alderi, die meisten seien aus Syrien geflohen.

Alderi ist nach eigenen Angaben über den Libanon und die Türkei geflohen, in einem Laster an der Küste entlang und von dort aus mit dem Schlauchboot nach Griechenland. Weiter sei es nach Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich gegangen.

Euskirchen war erste Station in Deutschland

Die erste deutsche Stadt sei Passau gewesen, von dort aus sollte es zu seinem Onkel in Saarbrücken gehen – der habe ihn letztendlich aber nicht aufnehmen wollen. Deshalb sei er in ein Flüchtlingscamp gegangen, dort habe man ihn schließlich nach Euskirchen vermittelt.

Die größten Probleme habe Alderi mit der deutschen Bürokratie gehabt. „Jedes Mal, wenn wir uns gesehen haben, hatte er einen Stapel mit Briefen in Amtsdeutsch dabei. Er hatte immer Angst, dass er hier nicht akzeptiert wird“, erinnert sich Koch. Das zumindest gehöre jetzt der Vergangenheit an.